Luzerner Stimmvolk sagt deutlich Nein

Volk erteilt SVP eine Ohrfeige

Das Luzerner Stimmmvolk hat die SVP-Initiative «Für eine bürgernahe Asylpolitik» klar abgelehnt. Sozialdirektor Guido Graf (rechts) triumphiert über die SVP mit Präsident Franz Grüter. (Bild: Montage les)

Herbe Schlappe für die SVP: Die Initiative «Für eine bürgernahe Asylpolitik» ist von 68,39 Prozent der Luzerner Stimmbürger abgelehnt worden. Trotzdem will die SVP im Asylbereich weiterhin ganz genau hinschauen. Auch was die finanziellen Auswirkungen auf die Gemeinden betrifft.

Das Luzerner Stimmvolk hat gesprochen: Mit 68,39 Prozent Nein-Stimmen lehnt es die SVP-Asylinitiative «Für eine bürgernahe Asylpolitik» deutlich ab. Damit bleibt im Asylwesen alles beim Alten. Die Initiative wurde von der SVP lanciert. Regierungsrat, Kantonsrat und alle Parteien ausser der Initiantin lehnten das Begehren ab und dürfen sich nun über den Erfolg freuen.

Bundesgericht erklärte Teile für ungültig

Der Luzerner Regierungsrat hatte die SVP-Initiative «Für eine bürgernahe Asylpolitik» für teilweise ungültig erklärt, weil sie gegen Bundesrecht verstosse. Umstrittene Punkte waren die Beschränkung der Unterbringung auf ein Jahr sowie der Bau von Asylzentren ausserhalb von Bauzonen. Die SVP akzeptierte diesen Entscheid nicht und ging mit einer Stimmrechtsbeschwerde vors Bundesgericht. Das Bundesgericht gab der SVP teilweise Recht.

Konkret hielt das Bundesgericht fest, dass der Teil mit der Beschränkung der Aufenthaltsdauer entgegen dem Befinden des Luzerner Regierungsrats nicht gegen Bundesrecht verstösst. Dieser Abschnitt bezweckt, dass nur anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene länger als ein Jahr auf die Gemeinden verteilt werden sollen. Asylsuchende mit einem anderen Status sollen nach dem Willen der Initiative vorzugsweise in provisorischen Asylzentren untergebracht werden.

Abgelehnt hat das Bundesgericht die SVP-Beschwerde in einem anderen Punkt, wo es darum geht, dass der Kanton ermächtigt wird, unter Berücksichtigung der Anliegen der betroffenen Gemeinde provisorische Asylzentren ausserhalb der Bauzonen und geschlossene Lager für deliktische und renitente Asylbewerber zu errichten.

Die SVP hatte bereits 2012 die Initiative «für eine bürgernahe Asylpolitik» lanciert. Sie wollte der Luzerner Regierung mehr Handlungsspielraum ermöglichen und «Ordnung im Asylwesen» schaffen. Das Ziel der SVP war es zudem, die Mitbestimmungsrechte der Bürger zu stärken. So sollte verhindert werden, dass direkt – über die Bevölkerung einer Gemeinde hinweg – entschieden werden kann, wo Flüchtlinge untergebracht werden. Zudem ging es den Initianten um eine Erhöhung der Sicherheit rund um die Heime und eine finanzielle Entlastung der Gemeinden. Als besonders umstritten galt der Punkt, wonach die Unterbringung von Asylbewerbern in einer Gemeinde auf ein Jahr beschränkt werden sollte.

Kanton und Gemeinden sollen wie bis anhin zusammenarbeiten

Die Ablehnung bedeutet, dass die bewährte Aufgabenteilung zwischen Kanton und Gemeinden bestehen bleibt, schreibt die Luzerner Regierung in einer Mitteilung. Auch die von den Initianten geforderte Umplatzierung von Asylsuchenden nach einem Jahr ist vom Tisch. Regierungsrat Guido Graf zeigt sich angesichts der angespannten Situation im Asyl- und Flüchtlingswesen erleichtert über den Abstimmungsausgang: «Die Luzerner Bevölkerung anerkennt damit die Anstrengungen, welche der Kanton und die Gemeinden im Asyl- und Flüchtlingsbereich unternehmen. Ein Ja zur Initiative hätte uns vor zusätzliche Herausforderungen insbesondere bei der Unterbringung gestellt, welche aufgrund der hohen Asyl- und Flüchtlingszahlen ohnehin schon eine Herkulesaufgabe darstellt.»
 
Die Initianten wollten Ordnung und Sicherheit im Asylwesen schaffen. Das Nein der Luzerner Stimmberechtigten sei auch eine Bestätigung dafür, dass Ordnung herrsche und kein Sicherheitsproblem vorhanden sei, so Graf. Damit das so bleibe, sei es wichtig, dass der Kanton und die Gemeinden unter Mitbestimmung der Bevölkerung weiterhin eng und gut zusammenarbeiteten. «Das bedingt auch, dass wir Anliegen, Sorgen und Ängste aus den Gemeinden und aus der Bevölkerung auch zukünftig ernst nehmen», betont der Gesundheits- und Sozialdirektor.

Graf kommentierte das Resultat auch auf Facebook:

Volksinitiative für eine bürgernahe Asylpolitik: Die Luzerner Bevölkerung hat die Initiative klar abgelehnt. Als…

Posted by Regierungsrat Guido Graf on Sonntag, 28. Februar 2016

 

So sehen die Abstimmungsergebnisse im Detail aus:

SVP will dem Kanton auf die Finger schauen

Was sagt die Verliererin? «Für die SVP Luzern bedeutet dieses Ergebnis nun in erster Linie, dass in Bezug auf die Asylpolitik künftig noch viel genauer dem Tun und Lassen des Kantons auf die Finger geschaut werden muss», sagt Parteipräsident Franz Grüter. Die Asylthematik bleibe brisant und dürfe keinesfalls unterschätzt werden. Konkret verlangt die SVP, dass die Sicherheitskonzepte und Hausordnungen in Luzerner Asylzentren konsequent umgesetzt werden. «Wir nehmen Guido Graf beim Wort, was die konsequente Versetzung von straffälligen Asylbewerber betrifft», so Grüter.

Wie sich das Abstimmungsergebnis für die Gemeinden finanziell auswirken werde, bleibe abzuwarten. «Die wirklichen finanziellen Lasten treffen die Gemeinden erst nach zehn Jahren, bis dahin bezahlen Bund und Kanton. Der Leidensdruck war offenbar einfach zu klein», meint Grüter. Aber für heute habe die SVP die Niederlage zu akzeptieren, so ein gefasst wirkender Parteipräsident.

Gegner freuen sich über deutliches Verdikt

Kantonsrätin Katharina Meile (Grüne) vom Komitee «Nein zur überflüssigen Bürokratie-Asylinitiative» zeigt sich sehr erfreut über das Ergebnis. «Das Stimmvolk hat erkannt, dass diese Initiative keine Lösungen für die aktuellen Herausforderungen im Asylbereich bietet. Im Gegenteil, sie hätte zusätzliche Probleme geschaffen.» Meile spricht von einer grossen Schlappe für die SVP. «Heute hat das Volk das Spiel der SVP durchschaut.» Die sogenannte «bürgernahe Asylpolitik» werde eben nicht durch die SVP-Rezepte realisiert, so Meile.

Auch die CVP ist erfreut über die Ablehnung der kantonalen Asylinitiative im Verhältnis von zwei zu eins, wie sie in einer Mitteilung schreibt. Eine Annahme hätte sowohl für den Kanton wie auch für die Gemeinden eine enorme Zunahme der Bürokratie bedeutet. Das Asylwesen werde mit oder ohne Asylinitiative auch künftig den Kanton und die Gemeinden finanziell belasten, so Pirmin Jung. Es werde kein einziger Flüchtling oder Asylbewerber mehr oder weniger zu uns kommen, erklärt Jung. Im Kanton Luzern sei das Asylwesen aber präzise geregelt. Die schweizweite Beachtung des Luzerner Asylwesens zeige, dass der Kanton Luzern unter der Führung des Sozialdirektors Guido Graf das Asylwesen im Griff hat, äusserst sich Pirmin Jung klar.

Absage an die «populistische Problembewirtschaftung der SVP»

Die SP freut sich ebenso über die wuchtige Ablehnung der SVP-Asylinitiative. «Die Luzerner Bevölkerung setzt damit ein Zeichen für den Zusammenhalt unter den Gemeinden und für die Solidarität mit Flüchtlingen. Der populistischen Problembewirtschaftung der SVP wurde eine Absage erteilt», schreibt die SP in einer Mitteilung. Noch deutlicher wird Juso-Präsident Yannick Gauch: «Das überdeutliche Resultat ist eine Ohrfeige für hetzerische Asylpolitik der SVP» Ihre Asylpolitik sei wohl doch nicht so bürgernah, wie die SVP gerne hätte, so Gauch.

Die Luzerner Bevölkerung verfolge mit ihrem Votum eine pragmatische Asylpolitik, welche sich nicht von schrillen Tönen der Rechtspartei oder des zuständigen Regierungsrates Guido Graf beirren lasse. Und Gauch gibt Graf gleich noch einen Seitenhieb: «Dieser glänzte im Abstimmungskampf gegen die Initiative durch Abwesenheit und bevorzugte es gegen den Bundesrat zu polemisieren. Dies hat der Initiative wohl eher genützt als geschadet.» Die Juso fordert Regierungsrat Guido Graf auf, zukünftig eine zielorientierte und konstruktive Asylpolitik im Kanton Luzern zu verfolgen.

Lesen Sie zum Thema auch den Kommentar von zentral+.

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