Mangelnde Tranparenz bei Auftragsvergaben

Vetterliwirtschaft beim Kanton Luzern?

Verwandtschafltiche Beziehungen unter Geschäftspartnern sind heikel, insbesondere, wenn eine staatliche Behörde involviert ist. (Bild: Oliver Boehmer)

Für eine Kampagne zur Berufsmatura hat der Kanton einen Konzeptauftrag vergeben. Brisant: Der Firmeninhaber ist der Schwager des Auftraggebers. Das wird von verschiedenen Seiten kritisiert.

Eigentlich ist alles in Ordnung – zumindest fast. Wäre da nicht der klitzekleine Umstand, dass ein Auftrag von der kantonalen Diensstelle Berufs- und Weiterbildung an eine Firma ging, dessen Inhaber verwandtschaftlich verbandelt ist mit der Person, die das Geschäft beauftragt hat. Wenig verwunderlich, dass in solch einem Fall rasch der Vorwurf von Günstlingswirtschaft laut wird, immerhin handelt es sich um ein Auftragsvolumen von nahezu 100’000 Franken.

Kampagne zur Förderung der Berufsmatura

Doch schön der Reihe nach: Die Luzerner Diensstelle Berufs- und Weiterbildung (DBW) hat bereits 2012 entschieden, dass sie die Berufsmatura mit Hilfe einer Kampagne fördern will. Hintergrund sind einerseits die rückläufigen Anmeldungen und andererseits Impulse aus der Wirtschaft, die signalisierten, dass man dieses Unterfangen unterstützen wolle.

Hierauf hat die DBW der Firma Lintemeier Stakeholder Relations mit Firmensitz in München einen Auftrag zur Erstellung einer Analyse und zu einem entsprechenden Konzept erteilt. Der Umstand, dass eine ausländisches Unternehmen beauftragt wurde, stösst Guido Müller, SVP-Fraktionschef im Kantonsrat, sauer auf. Ebenso macht es ihn stutzig, dass der Firmeninhaber Klaus Lintemeier der Schwager von Daniel Preckel ist. Dieser ist der Leiter Schulische Bildung bei der Dienststelle und Auftraggeber des Konzept-Jobs. Müller wollte in einer Anfrage von der Regierung wissen, ob hier nicht schlicht und einfach Vetternwirtschaft betrieben werde.

«Was passiert ist, ist unsensibel und riecht nach Vetterliwirtschaft.»

Guido Müller, SVP

Die Regierung schreibt in ihrer Antwort, dass das verwandtschaftliche Verhältnis zwischen Herrn Lintemeier und Herrn Preckel bereits vor der Einladung zur Offertstellung besprochen worden sei. «Weil Herr Lintemeier ein ausgewiesener Experte in diesem Bereich ist, wurde die Einladung als statthaft eingestuft», heisst es weiter. Die Auswahl der verschiedenen Interessenten für den Auftrag wurde durch ein Team der DBW vorbereitet, mit dabei war neben dem damaligen Dienststellenleiter ad interim auch Daniel Preckel. Der zuständige Regierungsrat Reto Wyss sei in der Offert- und Auswahlphase nicht involviert gewesen, wird in der regierungsrätlichen Antwort betont.

«Nicht im Sinne der Transparenz»

Entsprechend ist man nun wenig glücklich mit der Vergabe des Auftrags an Lintemeier: Obwohl der Entscheid unabhängig von Daniel Preckel gefällt wurde, erachte der Regierungsrat das Vorgehen als «unsensibel und nicht im Sinn der erwünschten Transparenz bei Auftragsvergaben», heisst es unmissverständlich.

Über diese klaren Worte dürfte Guido Müller erfreut sein. «Es bestätigt, was ich befürchtet habe», sagt dieser auf Anfrage. Der damalige Leiter ad interim habe gewusst, dass Lintemeier der Schwager von Preckel sei. «Dem hat man aber keine Beachtung geschenkt.» Für Müller ist klar, dass Preckel zwingend in den Ausständ hätte treten müssen. «Was passiert ist, ist unsensibel und riecht nach Vetterliwirtschaft», kritisiert der SVP-Kantonsrat.

Die betroffene Diensstelle wollte auf Anfrage von zentral+ keine Stellung nehmen. Man äussere sich nicht dazu, bevor die Anfrage nicht auch in der Junisession im Parlament behandelt worden sei.

Wurde das Submissionsgesetz umgangen?

Neben der Lintemeier Stakeholder Relations wurden im Vorfeld auch noch drei Luzerner Agenturen zur Offertstellung eingeladen. Für den Kreativteil erhielt eine Luzerner Agentur den Zuschlag und Lintemeier für die Konzeption. Ende März 2014 ging ein Mandat an die Luzerner Agentur in Kooperation mit Lintemeier.

Die Schlussrechnung erfolgte in zwei Teilen: Einerseits die Luzerner Kreativagentur (rund 65’000 Franken), andererseits Lintemeier Stakeholder Relations (rund 94’500 Franken). Diese Aufteilung der Kosten sorgt bei Guido Müller erneut für Stirnrunzeln. «Ich werde mich noch bei der Finanzkommission informieren, ob dieses Splitting nicht eine Umgehung des Submissiongesetzes bedeutet.» Dieses sieht vor, dass «freihändige Vergaben» von Dienstleistungen nur gestattet sind, wenn diese unter 150’000 Franken betragen. Wird dieser Betrag überschritten, muss der Auftrag öffentlich ausgeschrieben werden. Nimmt man beide Beträge zusammen, so würde diese Grenze überschritten. «Ob dieses Splitting der Rechnung zulässig ist, ist für mich die Frage», so Müller. Er möchte darauf gerne klare Antworten. «Schliesslich geht es um einen happigen Betrag.»

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Helen Krummenacher
    Helen Krummenacher, 09.06.2015, 18:50 Uhr

    … mich wundert nichts mehr, leider! Zentralplus bringt Licht ins Dunkle, bitte dran bleiben! Dafür merci!

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