Zug: Kanton droht Loch von 100 Millionen Franken

Verwaltung muss sich selbst wegsparen – kommt’s zu Entlassungen?

Landammann Heinz Tännler muss die Zuger Finanzen wieder auf die Beine bringen.

(Bild: mbe.)

Trotz Entlastungsprogrammen fehlen dem Kanton Zug ab 2019 jährlich 100 Millionen Franken in der Kasse, sagt der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler. Nun muss die kantonale Verwaltung selber Vorschläge machen, wo man bei ihr mehr sparen könnte. Eine Steuererhöhung ist für den Zuger Regierungsrat nur die allerletzte Option.

Sparen, sparen und nochmals sparen: Damit muss sich der kantonale Finanzdirektor Heinz Tännler auch weiterhin auseinandersetzen.

Die Situation der Kantonsfinanzen präsentiert sich laut Medienmitteilung der Finanzdirektion schlecht. Und dies trotz bereits beschlossener Entlastungsprogramme. Für die Jahre 2015 bis 2018 hat der Regierungsrat bereits in Eigenregie 60 Millionen eingespart. Die Zuger Stimmbürger entscheiden im November über ein umstrittenes Sparpaket von weiteren 40 Millionen Franken.

Weniger Steuereinnahmen

Ab 2019 sieht es laut Prognose Tännlers trotzdem düster aus, denn es fehlten jährlich 100 Millionen Franken in der Kasse. «Höhere Beiträge in den NFA, weniger Steuereinnahmen und ganz allgemein eine getrübte Konjunktur machen uns zu schaffen», lässt sich Tännler zitieren. Es gebe ein strukturelles Defizit. Sollte der Kanton Zug seine Ausgaben nicht reduzieren, drohe ein jährlicher Fehlbetrag von 100 Millionen Franken. Das könne sich der Kanton Zug nicht erlauben, ist die Meinung des Regierungsrats. Er hat deshalb diese Tage das Projekt «Finanzen 2019» lanciert.

Die Zuger Regierung hofft auf ein Ja der Stimmbürger am 27. November. Denn falls das Sparpaket abgelehnt würde, müsste das Projekt Finanzen 2019 um diese fehlenden 40 Millionen auf 140 Millionen Franken aufgestockt werden.

«Es geht nicht darum, den Kanton und seine Verwaltung kaputt zu sparen, sondern das Notwendige vom Wünschbaren zu trennen.»
Der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler

Alle Verwaltungsaufgaben systematisch überprüfen

Sparpotenzial ortet die Regierung in der Verwaltung. Diese müsse alle Aufgaben systematisch prüfen. «Dabei geht es jedoch nicht darum, den Kanton und seine Verwaltung kaputt zu sparen, sondern das Notwendige vom Wünschbaren zu trennen», wird Heinz Tännler zitiert. Was denn notwendig und was wünschbar ist, wird nicht erwähnt. Der Kanton Zug kann und müsse aber seine Spitzenqualität reduzieren, ohne dass er an Attraktivität verliere. Der Regierungsrat wolle den Kanton als lebenswerten Wohnort und starken Wirtschaftsstandort erhalten.

Als letztes Mittel die Steuern erhöhen

Die Verwaltung wird dazu in den kommenden Monaten Vorschläge für die Entlastung des Finanzhaushalts erarbeiten. Der Landammann ergänzt jedoch: «Falls wir nicht alles über Einsparungen decken können, muss der Regierungsrat prüfen, in welchem Umfang eine Steuererhöhung notwendig ist.»

Expertengruppe mit Markus Notter und Ruth Metzler

Für das Projekt «Finanzen 2019» zieht der Zuger Regierungsrat eine externe Expertengruppe bei. Diese «stelle eine Sicht von aussen sicher». Der Einbezug einer Aussensicht soll helfen, «blinde Flecken zu erkennen» und ein ausgewogenes Massnahmenpaket zu schnüren. Geleitet wird die Gruppe von Markus Notter, dem ehemaligen SP-Regierungsrat des Kantons Zürich. Der Jurist war von 1996 bis 2011 in der Zürcher Regierung. Er ist heute als Berater tätig und hat den Zuger Regierungsrat bereits beim Entlastungsprogramm I begleitet. Die weiteren Mitglieder der Expertengruppe sind ebenfalls frühere Magistraten: Ruth Metzler (Alt-Bundesrätin, CVP), Walter Suter (Zuger Alt-Regierungsrat, CVP), Gregor Kupper (Zuger Alt-Kantonsrat, CVP, langjähriger Präsident der Staatswirtschaftskommision) sowie der Verwaltungsökonom Thomas Peter.

Angekündigt wird auch eine Personalreduktion in der kantonalen Verwaltung. Welche und wie viele Stellen betroffen sind, kann der Finanzdirektor noch nicht sagen. Die Personalverbände würden frühzeitig einbezogen. Entlassungen sollen möglichst vermieden, die Personalreduktion durch natürliche Fluktuationen und weitere Massnahmen erreicht werden. Für Härtefälle ist laut Tännler ein Sozialplan vorgesehen.

Frist bis Ende Jahr

Bis Ende des Jahres wird die Verwaltung mögliche Massnahmen für den Leistungsabbau definieren. Der Regierungsrat wird die Massnahmen im Frühling 2017 verabschieden und im Herbst 2017 dem Kantonsrat unterbreiten. Eine allfällige Abstimmung ist auf Ende November 2018 terminiert.

Protest der Alternative-die Grünen

Die ALG Zug protestierte am Tag der Präsentation in einer Mitteilung gegen das Sparpaket (zentralplus berichtete). Sie bezeichnet es als «unverständlich und verantwortungslos». Statt sich für ein lebenswertes Zug einzusetzen, manövriere der Regierungsrat die Zuger aufs Abstellgleis. Dass er zugleich den Nationalen Finanzausgleich kritisiere, bezeichnen die Grünen als populistisch.

Amtsleiter müssen 15 Prozent einsparen

An der Medienorientierung erfuhr man Genaueres zu den Sparplänen in der Verwaltung: Laut Tännler wurden die Leiter der Zuger Ämter am Dienstag über das Projekt «Finanzen 2019» orientiert. Jeder Amtsleiter müsse nun Vorschläge im Umfang von 15 Prozent einbringen. Jede Leistung soll überprüft und beurteilt werden.
Die Leistungsüberprüfung soll folgende Fragen beantworten: Welche Leistungen will man noch in welchem Umfang erbringen? Ebenso müssen die Amtsleiter prüfen, wer die Leistungen allenfalls ausserhalb ihres Amts – eventuell günstiger – erbringen könnte. Zudem geht es mögliche Prozessoptimierungen.

Wie viele Personen arbeiten für den Kanton?

Für den Kanton Zug arbeiten momentan «über 2000 Personen» – eine genauere Zahl erhielten die Medien nicht. Daraus lässt sich schliessen, dass man entweder schlecht vorbereitet ist. Oder aber, dass man es gar nicht so genau weiss, was fatal wäre. Erwähnt wurden 1700 sogenannte Stellenwerte beim Kanton.

«Wenn aber zum Beispiel Polizeipatrouillen reduziert werden, muss man sich schon fragen, ob das richtig ist.»
Heinz Tännler

Tänner lobt die Verwaltung, ihre Mitarbeiter und die erbrachten Leistungen über den Klee. «Natürlich gefällt das Programm 2019 unserer Verwaltung nicht», fügt er hinzu. Er habe aber gespürt, dass die Amtsleiter den Auftrag ernst nehmen und gewillt seien, ihren Beitrag zu leisten. Zur Frage der Journalisten, welche Sparmassnahmen undenkbar seien, erwähnte der SVP-Regierungsrat die Sicherheit. «Wenn zum Beispiel Polizeipatrouillen von vier auf eine reduziert werden, muss man sich schon fragen, ob das richtig ist.»

Keine Tabus festgelegt

Der Gesamtregierungsrat, ist den Erklärungen Tännlers zu entnehmen, wartet nun auf die Vorschläge. Er hat offenbar keine Vorgaben oder Tabus formuliert. «Wir werden die Vorschläge anschauen, reflektieren und uns überlegen, was vernünftig – oder was abstrus ist.» Das Abstruse geht an die Amtsleiter zurück.

Es gäbe Ämter, wo Sparmasssnahmen einfacher seien, und andere, sagte der Finanzdirektor, ohne auch hier präzise zu werden. Eine Expertengruppe (siehe Kasten) wird die Vorschläge ebenfalls prüfen und ihre Aussenmeinung einbringen. Die politischen und endgültigen Entscheidungen treffe aber der Regierungsrat, stellt Tännler klar.

«Einmaliger Mehrertrag» erwartet

Auf der Ertragsseite erwähnte der Finanzdirektor die Unternehmenssteuerreform III. Er erklärte, durch das neue Steuersystem steige der Kantonsanteil an den Bundessteuern von 17 auf 21 Prozent. Zug nimmt also mehr Geld ein.

 

2 Fragen an Heinz Tännler, Zuger Finanzdirektor from zentralplus on Vimeo.

Der Kanton erwarte 2019 ausserdem einen einmaligen Mehrertrag «in nicht unwesentlicher Grössenordnung». Offenbar geht es um die Steuererträge eines Zuger Unternehmens. Genauer will Tännler noch nicht werden. «Wir nennen keine Hausnummer in Zug.» In den nächsten Monaten werde er genauere Informationen erhalten und die Staatswirtschaftskommission (Stawiko) darüber informieren.

Frage der Steuererhöhung stellt sich

Die Freude über die Mehreinnahme ist aber womöglich von kurzer Dauer. Tännler betonte, durch den Mehraufwand beim Nationalen Finanzausgleich (NFA) würden die Mehreinnahmen vielleicht wieder relativiert. Die Entwicklung der Einnahmen abzüglich NFA-Mehraufwand für 2019 und die Folgejahre sei noch unsicher. «Es gibt jedoch keinen Anlass, Ausgangslage und Ziele des Programms Finanzen 2019 zu korrigieren», fügte Tännler hinzu.

Zur Frage einer Steuererhöhung meinte der Zuger Finanzdirektor, wenn das Sparpaket über 40 Millionen Franken Ende November Schiffbruch erleide, werde diese unumgänglich (siehe auch unser Video). Diese Frage zu beantworten, gehöre ebenfalls integral ins Projekt «Finanzen 2019», das am 1. Januar 2019 in Kraft treten soll.

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