Umstrittenes Zuger Sparprogramm

Vertretbar? Massvoll? Oder «verdorbener Fruchtsalat»?

Am 31. März diskutiert das Parlament im Zuger Kantonsratssaal (Bild) über das zweite Paket des Sparprogramms 2015–2018.

(Bild: mbe.)

Das Zuger Kantonsparlament debattiert am Donnerstag das zweite Paket des Entlastungsprogramms 2015 – 2018. Es geht um teilweise umstrittene Gesetzesänderungen. Die Debatte könnte heftig werden, wie die vorab eingeholten Meinungen der Fraktionen zeigen. Die Linke droht bereits jetzt mit einem Referendum.

Das Fazit unserer Recherche vorweg: Während CVP, FDP und GLP die Sparbemühungen grundsätzlich begrüssen, wenn auch teilweise «ohne Begeisterung» (CVP), kritisiert die Linke und teilweise auch die SVP das Programm als unsozial. Es werde  zulasten der Bürger und kleinen Leute gespart. In dieser Frage gibt es also eine «unheilige Allianz» von links und ganz rechts.

Was meinen die Fraktionen?

In der Frage, wie der Finanzhaushalt stattdessen ins Lot gebracht werden soll, gehen die Meinungen jedoch weit auseinander. Während SP und die Alternative-die Grünen die Steuersenkungen der letzten Jahre als Grund für die Finanzmisere ausmachen und die SP die wohl chancenlose Forderung stellt, die Senkungen rückgängig zu machen, ortet die SVP noch viel Sparpotential. Und zwar beim Personal des Kantons Zug.

Die Fraktionen der im Kantonsparlament vertretenen Parteien haben, ebenso wie die vorberatende Kommission, bereits intern über das Sparpaket diskutiert. zentralplus hat bei den Fraktionschefs nachgefragt, was dabei heraus gekommen ist – und gibt einen Vorgeschmack auf die Debatte.

1. CVP: Sie stimmt «ohne Begeisterung» zu.

Die CVP als grösste Fraktion mit 22 Sitzen anerkennt laut Fraktionschef Andreas Hausheer den Willen der Regierung, den angespannten Finanzhaushalt nach Entlastungsmöglichkeiten zu durchforsten. «Viele der vorgeschlagenen Gesetzesanpassungen finden innerhalb der CVP-Fraktion eine Mehrheit, wenn auch teils ohne grosse Begeisterung.»

Es gebe aber auch Gesetzesanpassungen, die in der von der Regierung vorgeschlagenen Form keine Mehrheit fänden. «Hier wird die CVP-Fraktion Änderungsanträge stellen oder solchen zustimmen. So wird sich die Fraktion dagegen wehren, dass die Eigenbetreuung von Kindern steuerlich nicht mehr unterstützt werden soll», meint der Kantonsrat.

Bereit zu Kompromissen, aber…

Andere umstrittene Massnahmen seien die Finanzierung des interkantonalen Kulturlastenausgleichs, der Betrag für persönliche Auslagen bei den Ergänzungsleistungen, der Kostendeckungsgrad bei der Schifffahrt oder der Landerwerb für kantonale Bauvorhaben in der Landwirtschaftszone.

Die CVP-Parlamentarier seien bereit, Hand für den einen oder anderen Kompromiss zu bieten, erwarteten diese Haltung aber auch von den anderen. «Wenn diese aber analog der Arbeiten in den Kommissionen an ihren Maximalforderungen festhalten, kommt es nicht gut», so Andreas Hausheer.

CVP-Fraktionschef Andreas Hausheer

CVP-Fraktionschef Andreas Hausheer

(Bild: PD)

2. SVP: Soziale Einschnitte geben zu reden.

Zweigrösste Fraktion (19 Sitze) im Kantonsparlament ist die SVP. Laut Fraktionschef Manuel Brandenberg wird seine Partei für das Eintreten aufs Sparpaket votieren. «Wir unterstützen den Regierungsrat grundsätzlich in seinen Sparbemühungen und vertrauen darauf, dass er den Staatshaushalt nachhaltig saniert. Insbesondere durch Personaleinsparungen.»

Im Detail sei die SVP aber nicht überall einverstanden. Er persönlich und ein Teil seiner Fraktion seien skeptisch, dass zuviel bei den Bürgern eingespart werde. «Wir wollen nicht, dass die Leute das spüren müssen», sagt er.

Als Beispiel nennt Brandenberg die Kürzung der Ergänzungsleistungen zu AHV/IV. «Es wurde teilweise in unserer Fraktion Unmut darüber geäussert, dass man bei den Schwächsten sparen will.» Doch diese Meinung setzte sich intern nicht durch. Die SVP-Fraktion unterstützt nun die harte Linie des Regierungsrats, erklärt der Kantonsrat.

Gegen Streichung Eigenbetreuungsabzug

Ablehnen wird die SVP-Fraktion laut Brandenberg die Überwälzung von Gebühren für polizeiliche Leistungen wie die Wegfahrsperre oder die Polizeikosten bei Verkehrsunfällen. «Das finden wir ziemlich willkürlich.» Auch lehnt die SVP die Erhöhung der Wasserkonzessionsgebühren ab. Auch die Streichung des Eigenbetreuungsabzuges und die Kürzung des Pendlerabzuges beim Steuergesetz sei für die SVP-Fraktion ein «No-Go». Hingegen unterstützt die SVP-Fraktion den Zuger Regierungsrat bei der Absicht, den Kostendeckungsgrad für die Zuger Schifffahrt zu erhöhen.

Die SVP sieht für die Zukunft noch viel Sparpotential und will dass man viel mehr beim Staatspersonal spart. «Die Zuger Verwaltung ist einfach zu teuer. Auch der Finanzdirektor sagt, dass wir Speck angesetzt haben», sagt Brandenberg.

SVP-Fraktionschef Manuel Brandenberg

SVP-Fraktionschef Manuel Brandenberg

(Bild: PD)

3. FDP wirft Regierungsrat Mutlosigkeit vor.

Die FDP-Fraktion (17 Sitze) ist gemäss Kantonsrat Daniel Burch einstimmig für das Eintreten auf die Vorlage. Die Liberalen vermissen laut dem Fraktionschef den grossen Wurf des Regierungsrats und werfen ihm Mutlosigkeit vor. Wie die SVP sieht die FDP beim Staatspersonal viel mehr Sparpotential. Daniel Burch: «Die Arbeits- und Prozessabläufe wurden noch nicht durchleuchtet. Zwar wurde ein Personaleinstellungsstopp verfügt, von darüber hinausgehenden Massnahmen scheut sich die Regierung allerdings. Das mutet uns komisch an.»

Im Wissen, dass dieses zweite Paket eben nicht ausreichen werde, um die Kantonsfinanzen wieder ins Lot zu bringen, folge die FDP den Anträgen der vorberatenden Kommissionen praktisch ausnahmslos. «Jeder Franken, den wir jetzt nicht einsparen, ist später durch eine Steuererhöhung zu bezahlen», sagt Burch. «Zum heutigen Zeitpunkt sind wir sicher gegen eine Erhöhung. Zuerst muss das Sparpotential ausgenutzt und die Abläufe optimiert werden. Der Regierungsrat soll in diesem Bereich seine Aufgabe wahrnehmen.»

FDP-Fraktionschef Daniel Burch

FDP-Fraktionschef Daniel Burch

(Bild: PD)

4. Grünliberale: «Keine Klientelpolitik»

Die bürgerlichen Grünliberalen (vier Sitze) unterstützen das Sparpaket ebenfalls. Die vorgeschlagenen Massnahmen seien grundsätzlich «massvoll und ausgewogen», sagt GLP-Fraktionschef Daniel Stadlin. Von «Sparwut» könne keine Rede sein. Stadlin: «Die Einsparungen und auch der Leistungsabbau bewegen sich doch mehrheitlich im Bereich des Zuger Finish».

Eine Reduktion der Ausgaben, kombiniert mit einer moderaten Steigerung der Einnahmen durch eine Erhöhung von leistungsabhängigen Gebühren sei unumgänglich. Die GLP warnt davor, die dem Entlastungsprogramm zugrunde liegende «Opfersymetrie» zugunsten von Partikularinteressen aufzubrechen. «Das Gesamtwohl verträgt keine Klientelpolitik», so Daniel Stadlin.

Bei der geplanten Kürzung der Ergänzungsleistungen, die einzelne durchaus hart treffe, unterstütze die Fraktion den Antrag der vorberatenden Kommission. «Alle anderen Sparmassnahmen sind jedoch durchaus wie vom Regierungsrat vorgeschlagen vertretbar.» Auch nach der Kürzung biete der Kanton sehr gute Dienstleistungen an, die weiterhin über dem Niveau der meisten andere Kantone seien.

Daniel Stadlin, Kantonsrat Grünliberale

Daniel Stadlin, Kantonsrat Grünliberale

(Bild: PD)

5. Fraktion Alternative-die Grünen:«Gschämig und des Kantons nicht würdig»

Während die bürgerlichen Parteien zwar nicht mit allen Sparmassnahmen einverstanden sind, aber für Eintreten auf die Vorlage sind, schiesst die Linke aus allen Rohren gegen das Sparpaket.

Die Fraktion Alternative-die Grünen (9 Sitze mitsamt Susanne Giger und Vroni Straub) will gar nicht erst über die Sparvorlage diskutieren. Das «Belastungspaket» sei «gschämig» für den Kanton Zug, schreibt Fraktionschef Anastas Odermatt in einer Pressemitteilung. Belastet werden sollten Personal, Bildung, IV-Bezüger, Behinderte, Ältere und Familien. Odermatt bezeichnet das Paket 2 als «verdorbenen Fruchtsalat».

Antrag auf Nichteintreten

Die Fraktion will einen – absehbar wohl völlig chancenlosen – Antrag auf Nicht-Eintreten stellen. Sollte dieser nicht angenommen werden, will die Fraktion sich gegen Massnahmen zur Wehr setzen, welche zulasten von sozial Schwächeren gehen. Ein Dorn im Auge ist der Fraktion die Aufhebung der Vergünstigung des Zuger Passes für IV-Bezüger, der Abbau von Ergänzungsleistungen und Abschaffung der kantonalen Arbeitslosenversicherung.

Aber auch die aus ihrer Sicht ungerechtfertigte Verschlechterung der Arbeitsbedingungen beim Staatspersonal (Personalgesetz). Der Wegfall der Altersentlastung für Lehrpersonen wird ebenfalls abgelehnt.

Ebenso die geplante Finanzierung des Kulturlastenausgleichs über den Lotteriefonds. Geld, das für gemeinnützige Projekte vorgesehen sei, dürfe nicht an «ausserkantonale gewinnorientierte Unternehmen» ausgeschüttet werden, schreibt Anastas Odermatt im Namen der Fraktion.

Dann übt die Fraktion noch Grundsatzkritik: Der Regierungsrat wolle mit seiner Strategie mit «Zug einen Schritt voraus» sein. Mit den geplanten Massnahmen katapultiere er Zug «zurück in die Provinz und begnüge sich mit dem Mittelmass oder unterdurchschnittlichen Leistungen. Das kann und darf nicht sein.» Mit seinem «Belastungsprogramm» beweise der Regierungsrat, dass seine Steuer- und Finanzstrategie nicht zugunsten der Mehrheit und damit schlicht unhaltbar sei. Die Alternativ-Grüne Fraktion plädiert stattdessen für gezielte Steuererhöhungen.

Anastas Odermatt, Kantonsrat Alternative

Anastas Odermatt, Kantonsrat Alternative

(Bild: PD)

SP: «Rigoroses Sparpaket auf Kosten der Allgemeinheit»

Die SP-Fraktion (7 Sitze) hat ebenfalls eine Mitteilung verschickt. Laut SP-Kantonsrätin Barbara Gysel lehnt die SP Kanton Zug das Paket zwei ab, weil es aus ihrer Sicht unausgeglichen sei. «Was Regierung und Staatswirtschaftskommission schönfärberisch ‹Entlastungspotential› nennen, ist in Tat und Wahrheit in weiten Teilen ein rigoroses Sparpaket auf Kosten der Allgemeinheit», schreibt Gysel. Die Sozialdemokraten erwägen deshalb mit Gleichgesinnten, das Referendum zu ergreifen.

Über eine Milliarde weniger in Staatskasse

Das Problem verortet die SP, wie ALG und CSP, ebenfalls auf der Einnahmenseite: Der Kanton Zug habe durch die verschiedenen Steuergesetzrevisionen seit 2001 steuerliche Mindererträge in der Höhe von einer Milliarde und 55 Millionen zu verkraften. Dies habe der Regierungsrat in der Antwort auf eine SP-Interpellation ausgewiesen.

«Moralisch fragwürdig, menschlich zynisch und ökonomisch oft kurzfristig»: So interpretiert die SP-Fraktion eine lange Reihe der vorgeschlagenen Einsparungen und Lastenverschiebungen. Die SP werde daher in der Detailberatung eine Reihe von Anträgen stellen, sagt Barbara Gysel.

Steuerreduktionen rückgängig machen

Einnahmenseitig wird die SP daher das Rückgängigmachen von früheren Steuerreduktionen beantragen. Bei den Ausgaben werden die Sozialdemokraten mehrere Anträge stellen, um Einsparungen auf Kosten der kantonalen Mitarbeitenden, von «Nicht-Reichen» und sozial Schwachen, auf Kosten der Umwelt oder zulasten der Gemeinden zu verhindern oder zu reduzieren.

Konkret will sich die SP gegen die Kürzung der Ergänzungsleistungen, der Mutterschaftshilfe und die Abschaffung der kantonalen Arbeitslosenversicherung wehren. Auch gegen die geplante Streichung der Busvergünstigungen. Die Lohneinsparungen beim Personal finden die Sozialdemokraten ebenfalls fragwürdig.

SP-Kantonsrätin und Kantonalpräsidentin Barbara Gysel

SP-Kantonsrätin und Kantonalpräsidentin Barbara Gysel

(Bild: PD)

«Versteckte Privilegien zugunsten von wenigen Reichen soll Einhalt geboten werden», heisst es weiter in der Mitteilung. So begrüsst die SP die Streichung der Schulgeldbeiträge der öffentlichen Hand an Privatschulen.

Eigenbetreuungsabzug: Inkonsequente Bürgerliche?

Zudem wirft die SP den Bürgerlichen vor, eine «Sparpolitik à tout prix» zu verfolgen, aber bei den Steuern trotzdem am fiskalischen Eigenbetreuungsabzug festhalten zu wollen (der Regierungsrat will ihn abschaffen). Dieser Abzug sei systemwidrig, da es ja gar keine realen Ausgaben gebe und gehöre schon lange abgeschafft, so die SP.

Die geplante Finanzierung des Kulturlastenausgleichs durch den Lotteriefonds sei ein «Buebetrickli», schreibt die SP. Und die Finanzstrategie, dass der Kanton neu bei Dritten «fundraisen» dürfe, geisselt die Partei ebenfalls als «systemwidrig».

zentralplus wird über die Spardebatte vom 31. März im Parlament berichten.

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