Nachbeben zum Luzerner 330-Millionen-Sparpaket

Verrat! Linke wettern über «Geheimgespräche»

Die Luzerner Regierung – hier an der Sparhammer-Medienkonferenz diesen Mittwoch – sei geheime Absprachen mit den bürgerlichen Parteien eingegangen. Sagt zumindest die SP. (Bild: bra)

«Parallele Geheimgespräche», «Hinterzimmerpolitik», «staatspolitisch bedenklich»: Die SP schäumt vor Wut wegen angeblich geheimer Absprachen zwischen den bürgerlichen Parteien und der Regierung. Diese hätten das neuste Monstersparpaket klandestin vorbesprochen. Was zum Geier ist da los?

Eine geharnischte Mitteilung hat die SP diesen Donnerstag, einen Tag nach Bekanntwerden des neusten Monstersparpakets, verschickt. Darin erhebt die Partei schwere Vorwürfe an die bürgerliche Regierung und die bürgerlichen Parteien. Von «parallelen Geheimgesprächen», von schädlicher «Hinterzimmerpolitik» und einer als «Feigenblatt» missbrauchten Begleitgruppe ist die Rede. «Die SP ist tief enttäuscht von der Regierung und hat staatspolitische Bedenken, was das Vorgehen der bürgerlichen Parteien betrifft», teilen die Verfasser David Roth (SP-Präsident) und Marcel Budmiger (SP-Kantonsrat) mit.

«Von diesem Treffen unter den Bürgerlichen wusste die Öffentlichkeit nichts.»

Marcel Budmiger, SP-Kantonsrat

Ist das nun einfach ein «Trötzlen» jener, die sich mit dem Sparpaket (siehe Box) eh nicht abfinden können? Oder ist da mehr dran?

Linke wähnt sich hintergangen

90 von 330 Sparmillionen fehlen noch

330 Millionen Franken musss der Kanton Luzern zwischen 2017 bis 2019 sparen, um wieder auf Kurs zu kommen. Diesen Mittwoch hat die Regierung grob über die Pläne informiert. Demnach sollen «bloss» 200 Millionen gespart werden. 40 Millionen sollen durch höhere Einnahmen generiert werden. Für die restlichen 90 Millionen gibts drei Optionen: Steuern (schon wieder) erhöhen, Schuldenbremse aussetzen, Staatsausgaben pauschal senken. Am 25. April erscheint ein konkreter Bericht, der dann am 20. und 21. Juni im Kantonsrat debattiert wird. Ende Jahr kommt das Projekt dann abschliessend ins Parlament.

Budmiger sagt zum Vorwurf der «Geheimgespräche», an denen die Bürgerlichen in Bezug auf das 330-Millionen-Packet bereits «Pflöcke eingeschlagen» hätten: «SP, Grüne und GLP wurden von Schwerzmann zu einem Gespräch eingeladen. Als Begründung gab die Regierung an, dass sie ein solches Treffen auch mit den Regierungsparteien FDP, CVP und SVP eingegangen sei.» Ziel sei jeweils gewesen, über das «Konsolidierungsprogramm 17» (KP17) genannte Sparpaket zu informieren. «Von diesem Treffen unter den Bürgerlichen wusste die Öffentlichkeit wie auch die anderen Mitglieder der KP17-Begleitgruppe jedoch nichts. Wir nehmen an, dass dort nicht nur informiert worden ist, sondern dass auch konkrete Massnahmen beschlossen wurden.»

Dieser Aufbau von «Parallelstrukturen» sei ein absolutes Novum, ärgert sich Budmiger. Linke und GLP seien dann bloss noch als Alibiübung eingeladen worden, damit die Regierung danach habe sagen können, sie hätte mit allen Parteien gesprochen.

Sind sich nicht einig: Marcel Budmiger (von links), Ludwig Peyer und Reto Wyss.

Sind sich nicht einig: Marcel Budmiger (von links), Ludwig Peyer und Reto Wyss.

Schiffbruch verhindern

Das Treffen zwischen SVP, FDP, CVP und der Regierung fand tatsächlich statt, bestätigt Ludwig Peyer. Der CVP-Fraktionschef sagt: «Wir bürgerlichen Parteien hatten den Wunsch, dass auch ein Regierungsrat an unserem gemeinsamen Treffen teilnehmen sollte. Denn wir wollten verhindern, dass das Konsolidierungsprogramm gleich zu Beginn Schiffbruch erleidet.»

«Wir haben nicht über einzelne Massnahmen gesprochen oder Absprachen mit der Regierung vereinbart.»

Ludwig Peyer, CVP-Fraktionschef

Regierungsratspräsident Reto Wyss (CVP) sei dann vor gut einer Woche an das Treffen mit den Fraktionschefs und Parteipräsidenten der drei bürgerlichen Parteien gegangen. «Er hat uns die Ausgangslage geschildert und über das Problem betreffend Einnahmen und Ausgaben informiert.» Peyer versichert: «Wir haben dabei nicht über einzelne Massnahmen gesprochen oder Absprachen mit der Regierung vereinbart. Es ging mehr darum, strategische Haltungen auszutauschen und zu diskutieren.» Und warum informierten sie nicht über das Treffen, sondern hielten es geheim? «Dazu gab es keinen Grund. Es ist doch legitim von uns, uns auszutauschen.» Die SP sei mit ihrem Treffen mit Regierungsrat Wyss ja auch nicht an die Öffentlichkeit getreten. Peyer findet die Vorwürfe der SP daher «lächerlich». 

Regierung dementiert Geheimgespräche

Auf Anfrage von zentralplus räumt auch Regierungsratspräsident Reto Wyss ein: «Es ist richtig, dass der Regierungsrat die im Kantonsrat vertretenen Parteien in persönlichen Gesprächen über den aktuellen Stand des Konsolidierungsprogramms informiert hat, bevor er die Medien und die Öffentlichkeit orientierte. Den Anlass dazu gab, dass die bürgerlichen Parteien um ein solches Treffen gebeten hatten.» Es sei dem Regierungsrat daraufhin ein Anliegen gewesen, alle Parteien gleich zu behandeln und in derselben Zusammensetzung und mit denselben Informationen auch die übrigen Parteien zu bedienen. Deshalb sei der Vorwurf, es wären «Geheimgespräche» geführt worden, unzutreffend.

Fazit: Das von den Bürgerlichen eingefädelte Treffen mit Reto Wyss kann man, wenn man will, als geheim bezeichnen. Denn die Öffentlichkeit wusste bis dato nichts davon. Mit einer kurzen Mitteilung hätte die Regierung hier für Transparenz sorgen können. Das wäre angesichts des heiklen Themas sicher besser gewesen, als sich nachträglich erklären zu müssen. Nun gleich von schädlichen «Parallelstrukturen» zu sprechen, wie es die SP macht, ist aber gar polemisch. Schlussendlich dient ein stetiger Austausch zwischen Regierung und Parteien nur der Sache. Auch wenn man, wie hier die SP, schlussendlich nicht hinter dem Ergebnis stehen kann.
 

War die Begleitgruppe bloss eine Farce?

Wie schon am Mittwoch die Grünen, bezeichnet auch die SP die Begleitgruppe als «Farce». Diese Gruppe wurde ins Leben gerufen, um die KP17-Sparvorschläge der Regierung zu begleiten. Ihr gehören 16 Personen aus allen politischen Parteien sowie Verbänden und Organisationen an. Budmiger, Roth und Peyer etwa waren auch dabei. Budmiger sagt: «Mit der Begleitgruppe gab die Regierung an, einen konstruktiven Prozess gestartet zu haben.» Dies sei völlig misslungen. «Zum einen, weil die bürgerlichen Parteien diesen Prozess bewusst hintertrieben haben und zum anderen, weil die Regierung gar nie die Absicht hatte, eine offene Diskussion zu führen.» So seien «praxisorientierte Einwände» schlicht ignoriert worden.

Das mag aus linker Sicht zutreffen. Aber: Wenn die Regierung nur Massnahmen ergreifen darf, mit denen alle zufrieden sind, kann sie vermutlich keinen einzigen Franken sparen. Zudem liegt es in der Verantwortung der Regierung, jene Massnahmen ins Konsolidierungsprogramm aufzunehmen, die sie für richtig und mehrheitsfähig hält. Budmiger sagt: «Natürlich war uns klar, dass wir nicht mit all unseren Anliegen durchkommen würden. Aber wir hatten die Hoffnung, über bestimmte Massnahmen wenigstens diskutieren zu können.»

CVP-Fraktionschef Ludwig Peyer sieht das anders: «Die SP hat nicht verstanden, was die Begleitgruppe für eine Funktion hat: Wir konnten nicht entscheiden, sondern gaben nur Rückmeldungen.» Und das an bloss zwei Sitzungen. Peyer sagt: «Meine Erwartungen an die Begleitgruppe waren nicht so hoch. Schlussendlich bin ich damit zufrieden.» Peyer findet daher die Kritik am Verfahren im Nachhinein als «verfehlt und eher peinlich».

Zur Arbeit mit der Begleitkommission hält Regierungsratspräsident Reto Wyss fest: «Die Mehrzahl der von der Kommission vorgeschlagenen Massnahmen wurde in das Konsolidierungsprogramm übernommen.»

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