Beherbergungstaxe

Verkehrsvereine im Kampf ums Überleben

«Die Perle des Kantons Zug», so der Chef von Zug Tourismus über das Ägerital. Die «Perle» will allerdings eine Gegenleistung für die Taxe, die sie ins Tal hinunter liefern muss. (Bild: zvg)

Der grösste Zuger Tourismusverein kassiert ab nächstem Jahr aus jeder Gemeinde einen Teil der neuen Beherbergungstaxe. Dafür braucht es eine Gegenleistung, finden die kleinen Verkehrsvereine aus dem Ägerital, die ihre hergebrachte Einkommensquelle plötzlich teilen müssen. Stimmt nicht, sagt Zug Tourismus.

Es ist schön im Kanton Zug. Und damit das auch die Touristen mitbekommen, gibt es im Kanton gleich mehrere Vereine, die Standort-Marketing betreiben: Zug Tourismus ist der grösste, er hat Leistungsvereinbarungen mit dem Kanton und der Stadt Zug. Aber da gibt es, neben anderen, auch noch die Verkehrsvereine Unter-, Oberägeri und Sattel, die ihre eigene Marke pflegen: «Ägeri-Sattel, zum Entdecken schön». Und zwischen Tal und Berg ist gerade Klärung angesagt.

Denn wer im Kanton Zug im Hotel übernachtet, bezahlt eine Beherbergungstaxe (zentral+ berichtete): Mindestens 90 Rappen müssen die Gemeinden pro Gast ab Anfang 2015 zwingend einfordern, das hat der Kantonsrat im Frühjahr beschlossen. Zuvor war es den Gemeinden freigestellt, ob sie Taxen erheben wollen, und auch wem das Geld zugute kam: In den Berggemeinden waren die Taxen die Haupteinnahmequelle der Verkehrsvereine, die damit Marketing für das Ägerital finanziert haben. Diese Einnahmequelle sollen sie nun teilen: Mindestens 45 Rappen müssen die Gemeinden an «Zug Tourismus» abliefern. Insgesamt kommen so rund 40’000 Franken zusammen.

Was ist die Gegenleistung?

Das hat schon vor der Abstimmung im Kantonsrat zu Missmut geführt bei den Verkehrsvereinen: Zug Tourismus konzentriere sich nur auf die Stadt, habe keine offenen Ohren für die Berggemeinden. «Wir sehen die Gegenleistung noch nicht, die wir für das Geld erhalten, das wir nach Zug runtergeben», sagt Barbara Schneider vom Verkehrsverein Oberägeri.

Denn was mit diesem Geld konkret geschieht, darüber ist man sich auch heute noch nicht so richtig klar geworden. Der eigentliche Zweck der Taxe: Das Geld soll den Tourismus-Anbietern  und Zug Tourismus zugute kommen, so offen formuliert es das Gesetz. Was das genau heisst, darüber muss noch verhandelt werden. «Zug Tourismus hat einen Leistungsauftrag vom Kanton», sagt Gianni Bomio, Generalsekretär der Volkswirtschaftsdirektion. «Und einen mit der Stadt Zug. Der Kanton und die Stadt bezahlen unabhängig von der Beherbergungstaxe für Leistungen, die Zug Tourismus für sie erbringt. Da jetzt ein Teil der Taxen aus allen Gemeinden zu Zug Tourismus fliessen, werden die Gemeinden mit dem Verein eigene Leistungsaufträge aushandeln müssen.»

Das Geld muss automatisch abgeliefert werden – um die Gegenleistung  müssen die Gemeinden allerdings erst noch ringen. Ist das nicht eine schlechte Verhandlungsgrundlage? Wieso sollte Zug Tourismus den Gemeinden entgegenkommen, wenn das Geld automatisch fliesst? «Nein», sagt Bomio, «das ist sogar eine gute Verhandlungsgrundlage: Zug Tourismus kann sich den Anliegen der Gemeinden nicht verschliessen, da sie ja mitbezahlen.»

«Eigentlich ist es nur eine Umleitung des Geldflusses»

Das sieht auch Hansruedi Albisser so, der Präsident des Verkehrsvereins Unterägeri. «Wir haben uns anfangs dagegen gesperrt, aber jetzt sehen wir, dass es Sinn macht, wenn ein Teil der Taxe zu Zug Tourismus fliesst: Es geht darum, die Berggemeinden mitzunehmen. Wir sind gerade dabei, einen Business-Plan auszuarbeiten, und uns Gedanken dazu zu machen, welche Gegenleistung von Zug Tourismus fürs Ägerital Sinn macht.» Wichtig sei die Teilfinanzierung der schon bestehenden Marketing-Gruppe: «Eigentlich ist es nur eine Umleitung des Geldflusses: Wo wir früher die Marketing-Gruppe selber finanziert haben, kann nun Zug Tourismus einen Teil übernehmen. Wir müssen noch aushandeln, wieviel von dem Geld, das per Taxe nach Zug fliesst, wieder der Marketing-Gruppe fürs Ägerital zugute kommt.»

Zug Tourismus kontert

Klingt gut, aber Zug Tourismus hat da andere Ansichten: «Das Geld aus der Taxe stecken wir in das Marketing für den Kanton Zug», sagt Raschle, «an das notabene der Kanton selber auch 50’000 Franken bezahlt. Dieses Marketing kommt allen Gemeinden zugute.» Aber Spezifische Leistungen für einzelne Gemeinden könnten nicht mit dem Erlös aus der Taxe bezahlt werden: «Es kann ja nicht sein, dass Hünenberg eine Marketingmassnahme fürs Ägerital mitbezahlt. Wir werden gerne mit dem Ägerital eine Leistungsvereinbarung unterzeichnen, dafür machen wir uns schon lange stark. Aber dafür muss es andere Mittel geben.»

Sprich, die Berggemeinden müssen mehr bezahlen, als nur die obligatorischen 45 Rappen pro Gast. «Allerdings machen wir auch in dieser kantonalen Kampagne immer wieder stark aufs Ägerital aufmerksam: Gerade haben wir Nik Hartmann auf dem Cover unserer Broschüre, und wo haben wir ihn fotografiert? Im Ägerital. Und die Broschüre läuft fantastisch. Man muss schon sagen: Das Ägerital ist die Perle des Kantons.»

Eine Perle, die es dem Tourismuschef nicht leicht macht. «Am einfachsten ist es natürlich mit den Gemeinden, die keine eigenen Verkehrsvereine haben. Hünenberg zum Beispiel überlässt uns die ganze Taxe.» Hünenberg ist eine der Gemeinden, die zuvor keine Taxe kannten: Die Gemeinde hat beschlossen, das Eintreiben der Taxe dem Verein Zug Tourismus zu überlassen. Es handelt sich um etwa 1000 Franken im Jahr. Das ist zwar nicht besonders viel, aber: «Es ist ein gutes Zeichen an andere Gemeinden», sagt Raschle.

Warum nicht nur ein Verein?

Wenn es in allen Gemeinden so funktionieren würde, gäbe es zumindest kein Konfliktpotential zwischen den Vereinen. Das Verhältnis zwischen Zug Tourismus und den Verkehrsvereinen der Berggemeinden ist nicht schlecht, aber es ist zumindest verschachtelt: Wer die Verkehrsvereine per Telefon zu erreichen versucht, landet bei Zug Tourismus – Telefon umgeschaltet. Die Website der Marke Ägerital-Sattel, das Flagschiff der Verkehrsvereine, ist eine Unterseite der Website von Zug Tourismus. Warum braucht es überhaupt so eine komplizierte Struktur, würde nicht ein einziger Verein genügen, der Berg und Tal abdeckt? «Wegen der Professionalisierung könnte es in Zukunft darauf hinauslaufen», sagt Bomio, «aber die Politik hat entschieden, die Entwicklung nicht zu erzwingen, obwohl verschiedene Gemeinden nicht mehr über einen lokalen Verkehrsverein verfügen. Die Struktur, wie sie heute ist, ist gewachsen.» Dass Zug Tourismus jetzt obligatorisch durch die Beherbergungstaxe gespiesen wird, ist zumindest ein Schritt in Richtung Vereinheitlichung. «Das sind Schritte auf einem längeren Weg. In 50 Jahren wird es vielleicht nicht mehr so sein, wie man es heute kennt.»

 

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