Stopp der Bus-Ausschreibung

Zwischen VBL und Verkehrsverbund herrscht Eiszeit

Wann die ersten Batterie-Trolleybusse durch Luzern rollen, ist plötzlich unklar. (Bild: ewi)

Der Luzerner Verkehrsverbund stoppt die Ausschreibung neuer Batterie-Trolleybusse der VBL. Die Begründung wirft Fragen auf. Knackpunkt ist viel eher eine alte, aber längst nicht verjährte Geschichte, die auf dem Rücken der ÖV-Benutzer ausgetragen wird.

Eigentlich hätten bereits im Dezember 2024 die ersten Batterie-Trolleybusse durch die Stadt Luzern fahren sollen. Diese wären auf der Linie 30 zwischen Ebikon und Littau, die über den Schlossberg führt, zum Einsatz gekommen und hätten die heutigen Dieselbusse ersetzt.

Eigentlich, hätten, wären – der Konjunktiv verräts. Aus dem Projekt wird vorerst nichts. Der Verkehrsverbund Luzern (VVL) hat die Bus-Ausschreibung der Verkehrsbetriebe Luzern (VBL) überraschend gestoppt (zentralplus berichtete).

Elektrifizierung gerät ins Stocken

Die entsprechende Medienmitteilung des VVL liest sich unspektakulär. «Elektrifizierung der Linien 12 und 30 kommt später», titelt der Verkehrsverbund. In der Begründung verweist der VVL auf das sistierte Projekt der Durchmesser-Perrons am Bahnhof Luzern. Zur Erinnerung: Im Mai 2022 hat der Kanton – ebenfalls überraschend – die Planung neuer Busperrons auf dem Bahnhofplatz gestoppt. Mit Platzmangel und Sicherheitsbedenken begründete der Kanton das damalige Vorgehen (zentralplus berichtete).

Das bremst die Elektrifizierung der Luzerner Busflotte. Denn schon in drei Jahren hätten weitere Dieselbusse durch Batterie-Trolleybusse ersetzt werden sollen. Diese Busse fahren hauptsächlich an der Fahrleitung, können kürzere Distanzen aber auch mit der Elektro-Batterie zurücklegen. So lassen sich im Busnetz ganz neue Strecken fahren und Linien miteinander verbinden. Gleichzeitig kommt der Luzerner ÖV seinem Ziel, bis 2040 kein CO₂ mehr auszustossen, einen Schritt näher.

«Aus unserer Perspektive hat der Entscheid keinen Zusammenhang mit den Durchmesser-Perrons oder anderen Infrastrukturausbauten.»

Sämi Deubelbeiss, Sprecher VBL

Konkret will der VVL nebst der Umstellung der Linie 30 auch die Linien 8, 12 und 19 miteinander verknüpfen und verlängern. Die neue Linie 8 führt künftig vom Hirtenhof über den Bahnhof Luzern und den Schlossberg bis zum Bahnhof Emmenbrücke. Die neue Linie 3 verkehrt zwischen Littau und dem Würzenbach. Mit den neuen Batterie-Trolleybussen werden somit die Dieselbusse auf den Linien 12, 30 und 19 ersetzt. Weil noch unklar ist, wie es mit den neuen Busperrons am Bahnhof weitergeht, sistiert der VVL das Projekt aber.

Begründung des Entscheids wirft Fragen auf

Dass es Verzögerungen bei den Durchmesser-Perrons gibt, ist seit letztem Mai bekannt. Ebenfalls im Mai 2022 schrieben die VBL den Auftrag für die neuen Busse aus (zentralplus berichtete). Dass der VVL die Ausschreibung erst jetzt abbricht, ist darum erstaunlich. Zumal die Linie 30, auf der die neuen Trolleybusse zuerst eingesetztworden wären, gar nicht über den Bahnhof fährt.

VVL-Sprecherin Luzia Frei begründet den späten Zeitpunkt des Projekt-Stopps: «Vorerst war nicht klar, ob eine Lösung gefunden werden kann, um die Ausschreibung bestehen zu lassen.» So wurde geprüft, ob die Zahl bestellter Busse reduziert werden kann und diese auf anderen Linien eingesetzt werden könnten. Die Abklärungen haben aber kein «risikoloses Ergebnis» hervorgebracht. Darum zog der VVL am Schluss die Notbremse und stoppte die Ausschreibung.

«Über die Investitionen für die Elektrifizierung soll erst später entschieden werden, weil sich die Ausgangslage verändert hat und nicht aufgrund des Subventionsfalls.»

Luzia Frei, Sprecherin VVL

Die VBL reagieren enttäuscht auf den plötzlichen Projekt-Unterbruch: «Wir wären bereit gewesen», sagt Sprecher Sämi Deubelbeiss. Es sei viel Aufwand in die Ausschreibung und die Bewilligung geflossen. «Wir bedauern die Aufschiebung sehr», fasst Deubelbeiss die aktuelle Gefühlslage bei der VBL zusammen. «Diese Verzögerung ist nicht im Sinne des öffentlichen Verkehrs und geht auf die Kosten unserer Kundinnen und Kunden.» Es sei «unverständlich», dass der VVL, respektive der Kanton Luzern, ein wichtiges Thema wie die Dekarbonisierung nach hinten schiebt.

Die Argumentation des VVL kann das ÖV-Unternehmen nicht nachvollziehen. Der VBL-Sprecher sagt dazu: «Aus unserer Perspektive hat der Entscheid keinen Zusammenhang mit den Durchmesser-Perrons oder anderen Infrastrukturausbauten.»

Subventions-Affäre verursacht Kollateralschaden

Weder der Zeitpunkt des Projekt-Abbruchs noch die Stellungnahme der VBL lassen also darauf schliessen, dass es beim Entscheid des VVL wirklich um die Durchmesser-Perrons ging. Aufhorchen lässt darum ein Satz in der Medienmitteilung, dass der VVL die Neuausschreibung von gewissen Linien prüft. Das bestätigt VVL-Sprecherin Luzia Frei auf Anfrage. Welche Linien dies seien, verrät sie hingegen nicht.

Diese Tatsache zeigt, dass es um das Verhältnis zwischen Verkehrsverbund und VBL nicht zum Besten steht. Im Gegenteil: Mit dem neusten Entscheid des VVL herrscht nun definitiv Eiszeit – das gegenseitige Vertrauen ist weg. Nach den Gründen dafür braucht man nicht lange suchen. Der Subventionsknatsch steht nach wie vor zwischen den beiden Parteien. Luzia Frei dementiert zwar, dass die Ausschreibung etwas mit dem Subventionsfall zu tun hat: «Über die Investitionen für die Elektrifizierung soll erst später entschieden werden, weil sich die Ausgangslage verändert hat und nicht aufgrund des Subventionsfalls.» Jedoch geht es dabei um sehr viel Geld.

16 Millionen Franken fordert der Verkehrsverbund von den VBL, weil diese zu viele Subventionen bezogen haben. Doch die VBL finden, sie hätten nichts falsch gemacht und weigern sich darum, den Betrag zurückzuzahlen (zentralplus berichtete). Der Streit ist mittlerweile zum Gerichtsfall geworden, ein Urteil nicht in Sichtweite. Der Schluss liegt darum nahe, dass zwischen dem Subventionsfall und dem Projekt-Abbruch doch ein Zusammenhang besteht.

Nun hat der Fall den ersten grossen Kollateralschaden verursacht. Dieser geht letztlich auf Kosten der ÖV-Benutzerinnen.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Jaap Super
    Jaap Super, 20.01.2023, 13:58 Uhr

    So kann und darf es nicht weitergehen. Jetzt brauchst es endlich eine Stellungnahme vom VBL „Phantom“ und VR-Präsident Renzo Simoni. Er ist schon seit 26 Monate auf Tauchstation und bezieht für das verweigern von Rückzahlungen immerhin einen stolzes VR-Honorar. Ich ziehe den Hut für CEO Laurent Roux, er kann am wenigsten dafür und darf die Probleme jetzt ausbaden. Es bleibt zu hoffen dass Schmassmann, Hunkeler & Co. sich bald vor dem Gericht verantworten müssen.

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