Auch ohne Pandemie: Trend zum «Büssli» hält an

Zuger haben ausgefallene Wünsche für ihren Camper

Während Corona boomten Ferien mit dem VW-Bus. Der Trend lässt nicht nach, birgt aber Herausforderungen. (Bild: wia)

Corona brachte viele Zuger und Luzernerinnen dazu, sich einen VW-Bus zu kaufen. Ein kurzer Trend, aus der Not geboren? Nein. Denn nach wie vor sind Camper und Wohnwagen heiss begehrt. Die Autoverkäufer haben jedoch ein anderes Problem.

Was tun, wenn wegen der Pandemie Flüge en masse gestrichen werden, wenn man Hotels wegen der anderen Gäste meiden möchte und dennoch in die Ferien will? Ganz einfach. Man mietet oder kauft sich einen Camper-Van oder ein Wohnmobil. So geschah es denn auch in den letzten zwei Jahren. Zentralschweizer Autohändler, -Vermieter und Campingplätze wurden regelrecht überrannt (zentralplus berichtete).

Nun hat sich die Pandemie langsam verzogen, Flugzeuge verkehren wieder, der Aufenthalt in Hotels ist entspannter geworden. Und die Massnahmen wurden, nicht nur in der Schweiz, auf Sparflamme gestellt. Bekommen dies auch die VW-Händler zu spüren?

Weder Zu- noch Abnahmen – obwohl das Interesse riesig ist

Die AMAG Retail in Cham hat sich mitunter auf VW-Camper spezialisiert, Menschen aus der ganzen Schweiz pilgern dorthin, weil sie mit dem Kauf eines VW T6.1 California liebäugeln. VW-Nutzfahrzeug-Pressesprecher Christian Frey erklärt auf Anfrage, dass es aktuell nicht möglich sei, eine Zu- oder Abnahme mit Zahlen zu belegen.

Der Grund sei, dass eines der California-Modelle, nämlich «Beach», erst seit 2020 statistisch zu den Campern gerechnet werde. «Dies, weil das Modell neuerdings mit einer kleinen Küche ausgeliefert wird.» Die Zahlen lassen sich deshalb beim Bundesamt für Strassenverkehr nicht vergleichen.

«Ein Grossteil der verbauten Kabelstränge stammt aus der Ukraine.»

Christian Frey, Pressesprecher VW Nutzfahrzeuge

Auch spricht Frey von weiteren «statistischen Verwerfungen». «So etwa hat sich während der Pandemie die Zahl der Auslieferungen nicht unbedingt erhöht, obwohl das Interesse riesig ist. Schlichtweg, weil wir nicht liefern konnten», so der Medienverantwortliche.

Das Problem ist jenes, das die meisten Branchen haben: Es gibt Verzögerungen in den Lieferketten. Im Moment fehlt es etwa an Halbleitern, die aus dem asiatischen Raum stammen. «Aber auch Kabelstränge fehlen uns. Dies aufgrund des Kriegs in der Ukraine. Ein Grossteil der in Europa verbauten Kabelstränge der Volkswagen Gruppe stammt aus diesem Land.»

Kunden brauchen viel Geduld

Heisst für Kundinnen konkret? Warten. «Und zwar 12 bis 14 Monate», sagt Frey. Vor der Pandemie waren es sechs. Er betont jedoch: «Der Nachfrage-Trend hin zum VW-Camper ist trotzdem nie abgerissen.» Man verzeichne ungefähr gleich viele Kundenbestellungen wie noch vor einem Jahr.

Das Bulli-Klientel habe sich in den letzten Jahren stark verändert. «Mittlerweile ist es chic, dass man neben dem Familienwagen und dem Cabriolet auch noch einen VW-Camper hat», so Frey, und weiter, «von gewissen Leuten in meinem Umfeld, die heute Camping-Ferien machen, hätte ich das nie gedacht.»

«Früher kamen immer wieder Kunden zu uns, die den VW-Camper am liebsten vor Ort gekauft und mitgenommen hätten.»

Stefan Albert, AMAG-Verkaufsberater

Seit der Pandemie verzeichne man überdies einen Rückgang der Laufkundschaft. Der AMAG-Verkaufsberater Stefan Albert erzählt: «Früher kamen immer wieder Kunden zu uns, die den VW-Camper am liebsten gleich vor Ort gekauft und mitgenommen hätten. Heute kommen solche Kunden weniger. Schlicht deshalb, weil wir keine Camper mehr auf dem Platz stehen haben.»

In Zug gefragt: Stollenpneus, Solarpanels, Warmwasserdusche

Überhaupt sei der Standort in Cham ein besonderer. «Weil wir wirklich Spezialisten sind auf dem Gebiet des California, setzen wir auch ausgefallenere Wünsche um. Gerade eben hat ein Paar ihren Occasion-Wagen für 20'000 Franken offroad-tauglich machen lassen», so Albert. Der Wunsch nach Stollenpneus, autarken Fahrzeugen oder Warmwasserduschen werde nicht selten geäussert.

«Mit Solarpanel auf dem Dach und Wechselrichter können sie sogar die Kaffeemaschine von zu Hause benutzen.» Andere wiederum lassen ihren VW-Camper nach Namibia verschiffen, damit sie die Safari mit dem eigenen Auto geniessen können. Albert sagt dazu: «Wir merken schon, dass die Kaufkraft in Zug sehr hoch ist.» Lästig sind die Sonderwünsche nicht. Ganz im Gegenteil: «Wir lieben solche aussergewöhnlichen Aufträge.»

Wohnmobil-Hype bleibt bestehen

Ein ähnliches Bild wie bei den VW-Bussen zeigt sich bei Wohnmobilen. «Corona hat auch bei uns einen Hype verursacht. Mehr Leute sind während der Homeoffice-Zeit auf Campingferien umgestiegen. Auch weil die internationale Corona-Lage so unsicher war», erklärt Marco Roos von Caravan Zimmermann in Emmen. Auch er bestätigt, dass die Tendenz bis heute anhalte. «Das Interesse ist riesig. Die Nachfrage ist da und die wenigen auf dem Platz stehenden Fahrzeuge sind sehr begehrt.»

«Die meisten Leute sind sich das Warten nach zwei Jahren Pandemie gewohnt.»

Marco Roos, Caravan Zimmermann

Die Lieferschwierigkeiten würden sich indes bei den Wohnmobilen und -wagen zusätzlich verstärken, denn: «Die Fahrzeughersteller können weniger Chassis liefern und die für die Produktion benötigten Materialien sind auf dem Weltmarkt nur sehr schwer zu erhalten.»

Dass die Kunden bis zu einem Jahr auf ihren Wohnwagen warten müssen, stosse in der Regel auf grosses Verständnis. «Klar gibt es Ausnahmen. Doch diese Kunden werden überall dieselbe Antwort erhalten. Die meisten Leute sind sich das Warten nach zwei Jahren Pandemie gewohnt», so der Verkaufsberater.

Verwendete Quellen
  • Telefongespräch mit Christian Frey, Pressesprecher VW Nutzfahrzeuge
  • Telefonat mit Stefan Albert, AMAG-Verkaufsberater
  • Telefonat mit Marco Roos, Caravan Zimmermann
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3 Kommentare
  • Profilfoto von Peter Bitterli
    Peter Bitterli, 28.05.2022, 19:48 Uhr

    Der ausgefallenste Wunsch, den ein Zuger haben kann, ist der, nicht aus Zug abzuhauen.

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    • Profilfoto von Alois Iten
      Alois Iten, 28.05.2022, 21:09 Uhr

      Und ich meinte doch tatsächlich, Sie seien Luzerner. Irre ich? Oder wie wollen Sie wissen, wie Zuger fühlen oder denken?

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      • Profilfoto von Peter Bitterli
        Peter Bitterli, 28.05.2022, 22:28 Uhr

        Ich studiere das Schrifttum der Zuger Linken. Darin wird uns offenbart, dass es in Zug nur Gauner gibt und eine Handvoll Pharisäer, die sich einem vertrackten Schuldkult hingeben. Also genau das Personal, das gleich hinter der Türe steht, wenn man die Hölle betritt, so dass Einem fühlen oder denken gründlich vergehen.

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