Wettbewerb? Beim Tanken ziehen alle Zuger den Kürzeren
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Fast sämtliche Tankstellen im Kanton Zug verlangen gleich viel für Benzin und Diesel. Zudem ist das Preisniveau im Vergleich zu anderen Kantonen hoch. Kommt es auf dem Zuger Treibstoffmarkt zu heimlichen Preisabsprachen?
Wer mit aufmerksamem Blick durch den Kanton Zug fährt, hat es womöglich schon bemerkt. Egal, ob bei der Coop-Tankstelle in Baar, der Migrol-Tankstelle in Sihlbrugg oder der BP-Tankstelle in Rotkreuz – das Benzin kostet überall gleich viel (zentralplus berichtete).
1.97 Franken verlangen die Tankstellen aktuell pro Liter Bleifrei 95. Ähnlich das Bild beim Diesel. Die Preisdifferenz zwischen den drei genannten Tankstellen pro Liter beträgt gerade mal zwei Rappen. Die Liste lässt sich weiterführen. Shell in Rotkreuz, Socar in Zug, Agrola in Steinhausen, Avia in Unterägeri – überall kostet der Treibstoff praktisch gleich viel. Einzig die Eni-Tankstelle in Cham verlangt pro Liter Benzin und Diesel immerhin einige Rappen weniger als alle anderen Tankstellen.
In anderen Kantonen ist Tanken günstiger
Im kleinräumigen Kanton Zug mag es womöglich einleuchten, dass die Preisdifferenz zwischen den verschiedenen Tankstellen nicht all zu hoch ist. Erstaunliches bringt jedoch der Blick über die Kantonsgrenzen hinweg zutage. Denn egal, ob in Luzern, Schwyz oder Zürich – überall sind die Preisunterschiede zwischen den einzelnen Tankstellen grösser. Und gleichzeitig ist in den Nachbarkantonen der Treibstoff im Durchschnitt deutlich günstiger als in Zug. Das zeigt der TCS-Benzinpreis-Radar, der die aktuellen Benzinpreise in der Schweiz nach Tankstellen anzeigt.
An der Migrol-Tankstelle in Sattel beispielsweise sind sowohl Benzin als auch Diesel über zehn Rappen pro Liter günstiger als bei den Migrol-Tankstellen in Zug. Und das nur wenige hundert Meter ennet der Kantonsgrenze.
Auch in der Stadt Luzern ist ein Liter bleifrei am günstigsten Standort – der Ruedi-Rüssel-Tankstelle an der Spitalstrasse – 15 Rappen günstiger. Selbst die teuersten Luzerner Tankstellen verlangen mit 1.95 Franken pro Liter Bleifrei immer noch weniger als die Zuger Durchschnittstankstelle.
Zusammengefasst sieht es so aus, als würden sich die Zuger Tankstellen auf einen gemeinsamen Preis einigen und diesen bewusst auf hohem Niveau festsetzen. Darum hat zentralplus bei den Tankstellenunternehmen nach Erklärungsansätzen für die Beobachtungen gefragt.
Zug ist auch beim Tanken teuer – Zürich nicht
Die Antworten helfen jedoch nur bedingt weiter. So schreibt Sandra Jann, Mediensprecherin der Coop-Mineralöl AG: «Treibstoffpreise sind von verschiedenen Kostenfaktoren abhängig. Dies kann dazu führen, dass es durch den lokalen oder regionalen Wettbewerb wie auch den lokalen Kosten zu den Unterschieden bei den Treibstoffpreisen kommt.» Insbesondere in Grenzregionen sei das Preisumfeld sehr kompetitiv. Zumindest auf die Zentralschweiz trifft diese Begründung jedoch nicht zu.
Auch Martina Wagner, Sprecherin der Agrola-Kette, führt das hohe Preislevel in Zug auf regionale Marktgegebenheiten zurück. «Diese Faktoren beeinflussen das Verhalten der Verbraucher, die Wettbewerbssituation und die Geschäftsstrategien.» Nebst den Fixkosten wie Steuern, Importpreisen und Transportwegen sind diese regionalen Gegebenheiten für den definitiven Preis letztlich ausschlaggebend.
«Sobald eine Tankstelle den Preis senkt, senken alle anderen die Preise auch.»
Diane Lüber, Sprecherin BP
Der Kanton Zug ist bekanntlich ein teures Pflaster. Wohnen, Restaurants, Bars – vieles ist hier teurer als in anderen Kantonen. Vor diesem Hintergrund erscheint es logisch, dass auch Benzin und Diesel mehr kosten als anderswo. Doch selbst in der Stadt Zürich – immerhin die Hochpreisinsel schlechthin in der Schweiz – kostet der Treibstoff weniger als in Zug. So gibt es zahlreiche Tankstellen, an denen der Benzin- und Dieselpreis um einige Rappen tiefer liegt als im Kanton Zug.
In Zug gibt es keine Preisunterschiede zwischen den Tankstellen
Die hohen Treibstoffpreise in Zug können die Unternehmen nicht vollständig begründen. BP-Sprecherin Diane Lüber hat aber einen Erklärungsansatz für die fast inexistenten Preisunterschiede in Zug. «Es ist immer so, dass an der Säule nur kleinere Differenzen in einer Region möglich sind. Sobald eine Tankstelle den Preis senkt, senken alle anderen die Preise auch», schreibt Lüber.
Das liege daran, dass die Preise auf den Schildern der Tankstellen für alle gut ersichtlich seien. «Das ist einer der Faktoren, warum die Regionen unterschiedliche Preise zeigen und an einer Strasse oftmals die Preise gleich oder ähnlich sind.»
«Wir haben immer wieder Meldungen von Konsumenten, die ähnliche Beobachtungen machen.»
Stiftung für Konsumentenschutz
Zumindest auf den Kanton Zug trifft diese Erklärung tatsächlich zu. Nicht aber beispielsweise auf die Stadt Zürich, die flächenmässig kleiner ist als der Kanton Zug. Hier zeigt der TCS-Tankstellenvergleich nur schon innerhalb des Wiedikon-Quartiers Preisdifferenzen von bis zu 20 Rappen pro Liter. Und auch innerhalb der Stadt Luzern gibt es Preisunterschiede von über zehn Rappen zwischen den verschiedenen Tankstellen.
Das sagt die Stiftung für Konsumentenschutz
Für Zuger Autofahrer ist diese Tatsache frustrierend. Deshalb hat zentralplus auch bei der Stiftung für Konsumentenschutz nachgefragt, ob mögliche Preisabsprachen auf dem Treibstoffmarkt ein Thema sind. Dort heisst es auf Anfrage: «Wir haben immer wieder Meldungen von Konsumenten, die ähnliche Beobachtungen machen. Der Konsumentenschutz hat die Benzinpreise allerdings nicht untersucht und die Meldungen sind zu vereinzelt, um daraus seriöse Rückschlüsse auf Preisabsprachen zu ziehen.»
Avenergy Suisse, der Interessensverband für Treibstoffimporteure, widmet sich auf seiner Website ebenfalls dem Thema Benzin- und Dieselpreise. Der Verband lobt den Preiswettbewerb unter den Tankstellen, weil davon letztlich die Autofahrer profitieren würden. «Kosten und insbesondere Gewinnerwartungen können nicht einfach auf die Automobilisten überwälzt werden können, sondern nur in dem Masse, wie es die örtliche Wettbewerbssituation zulässt.» Zumindest im Kanton Zug scheint dieser Wettbewerb jedoch nur bedingt zu funktionieren.
- Schriftlicher Austausch mit mehreren Treibstoffunternehmen
- Tankstellenvergleich TCS
- Schriftlicher Austausch mit der Stiftung für Konsumentenschutz
- Website von Avenergy Suisse zum Benzinpreis