Wenn der See lockt, werden Zuger Quartiere vollparkiert
Im Sommer bei Badefreudigen von nah und fern beliebt: das Tellenörtli. (Bild: Archivbild: mam)
Zuger Badis sind weit über die Kantonsgrenzen hinaus beliebt. Kurzerhand parkieren Badegäste in anliegenden Quartieren – Anwohnerinnen fordern nun Lösungen.
Angelica Weber ist verärgert. So sehr, dass sie ihrem Ärger in einem Leserbrief Luft macht. Sie lebt an der Stolzengrabenstrasse in Oberwil. Eine Strasse, deren Anwohnerinnen «seit Jahren an schönen Abenden und sonnigen Wochenenden unter Autofahrern, die Parkplätze suchen», gelitten haben, wie sie im Brief in der «Zuger Zeitung» schreibt. Der Grund: der nahe gelegene Badeplatz Tellenörtli, der immer beliebter wird.
Mit Konsequenzen für die Ansässigen: «Der Suchverkehr, die vollparkierte Strasse, die Abgas- und Lärmemissionen oft bis nach Mitternacht ist (sic) eine grosse Belästigung», schreibt Weber weiter. Auch werde das Tempolimit von 30 «regelmässig missachtet», was eine Gefahr für die häufig auf der Strasse spielenden Kinder sei. Viele der Autos stammten aus Nachbarkantonen. Sie vermutet, dass die fremden Autofahrer auch deshalb in ihrem Quartier parkieren würden, weil die Parkplätze hier am Wochenende unbeschränkt und kostenlos seien. Nur wochentags sei die Parkzeit auf zwei Stunden beschränkt.
Die Oberwilerinnen sind nicht die Einzigen mit diesem Problem. Selbiges passiere in den Quartieren rund um das Brüggli, wie zentralplus von dortigen Anwohnern gehört hat. Gerade an sonnigen und warmen Tagen reichen die Parkplätze beim Brüggli nicht aus – Badibesucherinnen weichen auf öffentliche und teils gar private Plätze rundherum aus. «Je näher zum ehemaligen Camping respektive Brüggli, umso schlimmer», sagt ein Anwohner, der lieber anonym bleiben will. Besonders betroffen seien Bewohnerinnen der Lorzenstrasse oder Im Rank.
Bekannt sei das Problem bereits seit Jahren. Auch hätten sich Quartiervertreter bereits dazu mit der Stadt Zug ausgetauscht, letztmals 2023. Seit dem neuen Brüggli-Parkplatz an der Chamerstrasse und seit auch das Stierenmarktareal teilweise fürs Parken freigegeben werde, sei es etwas besser (zentralplus berichtete). Aber: «An schönen Sommertagen ist der Ansturm von Badegästen mit Auto einfach zu gross.»
Das Zuger Seeufer sei einfach zu attraktiv und die Badegäste zu bequem, vermutet der Anwohner. Wenn Badefreudige mit Grills, Campingutensilien, Stand-up-Paddels und Co. an den See reisen, nutzen sie dafür das Auto und wollen mit Sack und Pack möglichst nahe ans Ufer.
Quartier wird aktiv
Auch der Stadt Zug ist der Unmut der Quartiere nicht entgangen. Nach dem eingangs erwähnten Leserbrief habe sich die Stadt Zug bei der Verkehrskommission des dazugehörigen Quartiervereins Nachbarschaft Oberwil-Gimenen (NOG) gemeldet, wie deren Leiter Stefan Hodel auf Anfrage erzählt. Die Kommission wird jeweils als Vertretung des Quartiers bei Fragen zum Verkehr miteinbezogen, etwa bei der Ausarbeitung des Fahrplans. Zudem nimmt sie Wünsche der Bevölkerung entgegen und geht mit diesen auf die zuständigen Stellen zu. So auch in diesem Fall.
In der Kommission hätten sie daraufhin einen Vorschlag erarbeitet, wie der Ex-ALG-Gemeinderat weiter sagt: In einem Pilotprojekt verlange die Stadt Zug von allen Parkierenden in der Stolzengrabenstrasse zehn Franken. Wie man das etwa von Konzerten oder Festivals kenne. Gleichzeitig dürften die Badegäste nicht mehr auf dem Schulhausplatz Oberwil parkieren. Dieser werde seit einer Abmachung von 2007 jeweils an sonnigen Wochenenden als Parkplatz umgenutzt. Dieser Vorschlag sei jedoch abgeschmettert worden, da er nicht umsetzbar sein solle, so Hodel.
Auch am Wochenende beschränkt?
Danach wurde eine neue Idee ausgearbeitet. Neu soll unter der Tafel mit «Zone 30» ein Parkverbotszeichen stehen, parkieren wäre nur mit Parkscheibe und zwischen 7 und 19 Uhr für zwei Stunden erlaubt. Autofahrerinnen mit einer Anwohnerparkkarte parkieren nach wie vor unbeschränkt. Auch Besucher mit einer entsprechenden Besucherkarte können länger parkieren. Ebenfalls zur Debatte steht, die Einschränkungen auf Samstag oder gar Sonntag auszuweiten.
Damit sollen quartierfremde Badegäste abgeschreckt und auf den ÖV umgelenkt werden, so die Hoffnung. Mit der Parkscheibenpflicht können Polizistinnen zudem das Parkregime besser kontrollieren. Laut Hodel kam dieser Vorschlag in der Verkehrskommission gut an – der Ball liegt nun bei der Stadt Zug. Wie zentralplus weiss, diskutiert der Zuger Stadtrat derzeit über eine Revision der Parkplatzverordnung.
Im Hintergrund rattern die politischen Mühlen
Dieser hält sich dazu jedoch noch bedeckt. «Die starke Auslastung der Parkplätze in einzelnen Quartieren, insbesondere durch Nutzerinnen und Nutzer von Sport- und Freizeitanlagen an Wochenenden, ist der Stadt Zug bekannt», wie Barbara Gysel (SP), die Vorsteherin des Departements Soziales, Umwelt und Sicherheit, auf Anfrage sagt. Die Stadt Zug sei dazu bereits mit Vertretern aus den Quartieren in Kontakt und erarbeite zurzeit eine Lösung zur Entlastung der Betroffenen.
Damit kommt Parkieren wohl bald ein zweites Mal innert kürzester Zeit aufs politische Tapet. Denn die seenahen Quartiere sind nicht die einzigen, die unter fremden Autofahrerinnen leiden. Vor rund einem Jahr wurden die Wildparkierer auf dem Zugerberg zum Politikum. Die Parkplätze auf dem Berg sind begrenzt, die Autofahrerinnen parkieren ihren Chlapf irgendwo und stellen mitunter auch Rettungswege zu. Die FDP-Fraktion fordert darum Lösungen – etwa ein Parkhaus oder ein digitales Parkleitsystem (zentralplus berichtete). Auch hier steht die Antwort der Stadtregierung noch aus.
Schreibt über Politik, Kurioses und wühlt gern in Unterlagen. Im ländlichen Luzern aufgewachsen, hat sie beim «Entlebucher Anzeiger» ihre Begeisterung für Lokaljournalismus entdeckt. Hat ein abgeschlossenes Studium in Medienwissenschaften und Englisch, und die Diplomausbildung Journalismus beim MAZ absolviert. Sie schreibt seit September 2021 bei zentralplus.