Darum ernten die Dosierampeln viel Kritik – aber auch Lob
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In der Stadt Luzern stehen seit einigen Wochen an mehreren Strassen neue Dosierampeln. Seither hagelt es Kritik an der städtischen Verkehrspolitik. Doch ein wesentlicher Akteur begrüsst die Massnahme.
Dass neue Verkehrsmassnahmen generell geringe Akzeptanz haben, ist bekannt. Denn solche bringen auch immer eine Veränderung mit sich. Und wo es Veränderungen gibt, gibt es Verlierer und Gewinnerinnen.
Dessen war sich auch die Stadt Luzern bewusst, als sie im Herbst dieses Jahres mitteilte, elf neue Dosierampeln in Betrieb zu nehmen. Doch das Ausmass der Kritik am neuen Verkehrssystem dürfte die Stadt wohl trotzdem überrascht haben.
Dosierampeln sorgen in Parkhaus für Chaos
Dosierampeln haben die Aufgabe, die Zufahrten auf die Hauptachsen der Stadt zu den Stosszeiten zu regulieren. Das System erkennt, wenn auf der Hauptstrasse bereits viele Autos unterwegs sind. Die Ampeln verkürzen dann automatisch ihre Grünphasen, damit weniger zusätzliche Autos auf die Hauptstrasse gelangen. Ein Countdown bei der Ampel zeigt die Zeit bis zur nächsten Grünphase an. Reduziert sich der Verkehr auf der Hauptstrasse, schaltet die Ampel automatisch wieder ab.
Das System klingt einfach – doch hat es innert Kürze eine Welle an Kritik ausgelöst. Insbesondere die Hotels National, Casino und Palace an der Haldenstrasse äusserten sich wiederholt negativ zu den neuen Ampeln (zentralplus berichtete). Zwei dieser Ampeln regulieren nämlich auch die Ausfahrten aus den Parkhäusern National und Casino-Palace. Und gemäss deren Betreiber haben die Ampeln zu einem «völligen Chaos» und Wartezeiten von bis zu 30 Minuten geführt, wie die «Luzerner Zeitung» schon mehrmals berichtete.
«Das Mobilitätswachstum in der Stadt kann nicht mit dem Autoverkehr erfolgen, sondern nur mit platzsparenden Verkehrsmitteln wie ÖV und Velo.»
Thomas Karrer, Projektleiter Stadt Luzern
Die Betreiberin des National-Parkhauses drückt ihren Unmut über die Dosierampeln ziemlich unverblümt auf Aushängen aus, die beispielsweise im Parkhaus-Lift hängen. Dort steht, dass die Ampel gegen den Willen der Betreiberin installiert wurde. Und wer sich über das neue System ärgere, solle sich direkt an die Stadt Luzern wenden.
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Wurde das gemacht? «Wir hatten zu Beginn der Einführung verständlicherweise einige Rückmeldungen», räumt Projektleiter Thomas Karrer von der Stadt Luzern auf Anfrage ein. «Ist es doch eine neue Situation, die man im Kanton Luzern bis jetzt noch nicht kannte.»
Stadt Luzern will Busse bevorzugen
Auch ihm ist bewusst, dass das neue System Verliererinnen und Gewinner hervorbringt. Dahinter steht aber Absicht: Denn bislang wurde der Verkehr auf der Haldenstrasse nur beim Dietschiberg dosiert. Von dort bis zum Schweizerhofquai gibt es zahlreiche Zufahrten aus Nebenstrassen und Parkhäusern. Autofahrerinnen aus diesen Zufahrten hatten dann freie Bahn. Der erhoffte Effekt der Dosierung auf der Haldenstrasse blieb somit aus.
Das sollen die zusätzlichen Ampeln jetzt ändern: «Das Ziel der Dosierstellen ist, dass der Bus auf den Hauptachsen nicht mehr im Stau stecken bleibt und so eine attraktive und zuverlässige Alternative zum Autoverkehr ist. Das Mobilitätswachstum in der Stadt kann nicht mit dem Autoverkehr erfolgen, sondern nur mit platzsparenden Verkehrsmitteln wie ÖV und Velo.»
Manche Quartiere sind skeptisch, andere nicht
Die Stadt ist derweil aber nicht die einzige Stelle, bei der negative Rückmeldungen zu den Dosierampeln eingegangen sind. Wie «Tele 1» in einem Beitrag kürzlich zeigte, hat der Quartierverein Maihof Feedbacks zum neuen Verkehrssystem gesammelt. Denn mit der Hünenberg- und der Wesemlinstrasse werden auch im Maihof-Quartier Strassen durch neue Ampeln dosiert. Auf den beiden Strassen staue sich der Verkehr seither deutlich, sagt Regula Schärli, die Präsidentin des Quartiervereins, im Beitrag. Dies sei für die Anwohner «wirklich mühsam».
Unmut im Halden- und im Maihofquartier: Doch die neuen Ampeln sind über die gesamte Stadt Luzern verteilt. Auch die Zufahrtswege zur Tribschen- und zur Obergrundstrasse werden neu von Dosierampeln kontrolliert. Wie sieht die Situation in diesen Quartieren aus? «Aus dem Tribschen- und dem Obergrundquartier haben wir nur vereinzelte Rückmeldungen erhalten», sagt Thomas Karrer. Das mag zuerst erstaunlich klingen. Denn mit der Bireggstrasse wird eine Strasse dosiert, an der hunderte von Menschen wohnen, die sich an zusätzlichem Rückstau bestimmt stören würden.
«Wir finden alle Massnahmen gut, die dem öffentlichen Verkehr in der Stadt Luzern helfen.»
Sämi Deubelbeiss, VBL-Sprecher
Auch Andreas Gervasi stützt Thomas Karrers Aussage. Er ist Co-Präsident des Quartiervereins Obergrund. Und er habe, anders als sein weibliches Pendant im Maihof-Quartier, vonseiten der Bevölkerung überhaupt keine Rückmeldungen zu den neuen Ampeln erhalten. Weder positive noch negative. Wahrscheinlich sei die Massnahme den Anwohnerinnen nicht einmal aufgefallen, spekuliert er.
VBL begrüssen die Massnahme
Bei all der Kritik am neuen System gibt es eine Rückmeldung, die heraussticht, nämlich jene von den Verkehrsbetrieben Luzern AG (VBL). Von ihr habe die Stadt nämlich ein positives Feedback erhalten, so Karrer. Und das will was heissen: Denn die Dosierampeln sollen in erster Linie dazu beitragen, dass die Busse auf den Hauptverkehrsachsen nicht im Stau stecken bleiben, sondern pünktlich sind.
Allerdings ist die Rückmeldung der VBL mit Vorsicht zu geniessen. Denn diese haben wie die Stadt noch gar kein Fazit zu den Dosierampeln gezogen. Ein solches sei erst im Frühjahr 2023 geplant, sagt VBL-Sprecher Sämi Deubelbeiss. Er betont aber: «Wir finden alle Massnahmen gut, die dem öffentlichen Verkehr in der Stadt Luzern helfen. Für die VBL und auch unseren Besteller, den Verkehrsverbund, ist es zentral, dass der öffentliche Verkehr bevorzugt wird und so den Fahrplan einhalten kann.» Nur so können mehr Menschen zum Umstieg auf den ÖV motiviert werden.
Man darf gespannt sein auf die Wirkungsanalyse der Stadt Luzern im kommenden Frühjahr. Helfen die Ampeln dem ÖV tatsächlich, sieht sie sich in ihrer Verkehrsplanung bestätigt. Ist dies nicht der Fall, wird die Kritik am neuen System hingegen noch lauter.
- Schriftlicher Austausch mit Thomas Karrer
- Telefonat mit Andreas Gervasi
- Schriftlicher Austausch mit Sämi Deubelbeiss
- Artikel in der «Luzerner Zeitung»
- Beitrag von «Tele 1»