Velounfall am Luzerner Bahnhof: «Ich wollte nur noch weg»
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Ein Auto schneidet Nadja Kaufmann den Weg ab – sie stürzt mit dem Velo. Der Unfall zeigt: Luzerns Veloinfrastruktur hat gefährliche Lücken.
Am Gründonnerstag, kurz vor Ostern, um ziemlich genau zwölf Uhr mittags. Nadja Kaufmann ist auf dem Weg nach Hause, als sie beim Luzerner Bahnhof mit dem Velo verunglückt – mitten im Verkehrschaos, in einem Abschnitt ohne Velostreifen.
«Ich kam vom KKL her, fuhr über den Bahnhof und wollte Richtung Bundesplatz», erzählt Kaufmann. Auf der Höhe des Torbogens habe ein Auto plötzlich die Spur gewechselt – direkt vor ihr. «Das Auto hat plötzlich den Blinker gesetzt und ist abartig spontan rübergezogen Richtung Kantonalbank» Kaufmann erschrak, Ausweichen war keine Option. «Ich musste eine Vollbremse machen und bin gestürzt.»
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Die Strasse sei nass gewesen. Es sei alles ganz schnell gegangen. Der Fahrer des Autos sei ausgestiegen, auch andere Autofahrerinnen hielten an und stiegen aus. Kaufmann aber war im Schock. «Der Sturz hat extrem wehgetan, ich war völlig überfordert. Überall Autos. Ich war mitten auf der Hauptstrasse und stand völlig neben mir.»
Nichtbeherrschen des Fahrzeugs
«Ich fahre gerne Velo. Aber dort fahre ich nicht mehr durch», sagt Kaufmann. «Ich nehme in Zukunft lieber den Weg über das Theater.» Damit sei ihr Heimweg zwar länger, aber so sei es ihr lieber. Sie lebt mit ihrem Freund in Kriens und pendelt täglich zur Uni Luzern. Nach dem Unfall habe sie weinend ihren Freund angerufen. Er habe sie gefragt, ob sie die Nummer des Autofahrers notiert habe. Sie verneinte: «Ich wollte nur weg. Ich habe an mir runtergeschaut und war einfach froh, dass ich beide Beine habe und lebe.»
Sie habe keine Anzeige erstattet. Aus einem bemerkenswerten Grund. Bei der Polizei habe man ihr davon abgeraten, da es zu keinem Zusammenstoss mit dem Auto gekommen sei. Da sie ohne Kollision gestürzt sei und es keine Zeugen des Unfalls gäbe, könnte sie sogar selbst angezeigt werden wegen «Nichtbeherrschen des Fahrzeugs». Sie wünscht sich, es gäbe Zeugen, die den Unfall gesehen haben.
Unfallkarte bestätigt Gefahr
Kaufmanns Sturz verlief glimpflich – «Prellungen, Schürfwunden, ein kaputtes Velo und ein kaputter Laptop» –, doch sie ist sich sicher: Ohne Helm hätte sie ihr Gesicht auf dem Asphalt komplett aufgeschürft. «Ich bin seitlich gefallen. Der Helm hat mein Gesicht geschützt und mich vor einer Gehirnerschütterung bewahrt.»
Die Unfallstelle befindet sich in einer Gefahrenzone. Auf der interaktiven Unfallkarte des Bundes (Astra) ist zu erkennen: Solche Vorfälle geschehen häufiger.
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Allein in diesem Bereich kam es in den letzten Jahren wiederholt zu Unfällen mit Leicht- bis Schwerverletzten. Der Streckenabschnitt zwischen Seebrücke und Pilatusstrasse scheint für Velofahrer also besonders gefährlich – er ist eng und ohne durchgängigen Velostreifen.
Stadt Luzern erkennt Handlungsbedarf
Die Stadt Luzern möchte in ebendieser Zone die Fuss- und Veloverbindungen verbessern. Das zeigt der neue Richtplan Veloverkehr der Stadt – die «Luzerner Zeitung» berichtete zuerst darüber. Doch ausgerechnet auf dem Abschnitt zwischen Bundesplatz und Seebrücke – wo der Unfall passierte – hat die Stadt keine direkte Handhabe. Denn es handelt sich um eine Kantonsstrasse. Ein Umbau sei erst mit dem neuen Durchgangsbahnhof geplant – also frühestens 2026.
Bis dahin bleibt es bei täglichen Risiken für Velofahrerinnen wie Kaufmann. «Autos wechseln an der Unfallstelle ständig die Spur, um den Bussen auszuweichen. Ich sehe das fast jeden Tag. Das ist kein Einzelfall.»
- Bericht der Leserreporterin Nadja Kaufmann
- Astra-Unfallkarte des Bundes
- Artikel «Luzerner Zeitung»