Mobilität im Umbruch

Trotz neuer Strategie: Kanton lehnt grüne Verkehrsideen ab

Korintha Bärtsch (Grüne) verlangt vom Luzerner Regierungsrat, dass das Zumolu-Projet auch wirklich umgesetzt wird. (Bild: ewi / zvg)

Mit einer Reihe von Vorstössen fordern die Luzerner Grünen die Umsetzung von neuen Verkehrsideen. Obwohl die Vorschläge der neuen Mobilitätsstrategie des Kantons entsprechen, zeigt die Regierung keine Begeisterung dafür.

Nein, Jein und nochmals Nein. So liest sich die Kurzfassung der Antworten der Luzerner Regierung auf drei Vorstösse der Grünen zu verkehrspolitischen Themen. Gleich im Trio hat die Regierung auf die Vorstösse geantwortet. Und bei der Betrachtung dieser Antworten kommt man fast in Versuchung zu glauben, dass sich die Regierung mit der Funktion «Copy + Paste» das Leben einfach gemacht hat.

Grüne wollen Verkehr vernetzen und verlagern

Denn die Antworten lesen sich bei allen drei Vorstössen ähnlich. Das ist sicher auch der Tatsache geschuldet, dass die drei Vorstösse wenig voneinander abweichen. Zwei davon stammen aus der Feder von Kantonsrätin Korintha Bärtsch, einer von Ex-Kantonsrat Maurus Frey.

Bärtsch fordert im einen der zwei Vorstösse, dass die Regierung Massnahmen trifft, um den Besetzungsgrad in Autos zu erhöhen. Denn auf einer durchschnittlichen Autofahrt im Kanton Luzern transportiert ein Auto gerade mal 1,55 Personen. Noch weniger sind es, wenn man nur die Arbeitswege betrachtet. Auf diesen Strecken sitzt in 94 Prozent der Fahrten nur eine Person im Auto (zentralplus berichtete).

«Wir haben mit diesen drei Vorstössen Massnahmen vorgeschlagen, wie die Zumolu-Strategie umgesetzt werden kann. Dass die Regierung nicht darauf eingeht, ist schade.»

Korintha Bärtsch, Kantonsrätin Grüne

Auch im zweiten Vorstoss von Bärtsch geht es ums Autofahren. Dort verlangt sie nämlich die Förderung von Park-and-Ride-Anlagen. An solchen Orten lässt es sich gut vom Auto auf den öffentlichen Verkehr (ÖV) umsteigen. Bewohner von schlecht erschlossenen Gebieten soll das dazu motivieren, nur noch einen Teil ihres Wegs mit dem Auto zurückzulegen – statt wie bisher den ganzen Weg, aus Gründen der Bequemlichkeit und Effizienz.

In eine ähnliche Richtung zielte Maurus Frey mit seinem Vorstoss. Er fordert gesetzliche Voraussetzungen, damit die Regierung «Mobility as a Service» in Zukunft besser fördern kann. Teilen statt Besitzen steht bei diesem Ansatz im Vordergrund. Ob Auto, Roller oder E-Velo: Die verschiedenen Verkehrsmittel sind nicht im Privatbesitz der Menschen, sondern werden von ihnen – je nach Bedarf – geteilt. Diese Massnahme soll zu einem flächeneffizienten Verkehr beitragen, weil Strecken mit jenem Verkehrsmittel zurückgelegt werden, das sich für den betreffenden Weg am besten eignet.

Vorstösse überschneiden sich mit Strategie des Kantons

Auf Anfrage sagt Korintha Bärtsch zu den drei Vorstössen: «Mit diesen Vorstössen zeigen wir bewusst, dass wir nicht grundsätzlich gegen das Auto sind. Sondern wir wollen aufzeigen, dass die zukünftige Mobilität multimodal ist – also vielseitig und vernetzt.»

Den Verkehr vermeiden, verlagern, vernetzen und verträglich gestalten. Dies besagt die 4V-Strategie, an der sich die Verkehrsplanung des Kantons in Zukunft orientieren wird (zentralplus berichtete). So steht es im Bericht zum Projekt «Zukunft Mobilität Luzern» (Zumolu), der die Grundsätze der Luzerner Verkehrsplanung der nächsten Jahrzehnte festhält. Doch wer meint, die Grünen rennen mit ihren Vorstössen darum offene Türen im Regierungsgebäude ein, irrt. Denn die Regierung ist skeptisch und lehnt zwei der drei Vorstösse ab. Einzig der Park-and-Ride-Vorstoss von Korintha Bärtsch soll teilweise erheblich erklärt werden.

«Der Regierung sollte bewusst sein, dass sie die Zumolu-Strategie auch irgendwie auf den Boden bringen muss.»

Korintha Bärtsch, Kantonsrätin Grüne

Das sorgt bei Bärtsch für Unverständnis: «Wir haben mit diesen drei Vorstössen Massnahmen vorgeschlagen, wie die Zumolu-Strategie umgesetzt werden kann. Dass die Regierung nicht darauf eingeht, ist schade.»

Was Bärtsch stört, ist, dass der Regierungsrat die Vorstösse ausgerechnet mit Verweis auf das Zumolu-Projekt ablehnt. Die Umsetzung von Zumolu müsse koordiniert angegangen werden, schreibt die Regierung. Darum sei es der falsche Zeitpunkt, jetzt verschiedene Einzelmassnahmen umzusetzen. Bärtsch kritisiert: «Die Regierung macht es sich gar einfach, indem sie immer auf Zumolu verweist.» Zumal dieses Projekt noch auf einer sehr hohen Flughöhe unterwegs ist. «Der Regierung sollte bewusst sein, dass sie die Zumolu-Strategie auch irgendwie auf den Boden bringen muss», führt die Kantonsrätin aus.

Kanton soll sich Stadt Luzern zum Vorbild nehmen

Als «nicht vorausschauend» bezeichnet Bärtsch dies. Denn die Massnahmen, die es brauche, um Zumolu umzusetzen, seien bekannt. Ebenso bekannt ist die Tatsache, dass es in der Verkehrspolitik nicht so weitergehen kann wie bisher. Immer mehr Menschen sind unterwegs, während die Infrastruktur nicht weiter ausgebaut werden kann – oder soll.

Besonders der Ansatz «Mobility as a Service» ist vor diesem Hintergrund sehr wichtig. Denn die Massnahme trägt zu einer flächeneffizienten Mobilität bei. Darum brauche es beim Kanton ein Umdenken, so Bärtsch: «Der Kanton soll Mobility as a Service finanziell fördern – wie er es beim Strassenbau und beim ÖV schon lange macht.»

Anders sieht das die Regierung. Sie erachtet es nicht als Aufgabe des Kantons, Sharing-Angebote zu finanzieren. Dies sei die Rolle von Transportunternehmen. Korintha Bärtsch erwidert: «Die Stadt Luzern finanziert seit Jahren das Veloverleihsystem «Nextbike», was zu einem deutlichen Anstieg der Velofahrten in der Stadt geführt hat.» Durch das Engagement der öffentlichen Hand seien also durchaus positive Effekte zu erwarten.

Dieses Jahr hat der Stadtrat beim Parlament weitere 2,3 Millionen Franken zur Finanzierung von «Nextbike» beantragt (zentralplus berichtete). Dass Stadt und Kanton verkehrspolitisch unterschiedlich ticken, ist derweil keine Neuigkeit.

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8 Kommentare
  • Profilfoto von Philipp
    Philipp, 27.12.2022, 21:43 Uhr

    Die Frage muss doch sein, warum der Individualverkehr in den letzten 30 Jahren so stark zugenommen hat. Es ist nicht weil immer mehr Leute denken ich fahr jetzt zum Spass ein bisschen mit dem Auto herum. Die meisten sind schlichtweg auf das Auto angewiesen. Die eigentliche Antwort ist simpel. Bevölkerungswachstum.
    Und sind wir mal ehrlich, die Bevölkerung wächst nicht etwa weil wir immer mehr Kinder kriegen. Auch als nicht SVP Wähler bin ich der Ansicht dass man nicht einfach immer mehr und mehr Leute in die Schweiz lassen kann und gleichzeitig die Infrastrukturen diverser Arten nicht ausbaut. Ganz egal ob es sich nun um Fachkräfte oder Flüchtlinge handelt.
    Und mal abgesehen davon, selbst wenn die Bevölkerung durch Geburten wachsen würde, gibt es Wege die Infrastruktur zu vergrössern. Aber nicht indem man immer mehr und mehr neue Häuser baut. Das ist definitiv der falsche Weg.
    Man sollte nicht neue Bauen sondern die vorhandenen Häuser nach oben ausbauen um mehr Wohnraum zu schaffen. Die 3. Dimension ist die einzige Lösung.
    So bleibt auch genug Platz am Boden für mehr Verkehrsinfrastruktur. Solange man aber an jede Strasse neue Häuser hinpflastert verunmöglicht man dies schon von Beginn an.
    Und jetzt fragt man sich ernsthaft warum der Platz nicht mehr reicht?
    Es uns allen sollte in den vergangen Jahrzehnten klar geworden sein, dass man zuerst eine Verkehrsplanung macht bevor man baut. Alles andere ist einfach nur dumm und kurzsichtig.

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  • Profilfoto von Barbara
    Barbara, 27.12.2022, 08:52 Uhr

    Ja was jetzt? Was genau verlangen diese Vorstösse? Und was genau ist die Antwort? Propaganda für die grünen Vorstösse?

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    • Profilfoto von psychomodo
      psychomodo, 27.12.2022, 09:15 Uhr

      Ja, alles nur Wahlpropaganda!!! Schliesslich stehen ja die Wahlen an.

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    • Profilfoto von Peter Bitterli
      Peter Bitterli, 27.12.2022, 09:38 Uhr

      Aber klar doch! Inhaltlich bloss Bevormundung, Verbote und warmer Geldregen für grüne Institutionen. Klientelpolitik für das eigene Elektorat, selbstgefällige Belehrung für das zurückgebliebene Fussvolk. Innovation gegen Null strebend.

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      • Profilfoto von PSCHT
        PSCHT, 27.12.2022, 10:49 Uhr

        Das dafür typische mimi in der Kommentarspalte darf natürluch nicht fehlen. Denn hier werden konstruktive Vorschläge wahrgenommen und umgesetzt. An Barbara und Peter Bitterli empfehle ich: Lest den Artikel nochmals genau durch. Die Vorschläge wollen das längst erkannte Problem des MIV in der Stadt und im Kanton zu lösen. Es kann nicht sein das wir aufgund von Bequemlichkeit andauernd im Stau stehen. Da geht mindestens so viel Geld flöten wie man für die lösungsorientierten Vorschläge benötigen würde. Nachdem wir nun alle wissen was Sie nicht wollen nun zum positiven. Was wollen Sie denn? Wie gehen wir die elende Verkehrsproblematik, hauptsächlich durch ineffiziente Autofahrten verursacht, ihrer Meinung denn an? Nichts tun? Weiter wie bisher und schauen wies die andern machen? Scheint mir keine zielführende und sicherlich keine effiziente Lösung. Ich bin offen für eure Vorschläge.

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      • Profilfoto von Urs Eggler
        Urs Eggler, 27.12.2022, 11:04 Uhr

        Wie Korintha Bärtsch es schon gesagt hat, braucht es ein Umdenken, beim Kanton und auch bei den beiden Kommentarschreibern. Die letzten 20 oder 30 oder wieviel Jahr auch immer haben gezeigt, dass es mit Frewilligkeit und gesundem Menschenverstand eben NICHT funktioniert und so müssen wir nun andere Lösungen finden, um den übermächtigen Autoverkehr in den Griff zu bekommen. Carsharing, Park and Ride etc sind da Ansätze, welche erfolgsversprechend sind ohne dass sie Verbote oder Bevormundungen darstellen, das hat Peter Bitterli noch nicht ganz erkannt. Und Barbara hält ja eh alle Vorschläge für überflüssig. Tja.

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        • Profilfoto von Nico
          Nico, 28.12.2022, 12:47 Uhr

          Man könnte das Wachstum im Verkehr ganz einfach stoppen indem man die Einwanderung stoppt. Dann würden auch die Mieten sinken und mehr Grünfläche übrig bleiben. Aber die SP/Grüne möchten lieber alles verbieten um schnell die 10 Mio Einwohnergrenze zu knacken…

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    • Profilfoto von Sandra
      Sandra, 27.12.2022, 10:07 Uhr

      Und was genau nervt Sie an diesen Vorstössen? Es ist doch politisches Tagesgeschäft, Vorstösse nach seinem Gusto einzureichen. Dafür wird man gewählt. Sie können sich gerne auch auf ein politisches Amt bewerben und dann Ihre eigene Politik voran treiben.

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