Fazit nach einem Jahr

Spartageskarte: Eine Gemeinde hat sie gar wieder gekübelt

Seit gut einem Jahr bietet die SBB ihr Angebot «Spartageskarte Gemeinde» an. (Bild: SBB CFF FFS)

Am neuen Angebot der SBB – der «Spartageskarte Gemeinde» – scheiden sich im Kanton Luzern die Geister. Das Fazit nach einem Jahr.

Seit gut einem Jahr haben die SBB ihr von der Kundschaft langjährig geschätztes Angebot – die Gemeindetageskarte – eingestampft. Die Nachfolgelösung – die «Spartageskarte Gemeinde» – sorgte in der Politik und den Verwaltungen für viel Gesprächsstoff.

Im Kanton Zug beispielsweise stellten alle elf Gemeinden die Spartageskarte aufs Abstellgleis (zentralplus berichtete). Doch scheint die Bevölkerung nicht allerorts mit diesem Entscheid einverstanden. In der Stadt Zug regt sich noch immer Widerstand gegen den damaligen Entscheid (zentralplus berichtete). Doch wie steht es heute um das neue SBB-Angebot im Kanton Luzern, ein Jahr nach der Einführung? zentralplus hat bei verschiedenen Gemeinden nachgefragt.

In der Stadt Luzern ist man mit SBB-Angebot zufrieden ...

Die Gemeinde Horw zählt zu den wenigen Gemeinden im Kanton Luzern, die sich mit der Spartageskarte angefreundet haben. Nach einem Jahr zieht Priska Schmid, Kommunikationsverantwortliche der Gemeinde Horw, eine positive Bilanz: «Die Verkaufsplattform ist benutzerfreundlich gestaltet und funktioniert reibungslos.» Auch der vielerorts kritisierte zusätzliche Aufwand halte sich in Grenzen.

Durchschnittlich nutzen 95 Personen im Monat das SBB-Angebot. Nahezu ausschliesslich Horwer beziehen die Spartageskarte. Auch die Luzern Tourismus AG stimmt positive Töne an. Sie übernimmt für die Stadt Luzern den Vertrieb der Spartageskarte.

«Das Angebot ist sehr beliebt und wir machen praktisch nur positive Erfahrungen», berichtet Sibylle Gerardi, Kommunikationsverantwortliche der Luzern Tourismus AG. Rund 420 Spartageskarten gehen beim Bahnhof Luzern monatlich über den Tresen.

...andernorts hagelt es Kritik

Unklarheiten gab es lediglich betreffend Rückgaberechten im Falle von Reiseunfähigkeit und bei einem allfälligen ausgeschöpften Kontingent der Stufe 1. Dann muss man nämlich einen höheren Preis bezahlen. Das Angebot passe jedoch bestens und der Vertrieb sowie die daran geknüpften Prozesse laufen gut, so Gerardi.

Andernorts scheint man das SBB-Angebot mit anderen Augen zu sehen. Die Gemeinde Meggen beispielsweise stellt sich entschieden gegen die Spartageskarte. Hier zieht unter anderem das Killerargument des administrativen Mehraufwands. Das Angebot sei unattraktiv, so der Gemeindeschreiber Reto Schöpfer.

Die Bevölkerung Meggens könne schlichtweg am Bahnhof Luzern eine Spartageskarte beziehen. So bestehe zurzeit kein Bedürfnis, die Spartageskarte auf der Gemeindeverwaltung anzubieten. Auch die Gemeinde Emmen habe ihre liebe Mühe mit dem neuen SBB-Angebot, wie Michael Schorta, Kommunikationsverantwortlicher der Gemeinde Emmen, gegenüber zentralplus erzählt.

Spartageskarte weniger attraktiv für Kundschaft als Vorgänger

Hier weht der Spartageskarte noch immer eisiger Gegenwind ins Gesicht. Sie sei durch die zwingende Personalisierung weniger attraktiv für die Kundschaft. Zudem müsse die Spartageskarte vor Ort erstanden werden. Die Gemeinde möchte ihre Dienstleistungen jedoch orts- und zeitunabhängig anbieten. Somit stünde das SBB-Angebot im Widerspruch zum Emmer Legislaturprogramm.

Die Stadt Sempach beobachte die Weiterentwicklung des Angebots. Insbesondere in Bezug auf die Möglichkeit eines digitalen Reservierungsprozesses, wie Stadtschreiber Adrian Felber klarstellt. Weder in Meggen noch in Emmen oder Sempach habe die Bevölkerung gegen die nicht existente Spartageskarte rebelliert.

Fehlender digitaler Bezugsweg als Kinderkrankheit

Dies könnte der Fall sein, weil die Bürgerinnen ihre Spartageskarten anderswo bezogen haben. Die Gemeinde Hochdorf kann von diesem Phänomen ein Liedchen singen. Hier habe man nach sieben Monaten entschieden, den Verkauf der Spartageskarten mit dem «heutigen ineffizienten System» einzustellen.

Grund dafür sei unter anderem, dass die Spartageskarten zum Grossteil von Personen weit über die Gemeindegrenzen von Hochdorf hinaus bezogen wurden. Der administrative Aufwand sei schlichtweg zu hoch, hiess es in der entsprechenden Mitteilung.

Die Kinderkrankheit der Spartageskarte scheinen viele Gemeinden klar zu diagnostizieren: Dem Angebot fehlt ein digitaler Distributionskanal. Würden die SBB diesen bereitstellen, so dürften sich Gemeinden wie Emmen, Meggen, Hochdorf oder die Stadt Sempach ernsthaft Gedanken über die Einführung der Spartageskarte machen.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Sibylle Gerardi, Kommunikationsverantwortliche der Luzern Tourismus AG
  • Schriftlicher Austausch mit Adrian Felber, Stadtschreiber der Stadt Sempach
  • Schriftlicher Austausch mit Michael Schorta, Kommunikationsverantwortlicher der Gemeinde Emmen
  • Schriftlicher Austausch mit Priska Schmid, Kommunikationsverantwortliche der Gemeinde Horw
  • Schriftlicher Austausch mit Reto Schöpfer, Gemeindeschreiber der Gemeinde Meggen
  • Mitteilung der Gemeinde Hochdorf
0 Kommentare
Aktuelle Artikel
Apple Store IconGoogle Play Store Icon