20 Jahre nach Abstimmung

So soll der Verkehr in Cham eingedämmt werden

Landschaftsarchitekt Adrian Ulrich hat am Siegerpojekt für das autoarme Cham mitgearbeitet. (Bild: ewi)

Mit der Eröffnung der Umfahrung Cham-Hünenberg wird das Chamer Zentrum autoarm. Nun steht das Siegerprojekt für die damit verbundene Zentrumsgestaltung fest. In Cham wird sich vieles verändern.

«Chom Jetzt!» – So heisst der Sieger des Projektwettbewerbs für die Ausgestaltung des autoarmen Chams. Die Massnahme ist direkt mit der Umfahrung Cham-Hünenberg verbunden, die in Cham eine Reduktion des Verkehrs von 40 bis 75 Prozent bewirken soll.

Deutlich weniger Verkehr

Der Projektname zaubert dem Zuger Kantonsingenieur Marc Amgwerd ein Lächeln ins Gesicht. Die Anspielung auf den Dorfnamen sowie Roger Federers berühmten Spruch zur Selbstmotivation hätten für den Tennisfan gereicht, um das Projekt zum Sieger des Wettbewerbs zu küren. Das erklärt er strahlend den rund 50 Personen, die der Vernissage des Projekts im Mandelhof in Cham am Dienstagabend beiwohnen.

Für die Jury sprachen jedoch andere Gründe als der Name. Wobei diese Gründe aus den Reden von Gemeinderat Drin Alaj, Kantonsingenieur Amgwerd, Jurypräsident Rainer Klostermann und Jurymitglied Stefan Rotzler nur teilweise hervorgehen.

Betonbänder als tragendes Element

Adrian Ulrich ist Landschaftsarchitekt beim Zürcher Büro Cyclus. Sein Büro ist Teil des Siegerprojekts, gemeinsam mit einem Architektur- und einem Verkehrsbüro sowie einem Büro für städtebauliche Fragen.

Im Gespräch erklärt Ulrich, dass das tragende Element des Siegerprojekts in Form von 60 Zentimeter breiten Betonbändern liegt. Diese hellen Bänder trennen künftig den Strassenraum optisch vom Trottoir, welche beide dunkel asphaltiert sind. Speziell an dieser Gestaltung ist, dass Strasse und Trottoir auf derselben Höhe sind. «Damit wollen wir die trennende Wirkung der Strasse verkleinern», erklärt Ulrich.

Anstatt eines höher gelegenen Trottoirs und einer tiefer versetzten Strasse gibt es so eine einheitliche Fläche. Diese Strassenplanung kennt man beispielsweise vom Horwer Zentrum, wo Fussgängerinnen und Autos ebenfalls auf derselben Höhe unterwegs sind. Auch im Zentrum der Gemeinde St.-Imier im Berner Jura ist der Strassenraum ähnlich gestaltet.

Im Zentrum gilt neu Tempo 30

Sämtliche Strassen im Chamer Zentrum sind in Zukunft 6,5 Meter breit, sodass sich Busse oder Lastwagen noch kreuzen können. Gleichzeitig wird damit links und rechts der Strasse deutlich mehr Raum frei. Dieser kann als Aufenthaltsort mit Bänken, Grünflächen und Bäumen oder Boulevardflächen für Restaurants genutzt werden.

Im autoarmen Zentrum soll dereinst überall Tempo 30 gelten. Die beiden Kreisel im Zentrum werden zugunsten von Kreuzungen mit Rechtsvortritt aufgehoben. Auch das schafft zusätzliche Freiräume, da Kreuzungen wesentlich weniger Platz brauchen als Kreisel.

«Ohne Parkplätze hätte man zwar ein autoarmes, aber lebloses Zentrum.»

Adrian Ulrich, Landschaftsarchitekt Büro Cyclus

Die Plätze im Zentrum, namentlich Rigi-, Kirch- und Dorfplatz, werden mit zusätzlichen Bäumen, Bänken und Spielflächen aufgewertet. Zudem erhalten alle einen neuen Belag, zum Beispiel aus Pflastersteinen, um ihren Charakter als Platz hervorzuheben.

Dem Durchgangsverkehr droht saftige Busse

Wesentlicher als die Gestaltung des Strassenraums dürfte für das autoarme Chamer Zentrum die Massnahme sein, mit welcher der Durchgangsverkehr aus dem Dorf verbannt wird. Dazu stellt der Kanton an allen Zu-, respektive Ausfahrten des Zentrums optisch erkennbare Pforten auf. Diese erfassen die Nummer eines Autos, wenn es ins Zentrum hinein- und wieder hinausfährt.

Vergehen zwischen der Ein- und der Ausfahrt weniger als zehn Minuten, erhält die Autofahrerin eine Busse von 100 Franken. Mit dieser Massnahme wollen Kanton und Gemeinde sicherstellen, dass nur noch jene ins Zentrum fahren, die sich auch für eine Weile dort aufhalten (zentralplus berichtete).

Eine vergleichbare Massnahme gibt es an keinem anderen Ort. Cham übernimmt somit eine Pionierrolle. Man will damit weiter gehen als beispielsweise Horw. Dort zeigt sich, dass die Verkehrsbelastung im Zentrum mit einem neugestalteten Zentrum und Tempo 30 nicht automatisch abnimmt. Staut es auf der Umfahrungsstrasse, weichen viele Autofahrer trotzdem wieder auf die Durchfahrt durchs Zentrum aus.

Kein revolutionäres, dafür ein umsetzbares Projekt

Letztlich zeichnet das die Stärke des Siegerprojekts «Chom Jetzt!» aus, wie Landschaftsarchitekt Adrian Ulrich sagt. Es sei nicht revolutionär, dafür praktikabel. Andere Projekte seien mutiger gewesen, hätten deutlich mehr Bäume oder viel weniger Parkplätze vorgeschlagen. «Doch die Umgestaltung des Zentrums muss in der Bevölkerung auf Akzeptanz stossen.»

Zu viele Bäume könnten den Strassenraum zu stark einschränken. Und würden zu viele Parkplätze aufgehoben, wäre die soziale Akzeptanz nicht mehr garantiert, sagt Ulrich. «Ohne Parkplätze hätte man zwar ein autoarmes, aber lebloses Zentrum.» Das Gewerbe und das Leben im Dorf seien auf die Parkplätze angewiesen. Darum sieht es das Projekt vor, alle 55 öffentlichen Parkplätze im Dorfzentrum zu erhalten – wenn auch teilweise an neuen Standorten.

20 Jahre seit Abstimmung

Schliesslich würdigt auch die Jury, dass «Chom Jetzt!» eine gute Ausgangslage sei, um das neue Zentrum weiterzuplanen. Die Details der Umgestaltung sollen nun im Mitwirkungsverfahren ausgearbeitet werden, bei dem die Bevölkerung mitreden kann. Diese Veranstaltung findet am 28. März statt. Laufen die Bauarbeiten nach Plan, ist die Umfahrung Cham-Hünenberg 2027 fertig. Seit dem Ja an der Urne zum Megaprojekt werden dann 20 Jahre vergangen sein.

Verwendete Quellen
  • Besuch der Vernissage
  • Gespräch mit Adrian Ulrich und Marc Amgwerd
  • Informationen zu «Chom Jetzt!»
  • Informationen zur Umfahrung Cham-Hünenberg
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