So will der Verkehrsverbund die Buslinie 1 retten
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Die Linie 1 ist Sorgenkind und Prunkstück zugleich im Luzerner Busverkehr. Wie die Linie trotz wachsender Nachfrage attraktiv bleibt, zeigt nun ein Bericht auf.
Die Zahlen, die der Verkehrsverbund Luzern (VVL) in seiner Studie «Bus 2040» präsentiert, sind eindrücklich. Die Linie 41 zwischen Reussbühl und Littau wird bis 2030 zu den Hauptverkehrszeiten zu 180 Prozent überlastet sein. Die Linien 50 und 52 zwischen Rothenburg und Emmenbrücke zu 120 Prozent.
Überlastet bedeutet in diesem Zusammenhang nicht, dass bloss alle Sitzplätze besetzt sind. Sondern eine Auslastung von 100 Prozent bedeutet nicht nur, dass jeder Sitzplatz besetzt ist – sondern zusätzlich zwei Passagiere pro Quadratmeter stehen. Bei einer Auslastung von 120 Prozent quetschen sich also elf Personen auf eine Stehfläche von fünf Quadratmetern.
Doch nicht nur in der Agglomeration werden die Busse in den nächsten Jahren überlastet sein. Auch in der Stadt Luzern drohen auf der Linie 24 übervolle Busse. Oder natürlich auf der Linie 1 auf mehreren Abschnitten zwischen dem Schlossberg und dem Paulusplatz.
Studie zeigt auf, wie Linie 1 attraktiver wird
Die Linie 1. Sie ist im Luzerner Busverkehr Prunkstück und Sorgenkind zugleich. 13 Kilometer misst die Strecke von der einen Endstation in Obernau bis zur anderen in Ebikon Fildern. An 39 Haltestellen hält der Bus auf diesem Weg. Und allein 13 Millionen Franken haben sich die VBL die Verlängerung der Fahrleitung vom Maihof bis Ebikon Fildern kosten lassen. Auf keiner Linie im Kanton Luzern fahren mehr Passagiere.
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Acht Millionen sind es pro Jahr, Tendenz steigend. Und das ist zugleich das Problem. Zu den Stosszeiten sind die Busse regelmässig überlastet und verspätet. Wer an einem regnerischen Tag um 8 Uhr morgens schon mal von Kriens nach Luzern gefahren ist, weiss, wie es ist, sich zu viert einen Quadratmeter Platz zu teilen. Und damit die Attraktivität des Steckenpferdes nicht weiter leidet, sieht der VVL Handlungsbedarf.
Dies zeigt der VVL in der Studie «Bus 2040» auf. Dort schildert er die mittel- und langfristige Zukunft des Busverkehrs in Luzern. Also vor, während und nach dem Bau des Durchgangsbahnhofs (DBL). Auf der Linie 1 gibt es schon heute Kapazitätsengpässe, insbesondere seitdem die beiden Rontal-Linien 22 und 23 nicht mehr in die Stadt fahren. Zwar hat der VVL auf die sprunghafte Zunahme der Passagiere reagiert und stellt während den Stosszeiten Zusatzkurse zwischen dem Maihof und dem Bahnhof Luzern bereit. Allerdings fahren diese ab dem Luzerner Bahnhofplatz und werden darum als Ersatzbusse zu wenig wahrgenommen, wie die Studie festhält.
Zwei neue Buslinien zur Unterstützung der Linie 1
Die Autoren der Studie schlagen darum vor, dass zwei weitere Buslinien die Linie 1 mittelfristig unterstützen sollen. Es sind dies die Buslinien 4 und 73. So fährt die Linie 4 künftig vom Luzerner Hubelmatt wie bisher zum Bahnhof Luzern und von dort weiter bis zum Maihof. Dieser Bus soll im 7,5-Minuten-Takt fahren. Die Linie 73 wiederum verkehrt künftig von Adligenswil bis zur Busschleife in Kriens. Dieser Zusatzkurs soll im Viertelstundentakt unterwegs sein.
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Im Gegensatz zum bisherigen Zusatzkurs bietet diese Lösung einen einfachen Vorteil: Die Busse halten am Bahnhof an denselben Haltestellen wie die Linie 1. Diese garantieren gemäss Studie eine gleichmässigere Verteilung der Passagiere am Bahnhof Luzern. Das Sardinengefühl im «1er» wäre somit Geschichte. Zudem müssen mit dieser Variante weniger Linien auf dem Bahnhofplatz Luzern wenden. Aus Sicht der Studie ist das vor allem während der Bauphase des DBL ein Vorteil, weil die Platzverhältnisse rund um den Bahnhof dann eingeschränkt sein werden.
Diese Pläne sind bereits bis spätestens 2026 umsetzbar – vorausgesetzt, es stehen genügend Busse zur Verfügung. Der VVL rechnet damit, dass dafür sechs bis acht zusätzliche Gelenkbusse notwendig sind.
«Eine rasche Realisierung von Massnahmen zur Bevorzugung der Busse ist wichtig für einen pünktlichen und leistungsfähigen ÖV.»
Luzia Frei, Mediensprecherin VVL
Nach dem Bau des DBL soll die Linie 1 zu den Stosszeiten dann im Vier-Minuten-Takt zwischen Kriens und Maihof unterwegs sein. Das entspricht fast einer Verdoppelung des heutigen Sieben-Minuten-Takts. In Fahrtrichtung Ebikon wird die Buslinie zusätzlich entlastet, weil wesentlich mehr Züge als heute ins Rontal fahren.
Busse müssen bevorzugt werden
Dass die Kapazität der Linie 1 ausgebaut werden muss, leuchtet ein. Doch mit zusätzlichen Kursen ist es noch nicht getan. Schliesslich bringt es den Pendlerinnen wenig, wenn sie im Bus zwar sitzen können, dieser aber im Stau stecken bleibt. Darum ist auch dem VVL klar, dass es nebst dem Ausbau des Angebots auch infrastrukturelle Massnahmen zur ÖV-Förderung braucht. Spektakulär ist die Vision eines neues Bushofs im Osten des Bahnhofs und Buslinien, die neu übers Inseli und die Rösslimatt fahren (zentralplus berichtete).
Wesentlich konkreter aber ist die Forderung nach weiteren Massnahmen zur Bevorzugung der Busse. Dazu gehört auch ein Ausbau der Infrastruktur. VVL-Sprecherin Luzia Frei hält fest: «Eine rasche Realisierung von Busbevorzugungsmassnahmen ist wichtig für einen pünktlichen und leistungsfähigen ÖV.»
Zu diesem Zweck erarbeitet der VVL derzeit eine weitere Studie zur «Beschleunigung des Bussystems». Die Resultate jener Studie liegen noch nicht abschliessend vor, doch erste Erkenntnisse gibt es bereits. Demnach sei das Potenzial einer konsequenten Busbevorzugung sehr gross.
Umsetzung der Busbevorzugung stockt
Separate Busspuren, sogenannte elektronische Busspuren (zum Beispiel auf der Spitalstrasse) oder Dosierampeln. Das Repertoire möglicher Massnahmen ist gross. Doch gerade das letzte Beispiel zeigt, wie schwer es solche bei deren Umsetzung haben. Seit die Stadt Luzern im Sommer mehrere Dosierampeln zur Förderung des ÖV auf den Hauptstrassen installiert hat, hagelt es Kritik (zentralplus berichtete).
Und nicht zuletzt sorgt auch das Thema Tempo 30 in diesem Zusammenhang für Schlagzeilen. Denn bislang ist unklar, wie sich die zunehmende Einführung von Tempo-30-Zonen auf die Pünktlichkeit des ÖV auswirken wird. Die Verkehrsbetriebe Zürich befürchten beispielsweise Folgekosten in Millionenhöhe. Nun liefert die Bus-Studie weitere Erkenntnisse zu dieser Frage: «Es zeigt sich, dass in der Stadt und Agglomeration Luzern selbst mit Berücksichtigung von flächendeckend Tempo 30 im Siedlungsgebiet ein erhebliches Effizienzsteigerungspotenzial im Vergleich zur heutigen Situation besteht.»
Dass wegen dieser Erkenntnis jetzt überall neue Tempo-30-Zonen und Massnahmen zur Busbevorzugung entstehen, ist dennoch zu bezweifeln.
- Studie «Bus 2040»
- Schriftlicher Austausch mit Luzia Frei
- Artikel der «Luzerner Zeitung»
- Linienplan VBL