Mit Enteignung? Stadt Luzern schliesst Lücke im ÖV-Netz
Eine der letzten Lücken im ÖV-Netz der Stadt Luzern liegt in Reussbühl und soll nun definitiv geschlossen werden. Darum könnte es zu Enteignungen kommen.
Ob während der dreiwöchigen Auflagefrist Einsprachen gegen die Pläne im Quartier Staffeln eingegangen sind, kann das Tiefbauamt der Stadt Luzern auf Anfrage nicht sagen. Der zuständige Projektleiter befindet sich in den Ferien.
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Möglich wäre es jedoch. Denn damit die Stadt Luzern eine «der letzten Lücken» im ÖV-Netz schliessen könne, wie sie selbst sagt, müssten Private in Reussbühl Land abgeben. Enteignungen könnten dafür nötig werden. Das verraten die Unterlagen zur ÖV-Erschliessung und Sanierung der Waldstrasse, deren Auflage diese Woche endete.
Für 6,5 Millionen Franken gibts Bushaltestellen und neue Strasse
Das Quartier rund um die Obermättli-, Eichen- und Waldstrasse in Reussbühl war lange vom Busverkehr abgeschnitten. 2020 verlängerte die Stadt die Buslinien 42 und 43 und richtete provisorische Haltestellen ein. Vergangenes Jahr hiess es dann, aus dem Pilotprojekt solle Dauerzustand werden.
Dafür will die Stadt ab Frühling 2025 die Bushaltestellen Waldstrasse, Obermättlistrasse und Eichenstrasse hindernisfrei ausgestalten. Ausserdem sollen die Höhenstrasse, die Waldstrasse und die Heiterweid saniert, neue Übergänge für Fussgängerinnen markiert und neue Signale eingerichtet werden (zentralplus berichtete).
Zusätzlich werden Flächen entsiegelt und neue Grünflächen geschaffen – ganz nach dem Prinzip Schwammstadt, bei dem möglichst viel Regenwasser versickern soll. Der Kreisel Staffeln und der hindernisfreie Ausbau der Bushaltestelle «Staffeln Schulhaus» werden später angegangen. Zwei Sonderkredite in Gesamthöhe von 6,5 Millionen Franken hat der Grosse Stadtrat im Herbst 2023 bewilligt.
Sieben Grundeigentümer sollen Land abgeben
Auch privates Land ist von den Planungen betroffen. Dies zeigt ein Grunderwerbsplan, den die Stadt ebenfalls öffentlich aufgelegt hat. Sieben Eigentümer sollen einen Teil ihres Grundes für das Bauprojekt in Form einer «Dienstbarkeit» abgeben. Die Flächen haben Grössen zwischen 4 und 48 Quadratmetern.
In ähnlich gelagerten Fällen erheben betroffene Eigentümer regelmässig gegen Projekte der Stadt Einsprachen. So etwa beim geplanten Veloweg zwischen Neustadtstrasse und Zentralstrasse (zentralplus berichtete). Wenn die Verhandlungen über Entschädigungen missglücken, kann die Stadt den Enteignungsweg wählen.
Ob Einsprachen auch in diesem Fall eingingen, ist, wie anfangs erwähnt, unklar.
Klar aber ist, dass die Stadt Luzern auf eine mögliche Enteignung vorbereitet ist. Für das Strassenprojekt in Reussbühl hat das Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement des Kantons eine mögliche Enteignung von Eigentümern vorgeprüft, wie ein anderes Dokument aus der Auflage zeigt.
Das Ergebnis: «Der mit dem Strassenbau verbundene Eingriff in private Rechte der betroffenen Grundeigentümer erscheint nicht als unverhältnismässig», so der Kanton. Denn mit dem Projekt lasse sich die Verkehrssicherheit verbessern. Bedeutet: Damit die Stadt Luzern eine ihrer letzten Lücken im ÖV-Netz schliessen kann, scheinen Enteignungen rechtlich durchsetzbar.
hat Politikwissenschaften, Philosophie und Wirtschaft studiert und an der Universität Luzern zur Mobilität von Gesetzen geforscht. Seit 2022 bei zentralplus, zuständig für die Ressorts Bauen&Wohnen und Verkehr&Mobilität. Parallel absolviert er die «Diplomausbildung Journalismus» am MAZ Luzern.