Manuela Weichelt: «Eine Milliarde für die Katze im Sack»
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Jetzt schaltet sich Manuela Weichelt (ALG) in den Tunnelabstimmungskampf ein. Im Interview erklärt die Zuger Nationalrätin ihre Lösung des Verkehrsproblems. Und bekräftigt Vorwürfe an die Stadt und den Kanton Zug.
Wenn Zug am 3. März an der Urne über die Umfahrungstunnel in Unterägeri und der Stadt Zug entscheidet, legen sich Weichen für Jahrzehnte. Die beiden Megaprojekte sollen die Zentren der Gemeinden vom Verkehr entlasten, kosten aber über eine Milliarde Franken.
Gegner befürchten, dass die Tunnel das Auto als Fortbewegungsmittel der Zukunft zementieren. Im zentralplus-Interview deckt die Zuger Nationalrätin Manuela Weichelt (ALG) ihnen den Rücken.
zentralplus: Sie leben in der Stadt Zug. Fahren Sie mit dem Auto ins Zentrum?
Manuela Weichelt: Nein, ich habe gar kein Auto. Ich benutze aber Mobility, falls ich mal Möbelstücke transportieren muss. Oder zum Ökihof fahre.
zentralplus: 20’000 Fahrerinnen sehen das anders – so viele Fahrzeuge fahren gemäss der Stadt Zug täglich im Zentrum. Könnte ein Tunnel nicht Abhilfe schaffen?
Weichelt: Diese Zahl ist grosszügig aufgerundet. Fakt ist, dass der motorisierte Verkehr in der Stadt Zug seit zehn Jahren abnimmt. Ich fahre mehrmals pro Tag mit dem Velo in die Stadt und erlebe den Verkehr als kein grosses Problem. Es gibt wenig Rushhour. Und selbst dann ist der Stau im Vergleich zu anderen Städten gering.
«Auch schon bei der Abstimmung zur Tangente im Jahr 2009 hat sich der Kanton mit der Verkehrsprognose vertan.»
zentralplus: Tatsächlich nimmt der Verkehr im Zentrum ab. Das sorgte vor Kurzem für einen Aufreger (zentralplus berichtete). Haben die Behörden schlecht kommuniziert?
Weichelt: Ja. Ich finde, das war keine transparente Kommunikation von Stadt und Kanton. Der Vorwurf ist berechtigt.
zentralplus: Die Zuger Regierung reagierte mit dem Verweis auf das kantonale Verkehrsmodell. Es prognostiziert eine Zunahme des Verkehrs bis 2040. Zweifeln Sie daran?
Weichelt: Auch schon bei der Abstimmung zur Tangente im Jahr 2009 hat sich der Kanton mit der Verkehrsprognose vertan. Laut Vorhersagen hätten 2019 doppelt so viele Fahrzeuge über die Baarer- und Ägeristrasse rollen sollen, als das der Fall war.
zentralplus: Was würden Sie denn gegen die verstopfte Neugasse machen?
Weichelt: Ich würde die parallele Zeughausgasse endlich autofrei machen, damit eine Fussgängerzone entstehen kann. Und den ÖV ausbauen. Als die S-Bahn eingeführt wurde, war Zug ein Musterkanton. Heute fährt sie nur halbstündlich – das ist wirklich Steinzeitalter. Es gibt Quartiere, die nach 20 Uhr keinen ÖV haben und sonntags nur einmal pro Stunde einen Bus. Wer nicht gut zu Fuss oder mit dem Velo ist, wird zum Auto gezwungen.
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zentralplus: Kürzlich erschien ein Leserbrief von Ihnen, nun dieses Interview. Warum wollen Sie als Nationalrätin in dieser kantonalen Abstimmung öffentlich Stellung beziehen?
Weichelt: Das hat zwei Gründe. Erstens bin ich als Einwohnerin der Stadt Zug direkt betroffen. Zweitens hat mich ein Mann aus dem Ägerital an einem Kongress in Zürich zum Nachdenken gebracht. Er sagte: «Der Kanton möchte eine Milliarde Franken in Tunnelbauten stecken. Er sollte das Geld in bessere Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen investieren.» Das hat mich beschäftigt.
zentralplus: Wie meinen Sie das?
Weichelt: Ich habe mir die Tunnelpläne angeschaut und musste feststellen: Die Bevölkerung würde für eine Milliarde Franken die Katze im Sack kaufen. Nur 25 Prozent des Verkehrs im Zuger Zentrum ist Durchgangsverkehr. Die übrigen Autos fahren in die Stadt.
«Häufig höre ich, das Geld könne besser genutzt werden.»
zentralplus: Die Zahl bestätigt die Regierung. Sie meint trotzdem, den Verkehr in Zugs Zentrum durch den Tunnel um drei Viertel reduzieren zu können.
Weichelt: Dann verlagert er sich in Wohnquartiere wie Zug West und ins Guthirt-Quartier. Das wird eine riesige Belastung. Dazu kommen jahrelange Grossbaustellen in der Stadt und Zehntausende Lastwagenfahrten für das Ausbruchsmaterial.
zentralplus: Wie findet Ihr Bekanntenkreis die geplanten Tunnelprojekte?
Weichelt: Mein Umfeld ist sehr kritisch eingestellt. Nicht nur politisch Linke, sondern Bürger und Bürgerinnen der Stadt Zug und des Ägeritals. Häufig höre ich, das Geld könne besser genutzt werden.
zentralplus: Wofür denn?
Weichelt: Für bezahlbaren Wohnraum, die Reduktion der Krankenkassenprämien und den Fachkräftemangel im Gesundheitsbereich: Dort sollte der Kanton Zug eine Milliarde Franken investieren. Das würde der ganzen Bevölkerung etwas bringen.
- Telefonat mit Manuela Weichelt
- zentralplus Medienarchiv
- Website umfahrungen.ch