Luzern zügelt Bushaltestelle und enteignet dafür Private
Die Stadt Luzern baut die Bushaltestelle Büttenen barrierefrei um. Dafür müssen die Haltestellen gezügelt werden – und Private auf ihre Parkplätze verzichten. Dagegen regt sich Widerstand.
Am äussersten Zipfel der Stadt Luzern, im Gebiet Büttenen, können sich Eltern mit Kinderwagen, Seniorinnen mit Gehhilfen und Rollstuhlfahrer freuen: Bald sollen ihre Bushaltestellen barrierefrei sein. Damit holt die Stadt Luzern ein Versäumnis nach: Eigentlich sollte das ÖV-Netz nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (BehiGe) seit Anfang Januar schweizweit barrierefrei sein. In der Praxis harzt der Umbau allerdings gewaltig (zentralplus berichtete).
Getreu dem Motto «Gut Ding will Weile haben» baut die Stadt ihre Haltestellen Stück für Stück um (zentralplus berichtete). Gemäss einem bis Montag öffentlich aufgelegenen Plan ist die Bushaltestelle Büttenen als nächste dran. Doch die Pläne haben einen Haken: Für den geplanten Umbau werden Private enteignet. Acht Parkplätze gehen verloren, wovon die Stadt Luzern nur vier an anderer Stelle kompensiert.
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Denn: Um die beiden Haltestellen barrierefrei umzubauen, muss die Stadt Luzern sie zügeln. Am heutigen Standort können sie nicht bleiben, da sie in einer Kurve liegen. Damit eine Haltestelle als barrierefrei gilt, darf der Zugang zum Trottoir nicht zu steil sein, zudem sollte die Kante 22 Zentimeter hoch sein, damit sie ebenerdig mit den Türen des Busses liegt. Bei den momentanen Standorten könnten diese Bedingungen nicht eingehalten werden, heisst es im technischen Bericht dazu.
Es stand zur Diskussion, die Bushaltestelle ganz zu streichen, da die Haltestellen Eggen nur knapp 300 Meter und Büttenenhalde gar nur rund 200 Meter entfernt sind. Wegen der Nähe zum Schulhaus und dem «relativ grossen Einzugsgebiet» beschloss die Stadt jedoch, an der Haltestelle Büttenen festzuhalten.
Gemäss Bestvariante der Stadt Luzern wandert die Bushaltestelle stadteinwärts künftig Richtung Osten, vors Schulhaus Büttenen. Die Bushaltestelle in Richtung Wendeschlaufe soll hingegen Richtung Westen zwischen die Einfahrten für die Büttenenstrasse 12 und 14 verschoben werden – mitten auf die heutigen Privatparkplätze. Dahinter will die Stadt einige Bäume pflanzen. Zudem plant sie einen Fussgängerstreifen samt Mittelinsel, damit Kinder die Strasse sicherer überqueren können.
Bei diesem Projekt verliert die Stockwerkeigentümerschaft der Büttenenstrasse 12 und 14 – fast 80 verschiedene Parteien – voraussichtlich acht Parkplätze. Allerdings will die Stadt Luzern am heutigen Standort der Haltestelle nach deren Abbruch vier neue Parkplätze bauen.
Wie der zuständige Projektleiter der Stadt Luzern, Pascal Ruedin, auf Anfrage schreibt, seien die betroffenen Grundeigentümer erstmals im Herbst 2022 über die Pläne informiert worden. Sie kamen nur mässig gut an. Auf Wunsch der Grundeigentümerinnen habe die Stadt Luzern im Nachgang verschiedene Impulse und weitere Varianten geprüft, wie Ruedin ausführt. «Diese Ideen mussten aber grösstenteils verworfen werden.»
So beispielsweise, dass die Bushaltestelle bleibt, wo sie ist – jedoch verlängert und begradigt wird. Doch gemäss der Stadt Luzern gingen so tendenziell mehr Parkplätze verloren als heute, weswegen sie diese Varianten verworfen hätte, wie es im technischen Bericht heisst. Neu wären zudem auch Parkplätze der Büttenenstrasse 16 betroffen.
Auch eine Variante, bei der der Fussgängerstreifen etwas weiter östlich gebaut werden soll, überzeugte die Stadt Luzern nicht. Hier lautet ihr Argument ebenfalls: Vermutlich würde die Eigentümerschaft bei dieser Option noch mehr Parkplätze verlieren. Hinzu käme, dass die Strasse deutlich enger würde, womit das Kreuzen für Busse und Autos deutlich schwieriger würde.
Kurz: Die Stadt will an ihren Plänen festhalten. Das Projekt sei jedoch «leicht optimiert» worden, so Ruedin. Eine Zufahrt wird etwas weniger weit verschoben, die Strasse bei der Haltestelle etwas verschmälert, damit weniger Land von Privaten beansprucht wird.
Eine Einsprache gegen das Projekt
Grünes Licht erhält die Stadt Luzern seitens Kanton. Weil das Projekt allenfalls eine Enteignung beinhaltet, wurde dieses durch die zuständige kantonale Dienststelle vorgeprüft. Die Dienststelle Verkehr und Infrastruktur (Vif) beurteilt dieses in den Dokumenten als «recht- und zweckmässig». Die Verbesserung der Verkehrssicherheit sowie die Umsetzung des Behindertengleichstellungsgesetzes entspreche einem öffentlichen Interesse, was die Voraussetzung für eine Enteignung sei. Eine Enteignung erscheine nicht «unverhältnismässig». Jedoch hält die Vif fest, dass sich dies je nach Erkenntnissen aus dem Einspruchsverfahren noch ändern könnte.
Und wie Pascal Ruedin auf Anfrage bestätigt, sei gegen das Projekt eine Einsprache eingegangen. Von wem, darf die Stadt nicht sagen. Auch die betroffene Stockwerkeigentümerschaft will sich auf Anfrage nicht äussern. Die Stadt Luzern will die Einsprache jedoch möglichst zeitnah behandeln, wenn möglich noch in diesem Jahr.
Denn gemäss Plan sollen bereits im Frühling 2025 die Bagger auffahren. Dauern sollen die Bauarbeiten rund drei bis vier Monate, wobei jeweils eine Bushaltestelle aufs Mal verschoben wird. Während dieser Zeit führt die Stadt den Verkehr einspurig mithilfe einer provisorischen Ampel. Kosten solle das Projekt rund 550’000 Franken, so Ruedin. Die halbe Million wird über einen Sonderkredit von rund 39,7 Millionen Franken bezahlt, den die Stimmbevölkerung am 31. Mai 2019 gutgeheissen hat.
Schreibt über alles, was Luzern und Zug aktuell beschäftigt. Im ländlichen Luzern aufgewachsen, hat sie beim «Entlebucher Anzeiger» ihre Begeisterung für Lokaljournalismus entdeckt. Nach einem Studium in Medienwissenschaften und Englisch ist sie seit September 2021 bei zentralplus. Nebenbei absolviert sie derzeit die Diplomausbildung Journalismus am MAZ.