Ewiger Zankapfel

Krienser Velo-Zukunft weist sich an der Schachenstrasse

Peter Stofer an der Schachenstrasse. Diese soll zur Velohauptroute werden, fordert er. (Bild: ewi)

Kriens soll ein neues, sicheres Veloweg-Netz erhalten. Dabei werden die Schachen- und die Amlehnstrasse zu neuen Velohauptrouten. Dagegen regt sich Widerstand – einmal mehr.

Kriens und der Verkehr: Eine Kombination, die in den vergangenen Jahren überhaupt nicht harmonierte. Wie viele andere Agglogemeinden kämpft auch Kriens mit täglichen Staus, oft mitten im Zentrum.

Wenn es auf der Luzernerstrasse staut, werden die Schachen- und die Amlehnstrasse zu beliebten Ausweichrouten. Die beiden Strassen laufen parallel zur Hauptstrasse und führen von der Luzerner Stadtgrenze beim Eichhof bis mitten ins Krienser Zentrum zum Bell-Areal. Bis zu 8'000 Autos fahren hier täglich durch.

Schachenstrasse als Zünglein an der Waage

Doch die beiden Strassen sind nicht nur bei Autofahrerinnen als Ausweichrouten beliebt. Insbesondere Velofahrer benutzen sie als direkte Verbindung zwischen Kriens und Luzern. Rund 2'000 Velos pro Tag zählen die Zählstellen in den Sommermonaten. Doch die Strassen sind eng, mit zahlreichen Fussgängerstreifen unübersichtlich und besonders zu Stosszeiten stark befahren. Eine sichere Veloroute sieht anders aus.

Die Amlehn- und Schachenstrasse (rot) führen parallel zur Luzernerstrasse (grün) vom Eichhof bis ins Krienser Zentrum. (Bild: Google Maps)

Doch genau dies soll die Verbindung werden – zumindest, wenn es nach den Ansichten von Pro Velo Luzern geht, den Initianten hinter der Krienser Velonetz-Initiative (zentralplus berichtete). Diese ist ein Pendant zur Veloinitiative in Luzern, deren Gegenvorschlag im Mai 2022 vom Stimmvolk deutlich angenommen wurde (zentralplus berichtete). Auch der Krienser Stadtrat hat einen Gegenvorschlag zur Initiative erarbeitet. Das Krienser Parlament hat in erster Lesung bereits darüber beraten. Und dort hat sich gezeigt, dass gerade die Schachen- und die Amlehnstrasse ausschlaggebend werden könnten.

SVP kämpft seit Jahren gegen Massnahmen an der Schachenstrasse

Denn die SVP stellt sich sowohl gegen die Initiative als auch gegen den Gegenvorschlag. SVP-Einwohnerrat Patrick Koch bezeichnet diesen als «Mogelpackung», der die Anliegen der Initiative nicht entschärfe: «Für die SVP steht fest, dass der Stadtrat mit der Initiative und/oder dem Gegenvorschlag zum Hauptziel hat, die Schachen- und Amlehnstrasse zu kastrieren», schreibt Koch auf Anfrage. Und fährt fort: «Ein Abwürgen des motorisierten Verkehrs auf dieser wichtigen Entlastungsstrasse führt zwangsläufig zu einem regionalen Verkehrschaos zu den Hauptverkehrszeiten.»

«Seit 2011 wurden auf diesem Strassenabschnitt 28 Verkehrsunfälle mit Fahrradbeteiligung registriert. Dringender Handlungsbedarf ist damit ausgewiesen.»

Peter Stofer, Einwohnerrat Grüne

Dabei verweist er auf verschiedene Vorfälle, als die beiden Strassen vorübergehend gesperrt werden mussten. Beispielsweise bei einem Grossbrand 2016 (zentralplus berichtete). Oder bei einem Tötungsdelikt im Jahr 2013. «Der Verkehr brach in Luzern-Süd grossräumig zusammen. Damit wäre die grosse Bedeutung einer durchgehenden Schachen- und Amlehnstrasse in der Praxis als beste Stauprävention bewiesen.»

SVP-Einwohnerrat Patrick Koch kämpft gegen die Velonetz-Initiative. (Bild: Stadt Kriens)

Dass die SVP die Velonetz-Initiative auf die Amlehn- und die Schachenstrasse reduziert, ist kein Zufall. Denn dass aus den Abschnitten eine Veloroute werden soll, war in Kriens vor zehn Jahren bereits Thema. Mit einer Initiative forderten die Jungen Grünen damals, die beiden Strassen für den Durchgangsverkehr zu sperren, damit sie für Velos sicherer werden. Der Gegenvorschlag des damaligen Gemeinderats schwächte die Forderung zwar ab – und blieb trotzdem auf der Strecke. Vor allem die SVP wehrte sich erfolgreich gegen die Vorlage. Die heutige Velonetz-Initiative auf diese Strassenabschnitte zu beziehen, knüpft an diese Vorgeschichte an.

Grüne wollen Tempo 30 – sofort

Wesentlich anders sieht es der grüne Einwohnerrat Peter Stofer: Er hat kürzlich ein Postulat mit der Forderung eingereicht, auf den beiden Strassen Tempo 30 einzuführen. Eine solche sieht auch das Krienser Gesamtverkehrskonzept vor. Der Stadtrat spricht in seiner Antwort denn auch von «klarem und dringlichem Handlungsbedarf». Allerdings will er die Situation ganzheitlich angehen und sieht darum von Tempo 30 als Einzelmassnahme ab.

«Wie wäre es, wenn der Fahrradverkehr auf der Schachen- /Amlehnstrasse zukünftig nur noch in Richtung Stadt geführt würde?»

Patrick Koch, Einwohnerrat SVP

Peter Stofer wiederum findet, Tempo 30 soll möglichst schnell umgesetzt werden – beispielsweise auch in Form eines Pilotversuchs. Mittel- und langfristig soll aus der Amlehn- und der Schachenstrasse dann eine Velohauptroute werden. «Das heutige Verkehrsregime mit der Kernfahrbahn und den beiden Velostreifen, in Kombination mit Tempo 40, funktioniert insbesondere während der Spitzenstunden nicht mehr.» Darum müsse die Situation unbedingt verändert werden. «Seit 2011 wurden auf diesem Strassenabschnitt 28 Verkehrsunfälle mit Fahrradbeteiligung registriert. Dringender Handlungsbedarf ist damit ausgewiesen.»

Unklar ist heute noch, wie eine Velohauptroute auf der Amlehn- und der Schachenstrasse künftig aussehen würde. Gibt es eine Velostrasse? Oder breitere Velospuren? Klar ist nur: Soll der Veloverkehr hier sicherer werden, brauchen Velos mehr Platz. Dieser lässt sich bei den gegebenen Platzbedingungen nur auf Kosten des Autoverkehrs einrichten. So erklärt Peter Stofer, wie das Krienser Stauproblem gelöst werden kann: «Der Autoverkehr zwischen Luzern und Kriens wird wieder flüssig, wenn es gelingt, einen zunehmend grösseren Verkehrsanteil auf den Veloverkehr, den ÖV und für Kurzstrecken den Fussverkehr umzulagern.»

Mitnichten, findet Patrick Koch. Um das Platzproblem auf der Schachenstrasse zu lösen, schlägt er eine unkonventionelle Lösung vor. Nicht für Autos, sondern für Velos soll künftig Einbahnverkehr gelten. «Wie wäre es, wenn der Fahrradverkehr auf der Schachen- und der Amlehnstrasse zukünftig nur noch in Richtung Stadt geführt würde?», fragt Koch. «Der Veloverkehr in Richtung Kriens könnte auf der Luzernerstrasse geführt werden.» So hätte es für alle mehr Platz und Autos müssten nicht mehr auf die Velospur ausweichen.

SVP kann Verkehrspolitik

Kochs Beispiel zeigt einmal mehr, wie weit die Verkehrsideen zwischen links und rechts auseinanderliegen. Mehr Platz für Autos gegen mehr Platz für Velos. In Luzern hat sich die Bevölkerung deutlich für den Gegenvorschlag des Stadtrats zur Velonetz-Initiative ausgesprochen. Darum zeigt sich auch Peter Stofer zuversichtlich: «Der Nutzen von sicheren und attraktiven Velorouten wird in der Bevölkerung und in der Politik immer mehr erkannt.»

Doch gerade in Kriens ist die Ausgangslage weniger eindeutig als in Luzern. Vor einem Jahr haben die Krienserinnen die Zentrums-Testplanung an der Urne versenkt (zentralplus berichtete). Einzig die SVP kämpfte damals für ein Nein, indem sie davor warnte, dass bei einem Ja Tempo 30 auf der Hauptstrasse eingeführt würde. Mit diesem Abstimmungserfolg wies sie sämtliche anderen Parteien, den Stadtrat und einen Grossteil der Verbände und Vereine in die Schranken.

Zehn Jahre zuvor war die Partei mit ihrer Kampagne gegen die Veloroute auf der Schachenstrasse erfolgreich gewesen, obwohl die Vorlage bis in bürgerliche Lager Unterstützung genossen hatte. Die Krienser SVP und ihre Bedeutung für die Verkehrspolitik ist darum nicht zu unterschätzen.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Patrick Koch
  • Persönliches Treffen und schriftlicher Austausch mit Peter Stofer
  • Gesamtverkehrskonzept der Stadt Kriens
  • Postulat von Peter Stofer und Antwort des Stadtrats
  • Velozählstellen in Kriens
  • Initiative der Jungen Grünen
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