Gütschbahn-Ingenieur: «Auch wir sind nicht mit allem glücklich»
Der Maschineningenieur wehrt sich dennoch gegen den Vorwurf, die Bahn sei eine «Fehlkonstruktion». (Bild: kok)
Patrick Inauen ist der Geschäftsführer der Firma, die die Gütschbahn gebaut hat. Im Interview stellt er sich der Kritik des Château Gütsch an der Zuverlässigkeit der Bahn.
Scharf schoss der Direktor des Château Gütsch gegen die Seilbahnfirma Innauen-Schätti. Die von ihr konstruierte Gütschbahn, die von der Baselstrasse zum Hotel führt, sei eine «Fehlkonstruktion». Seit ihrer Inbetriebnahme im Jahr 2015 falle sie regelmässig aus (zentralplus berichtete).
Die Seilbahnfirma solle «jetzt endlich» ihre Arbeit machen, mahnte Andreas Gartmann. Erst dann werde das Hotel wieder Rechnungen für den Erhalt der Bahn zahlen. Der Hotelier führt seit einigen Jahren das 4-Sterne-Luxushotel, das der Russe Kirill Androsov 2021 seinem Landsmann Alexander Lebedev abgekauft hat (zentralplus berichtete).
Nun reagiert Patrick Inauen, Geschäftsführer von Inauen-Schätti aus Schwanden, auf Gartmanns Kritik. Der Familienbetrieb betreut 200 Schrägaufzüge in der Schweiz, unter anderem jenen beim Berner Bärengraben. Die Gütschbahn hält der 39-jährige Maschineningenieur für eine Besonderheit.
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zentralplus: Patrick Inauen, im Jahr 2015 hat Ihre Firma den Auftrag erhalten, die Gütschbahn zu bauen. Was ging damals in Ihnen vor?
Patrick Inauen: Darüber haben wir uns sehr gefreut. So ein Wahrzeichen in einer Stadt mit einer Bahn zu erschliessen – das gibt es ganz selten. Das war ein Prestigeauftrag.
zentralplus: Wie liefen die Arbeiten? An Ort und Stelle gab es schliesslich bereits eine nicht mehr funktionstüchtige Bahn.
Inauen: Wir mussten schauen, wie wir die Technik einbinden. Die Bahn war schwer zugänglich. Und wir haben von der damaligen Eigentümerschaft des Châteaus Vorgaben erhalten. Auch wir sind nicht mit allen Vorgaben der damaligen Bauherrschaft glücklich.
zentralplus: Womit zum Beispiel?
Inauen:Dass der Antriebsmotor im Tal sein soll. Wir haben damals empfohlen, dass er aus technischen Gesichtspunkten in die Bergstation kommt.
zentralplus: Die Gütschbahn ist also eine Fehlkonstruktion, wie es der Hoteldirektor sagt, und sie fällt daher häufig aus?
Inauen: Es gab längere Ausfälle, das ist korrekt. Aber die Bahn ist keine Fehlkonstruktion. Wir haben die Anlage so konstruiert, wie es die damaligen Eigentümer definiert haben. Und die baulichen Sachen wie die Entwässerung waren nicht Teil unseres Lieferumfangs.
zentralplus: Was meinen Sie damit?
Inauen: Die Betonarbeiten kamen nicht von uns. Wir haben nur gesagt, wo die Teile unserer Anlage, die Schienen und der Motor zum Beispiel, angebracht werden. Wir geben Empfehlungen ab. Wie sie umgesetzt werden, liegt nicht in unserem Handlungsspielraum.
zentralplus: Der Hoteldirektor sieht das anders. Er hat aufgehört, die Rechnungen für Wartung und Reparaturen zu zahlen, weil er Sie für die Ausfälle verantwortlich macht. Was sagen Sie zum Zahlungsstopp?
Inauen: Das habe ich so aus Ihrem Artikel entnommen.
zentralplus: Sie haben das nicht gewusst?
Inauen: Nein.
zentralplus: Ziehen Sie daraus Konsequenzen?
Inauen: Wir haben ein Service-Agreement, viermal im Jahr Wartungs- und Unterhaltsarbeiten auszuführen, welche wir weiterhin machen. Verschlissene Rollen wechseln und Schmierarbeiten zum Beispiel. Ausserdem stehen noch weitere Arbeiten an, anschliessend gehen wir mit dem Château Gütsch ins Gespräch.
zentralplus: Was für Arbeiten stehen an? Der Hoteldirektor spricht von grossen Reparaturen.
Inauen: In den nächsten Wochen müssen wir bei der rechten Bahn einen Seilwechsel und Ersatz der Treibscheiben durchführen. Das dauert wenige Tage. Gerade kürzen wir das Seil der linken Anlage, dessen Wechsel vor Kurzem stattgefunden hat. Ich will aber betonen: Beide Anlagen laufen.
zentralplus: Wie oft haben Sie solche Reparaturen schon durchgeführt?
Inauen: Wir haben jetzt zum zweiten Mal die Seile gewechselt – das muss man alle paar Jahre machen. Und wir haben die Stromschiene gewechselt, weil sie von der Anzahl Fahrten verschlissen ist. Und es gab eine Motorrevision.
zentralplus: Ist das alles Standard?
Inauen: Sie müssen wissen: Die Anlage hat seit Inbetriebnahme mehr als eine Million Fahrten gemacht. Das ist sehr viel. Wir waren selbst überrascht von der Frequenz.
zentralplus: Wie funktioniert die Kommunikation zwischen dem Hotel und Ihnen, wenn es einen Ausfall gibt?
Inauen: Wenn eine Störung auftritt, werden wir kontaktiert. Dann versuchen wir das Problem erstmal mit Fernwartung zu lösen. Und wenn das nicht möglich ist, schicken wir Leute so schnell wie möglich vor Ort.
zentralplus: Letztes Jahr fuhr die linke Bahn ein halbes Jahr nicht. Anwohner haben eine Petition lanciert, damit die Stadt den Betrieb sicherstellt. Eine Woche später fuhr die Bahn wieder. Das hat verwundert.
Inauen: Das war ein Zufall. Wir mussten lange auf die Teile eines Drittlieferanten warten. Zur Petition selbst will ich aber nichts sagen: Das muss die Stadt mit dem Hotel vereinbaren.
zentralplus: Hoteldirektor Gartmann hat bemängelt, dass Sie für die Ersatzteile Vorauskasse verlangt haben, obwohl das vertraglich nicht vereinbart gewesen sei.
Inauen: Das mit der Vorauskasse ist korrekt. So stand es aber in unserem Angebot für das Hotel. Unter den Servicevertrag fallen solche Reparaturarbeiten nämlich nicht. Wir konnten uns später mit dem Château Gütsch einigen.
zentralplus: Finden Sie, dass das Hotel mit seiner Kritik pingelig ist?
Inauen: Man muss klar sagen: Für das Château ist die Anlage wichtig, es ist ein Transportmittel für die Gäste. Das Château Gütsch steht, wie wir auch, für Qualität und daher: nein – ich betrachte das Hotel nicht als pingelig.
zentralplus: Sehen Sie weiterhin eine Grundlage für eine Zusammenarbeit?
hat Politikwissenschaften, Philosophie und Wirtschaft studiert und an der Universität Luzern zur Mobilität von Gesetzen geforscht. Seit 2022 bei zentralplus, zuständig für die Ressorts Bauen&Wohnen und Verkehr&Mobilität. Parallel absolviert er die «Diplomausbildung Journalismus» am MAZ Luzern.