Wegen Durchgangsbahnhof

Grosses Abstellgleis in Dierikon provoziert Unmut im Rontal

Kantonsrätin Marlis Krummenacher vor der Wiese in Dierikon, auf der einst 13 Abstellgleise gebaut werden sollen. (Bild: ewi)

In Dierikon wird wegen des Durchgangsbahnhofs eine grosse Grünfläche in ein Abstellgleis verwandelt. Kantonsrätin Marlis Krummenacher befürchtet, dass Anwohner, Natur und die betroffenen Landeigentümer zu den grossen Verlierern werden.

«Eine Operation am offenen Herzen». Als solche bezeichnete Marc Manetsch, stellvertretender Projektleiter des Durchgangsbahnhofs Luzern (DBL), dessen Bau. Die negativen Auswirkungen der Grossbaustelle werden für die Stadt und den Tourismus gross sein. Doch nicht nur in der Stadt wird man für den DBL einiges in Kauf nehmen müssen.

Auch die Gemeinde Dierikon im Luzerner Rontal wird den Bau des Durchgangsbahnhofs direkt vor der Nase zu spüren bekommen – obwohl die eigentliche Baustelle mehrere Kilometer entfernt liegt. Denn in Dierikon planen die SBB eine grosse Schienenanlage mit insgesamt 13 Abstellgleisen. Aus Sicht der Rooter Kantonsrätin Marlis Krummenacher (Mitte) ein Projekt, bei dem das Rontal einseitig benachteiligt wird.

13 Abstellgleise wegen Durchgangsbahnhof

Heute deutet noch nichts darauf hin, dass hier in einigen Jahren eine grosse Schienenanlage entsteht. Marlis Krummenacher deutet auf eine grosse, mit gelbem Löwenzahn gesprenkelte Wiese. Nebenan plätschert die Ron. Ländliche Idylle, eingeklemmt zwischen dem Entwicklungsareal in Root D4 und dem Industriegürtel in Ebikon. «Sechs Hektar gross ist das betroffene Land», sagt Krummenacher und fährt fort: «Dieses Abstellgleis bringt drei grosse Verlierer hervor: die Natur, die Anwohner sowie die Landeigentümerinnen.»

Die Wiese liegt neben dem Verteilzentrum der Migros und ist eine Fruchtfolgefläche.

Krummenacher hat darum eine Anfrage bei der Regierung eingereicht – mit zahlreichen Fragen zur Planung und den möglichen Auswirkungen der Gleisanlage. Der Regierungsrat hat die Fragen mittlerweile beantwortet, blieb dabei aber sehr vage. Die Planung der Anlage ist auch noch nicht genügend fortgeschritten, um die verschiedenen Fragen Krummenachers konkret beantworten zu können. Die Kantonsrätin ist sich dessen bewusst. Sie sagt aber auch: «Wir müssen bereits jetzt Druck machen und dafür sorgen, dass die negativen Auswirkungen dieses Abstellgleises für das Rontal so klein wie möglich sind.»

Darum braucht es das neue Abstellgleis

Das Gleis wird nötig, weil der Zugverkehr in der Region mit dem DBL zunehmen wird, während die SBB gleichzeitig die Kapazität des heutigen Abstellgleises am Bahnhof Luzern abbauen. Zudem können die Züge, die den Bahnhof Luzern unterirdisch anfahren, nicht auf den Gleisen an der Oberfläche abgestellt werden.

«Um die volle Leistungsfähigkeit des DBL garantieren zu können, werden entsprechende Abstellkapazitäten ausserhalb des Bahnhofs Luzern benötigt», schreibt die Regierung in ihrer Antwort an Krummenacher. Die SBB hätten verschiedene Standorte für die Abstellanlage im Zusammenhang mit dem DBL geprüft. «Das Rontal hat in dieser Bewertung am besten abgeschnitten», schreibt der Regierungsrat weiter. Er betont in seiner Antwort abschliessend, dass das Rontal vom DBL stark profitieren werde. Geplant sind dichtere Takte nach Zürich und Luzern sowie kürzere Fahrzeiten in beide Richtungen.

Bedauerlicher Verlust von Kulturland

Dass das Rontal vom DBL profitieren wird, stellt Krummenacher denn auch nicht infrage. Das Projekt bringe der ganzen Region unbestritten einen grossen Mehrwert. Sie befürchtet aber, dass der Schaden des geplanten Abstellgleises für die Region unverhältnismässig gross sein wird.

«Der Druck auf das Kulturland nimmt überall zu. Dieses verschwindet nach und nach.»

Marlis Krummenacher, Kantonsrätin Mitte

Da ist zum Beispiel die sechs Hektar grosse Landwirtschaftsfläche, die überbaut wird. Es handelt sich um eine Fruchtfolgefläche und darum um besonders wertvolles Kulturland. «Dieses Kulturland geht damit unweigerlich verloren», bedauert die Kantonsrätin, die als Bäuerin auf einem Hof in Root arbeitet. «Der Druck auf das Kulturland nimmt überall zu. Dieses verschwindet nach und nach.»

Zwar erhalten die betroffenen Landeigentümer eine Entschädigung vom Bund. Doch Krummenacher kritisiert: «Diese steht in keinem Vergleich zum Mehrwert, der am Bahnhof Luzern entsteht, wenn die heutigen Abstellgleise mit neuen Gebäuden überbaut werden.» Krummenacher wünscht sich deshalb höhere Entschädigungen für die Landeigentümerinnen, um diese Differenz zu verkleinern.

Zudem schreibt der Bund vor, dass bei der Überbauung von Fruchtfolgeflächen das verloren gegangene Kulturland andernorts kompensiert wird. Dazu dienen Massnahmen zur Bodenverbesserung, sodass aus einem landwirtschaftlich wenig wertvollen Boden eine fruchtbare Agrarfläche wird. Krummenacher hofft, dass das verlorene Kulturland möglichst in der Nähe kompensiert wird. Allerdings hat der Kanton Luzern 91 solcher Gebiete definiert, die für eine Aufwertung infrage kommen. Ob die Kompensation also im Rontal stattfindet, ist fraglich.

Kanton würde Solaranlage begrüssen

Zuletzt fordert Marlis Krummenacher, dass die negativen Auswirkungen für Anwohnerinnen und Anwohner sowie die Natur minimiert werden. Zum Beispiel, indem die SBB die gesamte Gleisanlage überdachen, um die Nachbarn vor Lärm zu schützen. Oder dass sie auf diesem Dach eine grosse Solaranlage installieren, um grüne Energie zu erzeugen. Während die Regierung eine solche Solaranlage begrüsst, bezweifelt sie die Notwendigkeit einer Überdachung. Die Erfahrungen der SBB mit anderen Abstellgleisen hätten gezeigt, dass die Lärm-Grenzwerte in der Nachbarschaft nicht überschritten werden.

Das ist ohnehin noch Zukunftsmusik. Denn noch hat das eidgenössische Parlament ja noch nicht mal den Bau des DBL bewilligt. Aber Krummenacher verspricht: «Ich bleibe dran.»

Verwendete Quellen
  • Persönliches Gespräch mit Marlis Krummenacher
  • Anfrage von Marlis Krummenacher und Antwort der Regierung
  • Informationen der SBB zum Durchgangsbahnhof
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