Sonderbehandlung für Lieferwagen

Wegen Stau: Grüne Welle für Luzerner Handwerker

Stau am Bahnhof Luzern ist kein seltenes Bild. Darum fordert FDP-Kantonsrat Gaudenz Zemp, dass der Wirtschaftsverkehr bevorzugt durch den Stau geführt wird. (Bild: bic / zvg)

Der ÖV muss attraktiver, das Autofahren unbeliebter werden. So die allgemeine Haltung zur Mobilität der Zukunft. Anders sieht es der Luzerner FDP-Kantonsrat Gaudenz Zemp. Im Interesse der Wirtschaft will er die Mobilität grundlegend neu denken.

Das Autofahren ist in Luzern zu attraktiv. Das sagen nicht nur die Verfechter des Velos. Zu diesem Schluss ist kürzlich auch die Luzerner Regierung in ihrem ÖV-Bericht gekommen (zentralplus berichtete). Um aber die Klimaziele zu erreichen, muss der Verkehr schnellstmöglich umgelagert werden: vom Auto und Töff auf das Velo, den Bus und den Zug.

Für die Luzerner Regierung ist darum klar: Damit diese Umlagerung gelingt, muss der öffentliche Verkehr attraktiver und das Autofahren unbeliebter werden. Bereits heute wird der ÖV darum an vielen Stellen gegenüber den Autos bevorzugt. Sei es mit speziellen Ampeln, separaten Busspuren oder mit der Gestaltung des Strassenraums.

FDP will Verkehr neu denken

Diese Politik wird weit bis ins bürgerliche Lager unterstützt (zentralplus berichtete). Nun sorgt aber ein Postulat des FDP-Kantonsrats Gaudenz Zemp für Aufsehen: Der Präsident des Luzerner Gewerbeverbands fordert nämlich, dass auch der Wirtschaftsverkehr die gleiche Sonderbehandlung wie der ÖV erfährt.

«Wenn ein Handwerker eine Waschmaschine ausliefert, kann er das nicht mit dem Bus machen.»

Gaudenz Zemp, FDP-Kantonsrat und Präsident Luzerner Gewerbeverband

Um das zu erreichen, schlägt Zemp vor, müsse man den Verkehr grundsätzlich neu denken. Aktuell wird in der Verkehrsplanung nämlich der gesamte Autoverkehr in ein und derselben Kategorie zusammengefasst, dem «motorisierten Individualverkehr» (MIV). Zemp kritisiert: «Es macht keinen Sinn, wenn der Freizeitverkehr und der Wirtschaftsverkehr in einer Kategorie zusammengefasst werden. Wir müssen diese beiden Verkehrsformen getrennt voneinander betrachten.»

Stau kommt Wirtschaft teuer zu stehen

Er habe nämlich Verständnis dafür, dass der Kanton den Freizeitverkehr mit dem Auto reduzieren wolle. «Wenn jemand mit dem Oldtimer eine Spritzfahrt über den Glaubenberg macht, muss er nicht bei jeder Ampel grün haben», sagt Zemp. «Aber wenn ein Handwerker eine Waschmaschine ausliefert, kann er das nicht mit dem Bus machen. Und wenn er mit dem Lieferwagen im Stau stecken bleibt, kostet ihn das am Schluss viel Geld.»

Das Problem: Die Zeit für den Transport kann der Handwerker nicht in Rechnung stellen, trotzdem summiert sich der Zeitverlust im Verlauf des Tages. Auf diesen Kosten bleibt der Handwerker sitzen. Zudem sei auch der wachsende Online-Handel darauf ausgelegt, möglichst schnell zu liefern, so Zemp. Auch für diese Unternehmen sieht der FDP-Kantonsrat durch die wachsende Benachteiligung des MIV darum Gefahren.

Zemp stellt klar, dass die geforderte Trennung zwischen Freizeit- und Wirtschaftsverkehr eine «Notwendigkeit» sei. «Wir glauben nicht, dass die Bevölkerung bescheidener leben und weniger mobil sein möchte. Als Wirtschaftsverband setzen wir deshalb nicht auf Verzicht, sondern auf Innovation», so der Kantonsrat.

Mit diesen Mitteln soll die Priorisierung klappen

Doch wie stellt Zemp sich eine Bevorzugung des Wirtschaftsverkehrs vor? Er hat mehrere Ideen: Einerseits gäbe es dank der Digitalisierung bereits heute intelligente Verkehrsampeln, die einen heranfahrenden Bus erkennen und diesem Vortritt gegenüber den Autos verschaffen würden. Eine solche Lösung kann sich Zemp auch für die Autos von Handwerkerinnen vorstellen.

Weiter stellt er in den Raum, dass der Wirtschaftsverkehr künftig auf der Busspur fahren darf. Diese Idee ist gar nicht so weit hergeholt. Auch der Bund schlug bereits vor, Busspuren für Autos zu öffnen – sofern zum Beispiel mindestens drei Personen im Auto sitzen. Damit will er das Carsharing fördern (zentralplus berichtete).

Auch auf der Schiene braucht es Verbesserungen

Zuletzt fordert Zemp auch den Regierungsrat auf, nach kreativen Lösungen für das Anliegen der FDP zu suchen. Das betrifft nicht nur den Strassen-, sondern auch den Schienenverkehr. Denn der Gütertransport auf der Schiene gerate ebenfalls zunehmend unter Druck durch die Förderung des ÖV.

Wegen des dichten Taktfahrplans im Personenverkehr werden die Kapazitäten für die Güterzüge immer geringer. «Der Ausbau des S-Bahnnetzes darf nicht auf Kosten des Wirtschaftsverkehrs erfolgen», so die Forderung Zemps.

«Alle wollen eine Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene, aber das Schienennetz hat schon heute kaum noch Kapazitäten.»

Er berichtet von zwei konkreten Beispielen aus Luzern: «Ich kenne zwei Kiesunternehmen, die fast keine Zeitfenster mehr für ihre Transporte erhalten. Alle wollen eine Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene, aber das Schienennetz hat schon heute kaum noch Kapazitäten.»

Allerdings ist es fraglich, welche Kompetenzen der Kanton Luzern bei der Organisation des nationalen Schienenverkehrs überhaupt hat. Das erkennt auch Zemp, fordert von der Regierung aber dennoch gemeinsam mit gleichgesinnten Kantonen nach Lösungen zu suchen.

Und die Unternehmen selbst? Dürfen sie sich nun zurücklehnen und darauf warten, dass die Regierung ihnen freie Fahrt auf Strasse und Schiene ermöglicht? Für Gaudenz Zemp ist klar, dass auch die Unternehmen Verantwortung in der Energie- und Mobilitätswende übernehmen müssen. Umstellung auf Elektro-Mobilität sowie die Förderung von Home-Office seien hier die Zauberwörter.

Verwendete Quellen
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7 Kommentare
  • Profilfoto von Fsnny
    Fsnny, 23.04.2022, 08:13 Uhr

    Und wieso stellen nicht die Firmen Leuten die in der Nähe wohnen ein? Wieso muss jemand die in Stans wohnt in Luzern Stadt arbeiten? Gibt es nicht genügend qualifizierte Leute in Luzern für diese Stelle?

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  • Profilfoto von David L
    David L, 21.04.2022, 17:14 Uhr

    Es ist ja selten, dass ich mal mit einem FDPler einverstanden bin, aber dieses mal geht die Idee in die richtige Richtung.
    Für die werktätige Bevölkerung (Monteure, Servicedienstleister etc.) sind die Staus und die Parkplatzsituation in der Stadt ein grosses Problem das zu erheblichem Verlust an Zeit und somit Geld führt.
    Die bisherige Politik zur Änderung des Verkehrsverhaltens hat meist darin bestanden, die Nutzung von PKWs und LKWs mühsamer zu machen um die Leute damit auf den ÖV zu bringen. Dies ist aber ein doppelter Fehlschlag, weil es die am meisten trifft, die eben NICHT auf den ÖV wechseln können.
    Rentner, Freizeitfahrer etc. liessen sich damit auch nicht von der Nutzung des PKWs abbringen, denn sie haben ja Zeit im Stau zu stehen. Somit hat man auf der einen Seite das Ziel nicht erreicht und auf der anderen Seite jene die am meisten unter der Verkehrssituation leiden noch zusätzlich belastet.

    Daher sage ich seit vielen Jahren: Wenn man den motorisierten Individualverkehr unattraktiver machen will, dann muss man dies auf eine Weise tun, bei dem die Werktätigen nicht darunter leiden.
    D.h. anstatt ständig Parkplätze aufzuheben, könnte man sie ja mal in Parkplätze umwandeln, die nur mit einer entsprechenden Parkkarte für Teilnehmer des «Wirtschaftsverkehrs» genutzt werden können.

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  • Profilfoto von Enrico Ercolani
    Enrico Ercolani, 21.04.2022, 10:05 Uhr

    Danke Gaudenz. Sehr gute Idee! Wenn schon Auto fahren, dann fahren und nicht stehen mit laufendem Motor. Damit erreicht man weniger Umweltbelastung. Blaue FDP Ökologie wie sie sein muss.

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    Marcel Homberger, 20.04.2022, 15:43 Uhr

    Wenn der Privat- und Freizeitverkehr gewillt ist den ÖV zu bevorzugen hat es auf der Strasse genügend Kapazität für den Handwerker die Waschmaschiene zu liefern! Wo ein Wille ist ist auch ein Weg!

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    • Profilfoto von Philipp
      Philipp, 21.04.2022, 11:37 Uhr

      Was für eine unüberlegte Aussage. Als ob auch nur ein privater Autofahrer auf das arbeitende Volk Rücksicht nehmen würde. Das können Sie gleich vergessen. Sie haben vermutlich noch nicht gemerkt, dass keiner zurücksteckt wenn es nicht vom Gesetzt vorgegeben wird. Würde ich auch nicht. Eine Stadt ist kein Dorf. Das ist nunmal ein Ballungszentrum und da gehört der Verkehr auch hin. Wer seine Ruhe haben will soll in die Aglomeration oder aufs Land ziehen. Obwohl… Stopp. Da ist es ja auch nicht mehr ruhig weil am Wochenende die ganzen Städter Ihre Velos auf Ihre SUV’s packen um in die Naherholungsgebiete zu gelangen. Ich würde sagen, ausgleichende Gerechtigkeit.

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  • Profilfoto von Kasimir Pfyffer
    Kasimir Pfyffer, 20.04.2022, 13:57 Uhr

    Ich bin begeistert von dieser fortschrittlichen Idee. Wenn wir das mit dem brandneuen «Information Superhighway» kombinieren, wird das Jahr 2000 zu einem nie dagewesenen Feuerwerk führen!

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  • Profilfoto von Michel von der Schwand
    Michel von der Schwand, 20.04.2022, 12:40 Uhr

    Als Stadtluzerner fordere ich eine «Residents-Only-Line»!

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