Durchgangsbahnhof: Luzerner Verband droht dem Megaprojekt
Rund um den Durchgangsbahnhof Luzern (DBL) sollen vor allem Busse, Velofahrer und Fussgängerinnen gefördert werden. Ein autofreundlicher Verband droht jetzt mit Opposition.
Wenn der Bund in den 2030er-Jahren den Durchgangsbahnhof Luzern (DBL) baut, soll nicht nur ein Tiefbahnhof mit besseren Anbindungen entstehen, sondern auch ein neues Quartier mitten im Zentrum der Stadt Luzern. Mit neuen Strassen, Haltestellen und Verkehrswegen.
Der Kanton, die Stadt und weitere Partner sicherten sich am 1. Juli zu, gemeinsam einen Masterplan auszuarbeiten, wie der neue Bahnhof dereinst von Autos, Velos und Bussen angefahren wird. Noch sind alle Pläne provisorisch, erste Ideen sind aber bereits öffentlich (zentralplus berichtete).
So stellen sich Kanton und Stadt den neuen Bahnhof vor
Der Bahnhofplatz soll autofrei werden, die Zentralstrasse ebenso. Der Busverkehr soll zunehmen, drei Bushubs und Busstrassen auf allen Seiten des Bahnhofs dienen zum Umstieg. Velostrassen sind ebenso Teil der Planung wie neue Flächen für Fussgänger.
Nur das Auto: Das wurde in der Planung an den Rand gedrängt, findet der Touring Club Schweiz (TCS) – Sektion Waldstätte, ein Mobilitätsverband mit über 60’000 Mitgliedern in den Kantonen Luzern, Obwalden und Nidwalden. Weil der Bahnhofplatz für Autos gesperrt werden soll, fahren diese künftig via Tribschenquartier zum KKL.
In einem soeben veröffentlichten Brief an die Luzerner Regierung holt der Verband dagegen aus. «Die Planung bevorzugt den ÖV und Langsamverkehr einseitig. Der am Modalsplit gemessen nach wie vor grösste Anteil, der motorisierte Individualverkehr, wird unter ferner liefen abgehandelt.» Sprich: Es geht zu viel um Velos und Busse und zu wenig ums Auto.
Durchgangsbahnhof Luzern: Verband droht mit Ärger
Daher stellt der Verband drei «strategische Forderungen» für den Autoverkehr rund um den DBL. Und droht, den geplanten Tiefbahnhof «juristisch und politisch zu bekämpfen», wenn der Kanton diese nicht einhält.
Warum der TCS so drastische Massnahmen ergreifen will? TCS-Präsident und FDP-Nationalrat Peter Schilliger erklärt auf Anfrage: «Keiner ist glücklich mit dem aktuellen Plan des Kantons.» Viele Menschen hätten in den vergangenen Wochen in Leserbriefen opponiert. «Die Planungsgrundlage hat so grosse Mängel, dass wir uns wehren müssen.»
Ihn stört vor allem eines: Der Kanton – eigentlich für eine bürgerliche Verkehrspolitik bekannt – scheine beim Thema Mobilität rund um den DBL allen linken Ideen der Stadt nachzugeben. «Vielleicht hat der Kanton noch Absichten in der Hinterhand. Doch seine Kommunikation vom 1. Juli war für uns schlicht nicht nachvollziehbar.»
Forderung 1: Autos sollen weiter über den Bahnhofplatz fahren
Der TCS fordert folgende Anpassungen: Erstens will der Verband, dass der Bahnhofplatz für Autos weiter geöffnet bleibt. Mindestens in einer Fahrrichtung sollen die Parkplätze am Bahnhof/KKL von der Seebrücke oder der Pilatusstrasse aus direkt erreichbar sein.
Sei nur die Anfahrt via Tribschen erlaubt, wäre das eine «Diskriminierung von Automobilisten», findet Schilliger. Und weder ökologisch noch quartierverträglich. Um den Bahnhofplatz zu entlasten, solle der Kanton stattdessen Wendeschleifen beim Schweizerhof und der Kantonalbank prüfen oder eine Sperrung zwischen KKL und Werft für den Autoverkehr.
Forderung 2: Anzahl Parkplätze soll gleich bleiben
Weiter sollen alle wegfallenden Parkplätze am Bahnhof ersetzt werden. Dabei geht es vor allem um das Bahnhofsparking P1 mit rund 380 Parkplätzen, das aufgehoben werden soll – und wofür aktuell kein Ersatz bereitsteht. Schilliger sagt: «Wir wissen, dass die Betreiber Studien haben, wo neue Parkplätze entstehen könnten.»
Forderung 3: Kurzzeitparkplätze sollen zugesichert werden
Drittens fordert der TCS öffentliche Haltekanten für 15 bis 20 Fahrzeuge in Gehdistanz von maximal 50 Metern zum Bahnhof für Kurzparkierer (kiss+ride). Auch Kanton und Stadt planen bei der Zentralstrasse Kurzzeitparkplätze, haben aber noch keine Details bekannt gegeben.
TCS wirft Stadt und Kanton schlechte Planung vor
Diese drei Forderungen seien für den Verband «zentral», betont Schilliger im Gespräch. In seiner Mitteilung spricht der Verband allerdings weitere Themen an: Die Verdopplung der Busfrequenzen rund um den DBL sei nicht nachvollziehbar, im Zentrum ergebe es mehr Sinn, die Pendlerströme via S-Bahnsystem abzuwickeln, zum Beispiel.
Dann holt der Verband zum Generalschlag aus. Es fehle ein Gesamtmobilitätskonzept für die gesamte Agglomeration Luzern. Der «Planungsmangel» wirke wie ein Bremsklotz, die Menge an gescheiterten Projekten zeuge davon. Eine offizielle Antwort von Stadt oder Kanton auf das Schreiben des TCS steht aus.
hat Politikwissenschaften, Philosophie und Wirtschaft studiert und an der Universität Luzern zur Mobilität von Gesetzen geforscht. Seit 2022 bei zentralplus, zuständig für die Ressorts Bauen&Wohnen und Verkehr&Mobilität. Parallel absolviert er die «Diplomausbildung Journalismus» am MAZ Luzern.
Wie wäre es, wenn man auf das gigantische Projekt DBL verzichtete und stattdessen via Messe, Südpol, Kriens eine neue Eisenbahnverbindung nach Littau, Emmenbrücke und von dort nach Ebikon bauen würde? Von Littau könnte ein Ast nach Rothenburg als Anschluss Richtung Norden erstellt werden: Diese neuen Linien wären weitgehend ohne massive Einschränkungen der Mobilität in der ganzen Agglomeration machbar, und rascher zu verwirklichen. Auch eine spätere Weiterführung über Stans nach Altdorf für eine linksufrige Verbindung in den Kanton Uri als Entlastung der Strecke Zug/ nach Flüelen wäre möglich- mit dem Tiefbahnhof leider nicht !
Fazit: Statt einer aus der Zeit gefallenen DBL-Riesenbaustelle im Zentrum Luzerns mit für 10 Jahren vielen Verlierern: ÖV (Bahn, Bus, Postautos, Schifffahrt) KKL, Uferpromenaden, Parkgaragen sowie Einkaufsmöglichkeiten, sollte eine bessere und zukunftsgerichtetere Lösung für die lokale, regionale und nationale Mobilität realisiert werden. Was vor langer Zeit als Befreiungsschlag auch von mir begrüsst wurde, erweist sich vermutlich auch aus finanziellen Gründen als Fehlplanung, vor allem dann, wenn das Vorhaben etappiert wird !
Kommentarschreiber, 29.08.2024, 08:45 Uhr
TCS-Präsident Schilliger stört vor allem eines: "Der Kanton – eigentlich für eine bürgerliche Verkehrspolitik bekannt – scheine beim Thema Mobilität rund um den DBL allen linken Ideen der Stadt nachzugeben."
Ja, Herr Schilliger, vielleicht hat der bürgerlich dominierte Kanton einfach gemerkt, dass die bis anhin praktizierte "bürgerliche Verkehrspolitik" in die falsche Richtung läuft und eingesehen, dass der überbordende und alles zumüllende MIV-Fetischismus gestoppt werden sollte, indem dem Langsamverkehr und dem ÖV seinen benötigten Platz eingeräumt wird.