Bundesrat antwortet vage

Durchgangsbahnhof: Nationalräte rügen Verzögerungstaktik

Die beiden Nationalräte Michael Töngi (links) und Peter Schilliger sind unzufrieden mit den Antworten des Bundesrats zum Durchgangsbahnhof. (Bild: zvg)

Eine ganze Reihe von Zentralschweizer Politikern steigt dem Bundesrat aufs Dach. Diese verlangen Klarheit, wann der Bau des Durchgangsbahnhofs Luzern (DBL) startet. Doch der Bundesrat bleibt vage.

Drei bis fünf Jahre Verzögerung für den DBL – diese Hiobsbotschaft deckte zentralplus im November auf (zentralplus berichtete). Der Grund? Das Bundesamt für Verkehr (BAV) schrieb in einem Blog, das Netz lasse bis 2033 keine zusätzlichen Arbeiten zu. Blöd ist nur, dass es mit dem DBL 2030 losgehen soll.

Zentralschweizer Bundespolitiker stiegen auf die Barrikaden und hakten beim Bundesrat nach (zentralplus berichtete). Doch die jüngsten Antworten des Bundesrats sind reichlich «dürftig», wie Ständerätin Andrea Gmür (Mitte) kritisierte (zentralplus berichtete).

Auch FDP-Nationalrat Peter Schilliger und Grünen-Nationalrat Michael Töngi sind von den Antworten des Bundesrats auf ihre Interpellationen enttäuscht. Gar als «zynisch» bezeichnet Schilliger Teile der Erklärungen der Schweizer Regierung.

Bundesrat hält sich bedeckt

Die Politiker fürchten angesichts der massiv steigenden Nachfrage gravierende Engpässe, wenn der Durchgangsbahnhof nicht schnell realisiert wird. «Ein markanter ÖV-Ausbau ist für die Erreichbarkeit und das Klima dringend notwendig», so Schilliger. Er und seine Mitunterzeichner wollten daher wissen, ob der Bundesrat mit der geplanten Botschaft 2026 den DBL beantragen wird.

«Die Antworten sind sehr generisch. Bei projektspezifischen Aussagen bleibt alles sehr vage.»

Peter Schilliger, FDP-Nationalrat, Luzern

Der Bundesrat verweist in seiner Antwort auf eine «laufende Studie zur Realisierungsabfolge». Damit ist eine Untersuchung zum Zeitplan gemeint, deren Ergebnisse frühestens Ende 2023 vorliegen. Bis dahin hält sich der Bundesrat bedeckt. «Die Antworten sind sehr generisch. Bei projektspezifischen Aussagen bleibt alles sehr vage», schreibt Schilliger auf Anfrage von zentralplus.

Luzerner Nationalrat befürchtet Häppchen-Taktik

Der FDP-Nationalrat befürchtet noch weitaus Schlimmeres. «Es besteht immer noch eine reelle Gefahr, dass mit den Resultaten der genannten Studie zur Realisierungsabfolge nur eine kleine Etappe für Luzern finanziert wird.» Schon in der Vernehmlassung zur Botschaft 2023 hat der Bundesrat erklärt, mit der Botschaft 2026 nur einen «kleinen Ausbau» zu unterstützen, sagt Schilliger.

«Zuerst jahrelang vom grossen Zielbild sprechen [...] und zum Schluss ein kleines Häppchen geben.»

Peter Schilliger

Das Vorgehen des Bundesrats findet er nicht akzeptabel: «Zuerst jahrelang vom grossen Zielbild sprechen und vor Ort die Planer beschäftigen, dann die Erwartungen dämpfen und zum Schluss ein kleines Häppchen geben.» Der Bund versuche mit der Zentralschweiz zu spielen und das gelte es zu verhindern, erklärt er.

Der Durchgangsbahnhof Luzern ist dringend nötig

Schilliger nennt die kleinen Etappen «Häppchen», Michael Töngi bezeichnet sie gegenüber zentralplus als «kosmetische Eingriffe». Der Grünen-Nationalrat fürchtet, dass das Projekt in mehrere Etappen aufgeteilt wird und Luzern mit besagten kosmetischen Eingriffen abgespeist wird. Und das, obwohl «die Notwendigkeit des Durchgangsbahnhofs schweizweit anerkannt ist.»

«Auf der heutigen Infrastruktur bringen wir praktisch keinen zusätzlichen Zug mehr in den Bahnhof.»

Michael Töngi, Grünen-Nationalrat Luzern

Entschlossenes Handeln ist daher dringend notwendig. Doch die eingeschobene Studie des Bundesrats verzögere das. «Auf der heutigen Infrastruktur bringen wir praktisch keinen zusätzlichen Zug mehr in den Bahnhof und die Situation mit einem Sackbahnhof ist schweizweit bald einmalig», erklärt er.

Er versteht, dass das Bundesamt aufgrund fehlerhafter Planungen in der Vergangenheit bei neuen Projekten genauer hinschaut, wann etwas realisiert werden muss. Daher fragte Töngi auch nach der Priorität des Durchgangsbahnhofs. Der Bundesrat bezieht dazu keine Stellung.

Wie sehr belastet der Durchgangsbahnhof das Netz?

Zurück zum Anfang. Die Sorge um eine Verzögerung des DBL wurde ausgelöst, da das Bundesamt mitteilte, das Netz lasse bis 2033 keine zusätzlichen Arbeiten zu. Das Argument vermochte Nationalrat Peter Schilliger nicht so recht zu überzeugen. Denn die derzeitige Planung sieht kaum Schnittstellen mit dem SBB-Netz vor.

So sieht die geplante Linienführung am Durchgangsbahnhof aus. (Bild: SBB)

Er fragte daher in seiner Interpellation: «Warum besteht die Gefahr, dass der Baustart des Projekts Durchgangsbahnhof Luzern nicht vor 2033 erfolgt, obwohl das Projekt zu grossen Teilen nicht auf dem bestehenden Netz gebaut wird?» Tatsächlich wird der DBL lediglich beim Gütsch und am Rotsee in das bestehende Netz eingebunden (zentralplus berichtete).

Der Bundesrat verweist – wie so oft – auf die laufende Studie. Er ergänzt, es könne geprüft werden, ob es auf Strecken um Luzern mehr Züge bräuchte oder bessere «Produktionskonzepte», um den Verkehr zu entlasten. Für Peter Schilliger ist der Vorschlag, Entlastungen nur zu prüfen, «zynisch»: «Die Massnahmen müssten jetzt greifen – wer dies nicht glaubt, soll in den Stosszeiten den Zug nach Bern benutzen.»

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Peter Schilliger, Luzerner Nationalrat FDP
  • Antwort des Bundesrats auf die Interpellation von Michael Töngi
  • Schriftlicher Austausch mit Michael Töngi, Luzerner Nationalrat Grünen
  • Antwort des Bundesrats auf die Interpellation von Peter Schilliger
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6 Kommentare
  • Profilfoto von Fritz Meyer
    Fritz Meyer, 17.02.2023, 13:38 Uhr

    Dieses Projekt ist völlig absurd für die Stadt Luzern. Wir wollen und brauchen das nicht und vor allem keine Profilierungs-Baustelle für Politiker aus der Region, die unser Stadt zerstört.
    Nach dem Bau über viele Jahre im Herzen der Stadt werden dann die Nachfolgerinnen der heutigen Politiker über viele Jahre versuchen, die Personen- und Verkehrsströme zum und von diesen tollen Tiefbahnhof zu organisieren.
    Das wird nie gelingen. Wenn dieses Unding in Luzern am See wirklich realisiert werden wird, dann wird die Stadt Luzern in 20 Jahren zum grössten Busbahnhof der Schweiz. Dann werden sich die Busse aus allen Richtungen im Weg rumstehen und dazwischen gibt’s noch Lastenfahrräder, die die Busse behindern.
    Ein Verkehrskonzept und vor allem eine für Luzern richtige und würdige Lösung sieht anders aus!

    Der Tiefbahnhof, Durchgangsbahnhof oder DBL wie der heute vom politischen Establishment verwedelnd genannt wird, darf nie kommen.

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  • Profilfoto von Rudolf Schweizer
    Rudolf Schweizer, 06.02.2023, 10:28 Uhr

    Eines sollte klar sein der Durchgangsbahnhof ist so wie es scheint eine Schuhnummer zu gross. Mit der neuen schnelleren Strecke nach Zürich spart man 11 Minuten Reise Zeit ein. Beim Bauprojekt Bypass der ja nun gebaut wird, werden Firmen vertrieben wie z. B. die Firma Herzog Elmiger AG. Diese muss nun zum Baustart 2024 ihren Standort von der Autobahn ins Gewerbegebiet Obernau verlegen, mit der weiterlaufenden Bautätigkeit im Obernau wird der Verkehr durch Kriens noch mehr Belastet das er ohnehin ist. Eine entsprechende Umfahrung mit der Erweiterung der T4 Autostrasse würde man die die gigantischen Verkehrsprobleme die auf die Stadt Kriens zu kommen abwenden. Nun wird mit dem Bypass Definitiv am falschen Ort investiert.

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  • Profilfoto von Hugo Ackermann
    Hugo Ackermann, 03.02.2023, 17:36 Uhr

    1859 Eröffnung Sackbahnhof Luzern.
    Aufgrund der Siedlungsentwicklung,
    der Entwicklung der Verkehrsträger,
    der Verlagerung des Kurz-und Mittel-
    streckengüterverkehr auf die Strasse,
    des Cartourismus ist der Bahnhofstandort
    seit vielen JJahrzehnten zum Hindernis
    für eine funktionsgerechte Stadtentwick-
    lung gewordenCa. 2007:der Kantonsrat
    beschliesst die Erganzung des Sackbahn-
    hof mit einem Tiefbahnhof,später DBL.
    Ablehnung aller von Externen eingereich-
    ten alternativen Standortvorschlägen.
    9/11/21 Grosser Stadtrat Dringliche Mo-
    tion 141 Gegenstände:Negative Einflüsse
    DBL auf die Stadtt.Motion abgelehnt.
    Standortvorschlag DBL Sentimatt (zentral-
    plus 1/8/22): Projekt ohne Beeinträchti-
    gung des städtischen Normalbetrieb
    und des Eisenbahnnormalbetrieb real-
    isierbar.Sicherer Baugrund geringeres
    Bauvolumen,kürzere Bauzeit,viel gerin-
    gere Baukosten,Potential für städtebau-
    liche Aufwertungen,Diversifizierung der
    städtischen Wirtschaft.win-win-win-win
    Situation für Stadt,Kanton(Kosten-Nutzen),
    Bahn(Betrieb,Immobilien),Steuerzahler.
    Der Vorschlag für eine Projektänderung
    (Standort DBL Sentimatt) müsste von
    der Stadt eingebracht werden. Die Stadt
    hat den Standort Sentimatt abgelehnt.
    Die städtischen politischen Parteien zeig-
    ten sich desinteressiert.Es verbleibt die
    Lancierung einer städtischen Initiative.

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  • Profilfoto von remo.gubler
    remo.gubler, 03.02.2023, 15:19 Uhr

    Ich habe praktisch immer einen Sitzplatz im Bern-Zug. Wie bei den Strassen führt auch eine Verbesserung im ÖV eher zu Mehrverkehr statt zu einer Verlagerung. Vielleicht wäre es mal Zeit, das dauernde Verkehrswachtum zu hinterfragen. Suffizienz?

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    • Profilfoto von Peter Bitterli
      Peter Bitterli, 03.02.2023, 16:08 Uhr

      Alles schreit „Durchgangsbahnhof“. Das zweite Wort ist dann „Zufahrtsengpass“. So what? Niemand fragt offenbar, ob es auch sinnvoll sei.
      Zwei Herren haben sich gefunden. Der eine will bauen, der andere kommt von seiner Ideologie nicht runter. Will man wissen, wer wen im Schlepptau hat, frage man nach den Geldflüssen, und die mäandern bekanntlich weitab von den Grünen.

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  • Profilfoto von Peter Bitterli
    Peter Bitterli, 03.02.2023, 12:41 Uhr

    Die Zugverbindungen von, nach, um Luzern sind super! Wer aber will schon jahrzehntelang eine gigantische Baustelle mitten in der Stadt?

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