Geschlossen gegen Lärm in der Stadt Luzern: die neue Allianz. (Bild: kok)
Sofort provisorisch Tempo 30 auf allen Kantonsstrassen in der Stadt Luzern, die zu laut sind. So lautet eine von drei Forderungen einer neuen Gruppierung.
«Es geht um Schutz vor Lärm. Wie der Kanton Luzern das …» – ein Lastwagen braust in den Kreisel Kreuzstutz und für einen Moment geht die Stimme des Redners im Strassenlärm unter. Der Redner fährt fort: «…umsetzt, ist eigentlich egal.»
Am Montagfrüh haben sechs Stadtluzerner Quartiervereine Medienschaffende in den Treffpunkt Stutzegg an der Baselstrasse eingeladen. Der Grund ist die neue «Allianz gegen Strassenlärm». «Die Untätigkeit des Kantons muss ein Ende haben», prangt in grossen Lettern auf ihrer Powerpoint-Folie.
Zur Allianz gehören die Quartiervereine Bernstrasse, Hirschmatt-Neustadt, Hochwacht, Maihof, Obergrund und Wächter am Gütsch. Ein siebter Verein wolle dazukommen, heisst es am Montag. Bei insgesamt 22 Quartiervereinen in der Stadt sei das doch eine beträchtliche Menge, finden die Anwesenden.
Die Ankündigung, dass sich in der lärmigsten Stadt der Deutschschweiz die Quartiere auf die Hinterbeine stellen, hat viele Medienschaffende an den Kreisel Kreuzstutz gelockt. Sie verfolgen in der Präsentation Beispiel um Beispiel, wo die Stadt Luzern bereits Gesuche für Tempo 30 gestellt hat, um den grassierenden Strassenlärm zu senken – doch der Kanton Luzern bis heute kaum etwas getan hat.
Was bisher in Sachen Tempo 30 geschehen ist
2019: Bernstrasse, Bundesstrasse und Zentralstrasse. 2021: Horwerstrasse. 2023: Obergrund-/Eichwaldstrasse bis zum Knoten Arsenal-/Grosshofstrasse zusammen mit der Eichwaldstrasse. Die Stadt kann eine Verkehrsberuhigung nicht allein ausrufen, weil es sich um Kantonsstrassen handelt.
Weil noch keine Verbesserung aufgetreten ist, stellte der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) im Jahr 2024 gemeinsam mit den Quartiervereinen Bernstrasse und Hirschmatt-Neustadt ein Wiedererwägungsgesuch für die Bern-, die Zentral- und die Bundesstrasse. Sie wollen den Druck hochhalten. Ein Entscheid des Kantons steht noch aus.
«Ich weiss nicht, wo die Untätigkeit des Kantons herkommt. Mich ärgert sie massiv», sagt Stefan Brücker am Montag. Er wirkt seit 2022 als Co-Präsident des Vereins Babel. Solange kein beschwerdefähiger Entscheid für das Wiedererwägungsgesuch vorliege, könnten die Vereine mit dem VCS nicht dagegen vorgehen.
Daher stellt die neue Allianz nun konkrete Forderungen.
Was nun geschehen soll
Jeder fünfte Stadtluzerner schläft mit zu viel Lärm
Tempo 30 sei eine «einfache, kostengünstige, reversible» Massnahme, um die Lärmbelastung deutlich zu senken. In der Stadt Luzern seien die Lärmgrenzwerte bei rund 7000 Wohnungen überschritten. 20 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner sind nachts zu lautem Lärm ausgesetzt, wie der Stadtrat auf einen Vorstoss antwortete.
Einen politischen Hebel will die Allianz derweil nicht ergreifen: Weder eine Petition noch eine Initiative ist vorerst geplant. In Zukunft sei das aber sicherlich denkbar, teilen die Vereine mit. Nun aber liege der Ball beim Kanton.
Kanton arbeitet konkrete Tempo-30-Regeln aus
Auf der Strasse der Stadt Luzern sieht man von allfälligen Tempo-30-Bemühungen des Kantons wenig. In der Bernstrasse hat der Kanton zwar auf einem kurzen Abschnitt Tempo 30 eingeführt. Ein positives Beispiel, auch für die Quartiervereine. Aber nur eines. Dies soll sich aber ändern.
2024 hat der Kanton den 43-seitigen Planungsbericht «Tempo 30 auf verkehrsorientierten Strassen innerorts» vorgelegt. Das Ergebnis: Durch Tempo 30 verlängern sich Fahrzeiten marginal. Der Schleichverkehr durch Quartiere nimmt nicht zu. Der Ausstoss von Schadstoffen und der Treibstoffverbrauch bleiben ähnlich. Die Verkehrssicherheit und das Wohlbefinden der Anwohner steigen. Der Lärm geht zurück (zentralplus berichtete).
Im Herbst nahm das Kantonsparlament den Bericht mit elf Anmerkungen zustimmend zur Kenntnis. Der Kanton Luzern hat einen Vorschlag für die nun notwendige Anpassung der Strassenverkehrsordnung erarbeitet und in die Vernehmlassung geschickt. Diese dauert bis Juni.
Alle hängigen Gesuche sollen anschliessend nach den neuen Regelungen beurteilt werden. Auch erhalten Gemeinden ein Merkblatt für künftige Gesuche.
seit 2022 im Journalismus, davor Politikwissenschaftler, Weltenbummler und Steinbildhauer. Bei zentralplus vom Praktikanten, zum Volontär bis zum Ressortchef alles durchlaufen. Heute Co-Redaktionsleiter mit einem Hang zu guten Texten.