Warum haben die dazu Nein gesagt? Das ist die Frage, welche sich die Baudirektion des Kantons Zug nach den Abstimmungen über die Umfahrungen in Unterägeri und Zug gestellt hat. Im vergangenen Mai hat die Stimmbevölkerung sowohl einem Tunnel in der Stadt Zug als auch in Unterägeri eine Abfuhr erteilt. Die zwei Projekte hätten zusammen rund eine Milliarde Franken gekostet und waren heiss diskutiert (zentralplus berichtete).
Die Baudirektion hat deshalb eine Studie in Auftrag gegeben. Das Forschungsinstitut «GFS Bern» hat gut 1200 Zugerinnen und Unterägerer gefragt, weshalb sie für oder gegen die Umfahrungstunnel gewesen sind. Die Resultate der repräsentativen Umfrage sind nun bekannt.
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warum Parteipräferenzen Abstimmende zu einem doppelten Nein führten
ob die Zuger Bevölkerung allgemein hinter der Verkehrspolitik des Kantons steht
was der Zuger Baudirektor Florian Weber nun für Schlüsse zieht
Meinungen der Parteien waren ausschlaggebend
Die Studie zeigt drei Hauptgründe, welche die Stimmberechtigten zu ihrer Meinung bewogen haben. Zuoberst auf der Liste steht die Parteipräferenz. Viele haben sich also daran orientiert, was für eine Stimmabgabe ihre Lieblingspartei empfahl.
Das vereinigte Lager der Linken hat die Umfahrungen entschieden abgelehnt. Die bürgerliche Mehrheit ist den Projekten besser gesinnt gewesen. Die Zustimmung auf der einen Seite sei aber schwächer gewesen als die entschiedene Ablehnung auf der anderen Seite, schreiben die Studienautoren.
«Zusammen mit der mehrheitlichen Ablehnung der Stimmberechtigten ohne klare Parteibindung führte dies zu einem doppelten Nein an der Urne für beide Vorhaben», heisst es schlussfolgernd.
Zu wenig Überzeugungsarbeit geleistet
Der zweite Grund, weshalb die Tunnel es nicht geschafft haben, ist laut der Umfrage einer, der die Befürworter der Projekte ärgern dürfte. Jene Abstimmenden, die auf der Kippe gewesen seien, seien nicht vollends von den Vorteilen der Bauvorhaben überzeugt gewesen, schreiben die Verantwortlichen der Umfrage.
ÖV-Fahrer wie auch Fahrradfahrerinnen seien nicht überzeugt gewesen, dass die Tunnel ihnen viel brächten. Stadtzuger seien überdies kritisch gewesen, dass die Umfahrung bei ihnen die Lebensqualität in der Stadt massgeblich erhöhen würde, so die Studie. Eine Milliarde Franken für zwei Projekte, die nur wenige Vorzüge aufweisen? Das sahen die Zugerinnen nicht ein.
Bevölkerung steht hinter der Verkehrspolitik
Drittens haben viele das Problem als nicht ganz so dringlich eingestuft. Die Zuger Stimmbevölkerung gehe zwar mit der Politik einher, dass die Verkehrssituation in der Stadt wie auch in Unterägeri problematisch sei, sehe aber nicht akuten Handlungsbedarf, steht im Abschlussbericht zur Umfrage.
Überdies halten die Studienautoren fest, dass trotz des zweifachen Neins nur eine Minderheit der Stimmbevölkerung das Scheitern der Tunnelprojekte als ein generelles Zeichen gegen die kantonale Verkehrspolitik sehe. «Dass die Verkehrsführung darauf ausgerichtet ist, den Verkehr auf die Hauptachsen zu konzentrieren und die übrigen Gebiete zu entlasten, ist in der Stimmbevölkerung sehr breit abgestützt», heisst es abschliessend.
Politik wollte verstehen, warum Bevölkerung anderer Meinung war
Nach einer Abstimmung mit einer Umfrage zu analysieren, weshalb sich die Stimmbevölkerung so entschieden hat, wie sie es getan hat, ist eigentlich nicht üblich – das bestätigt Florian Weber, FDP-Regierungsrat und Baudirektor des Kantons Zug. «In diesem Fall wollten wir genau wissen, wie das Abstimmungsergebnis zustande kam. Insbesondere weil der Kantonsrat mit grosser Mehrheit die beiden Vorlagen befürwortete», so Weber. Das Nein an der Urne war schliesslich wuchtig (zentralplus berichtete).
Zu den Resultaten der Studie äussert sich der Baudirektor nicht im Detail. Dennoch scheint er zufrieden. Die Umfrageresultate würden eine gute Grundlage bilden und wertvolle Hinweise für künftige Projekte geben, führt er aus.
Der Baudirektor zieht seine Schlüsse
Die zentrale Erkenntnis aus der Studie ist für Weber, dass die Bevölkerung grundsätzlich hinter der Verkehrspolitik des Kantons steht. Ein weiterer Schluss, welcher der Baudirektor aus der Umfrage zieht, betrifft die Wahrnehmung des Problems, welches die beiden Umfahrungstunnel hätten lösen sollen.
«Es ist eine Herausforderung in der Verkehrspolitik, verschiedene Bedürfnisse auf einen Nenner zu bringen», schreibt Weber. Dies sei umso schwieriger, wenn wie im vorliegenden Fall der Problemdruck von den Abstimmenden als zu tief empfunden werde. Ganz im Sinn: wo kein Druck, da keine Kompromissbereitschaft.
Das geschieht als Nächstes
Mit der Publikation der Umfrageresultate ist die Angelegenheit nicht gegessen. Die Verkehrslage im Kanton Zug ist weiterhin schwierig. Um die künftigen Herausforderungen auf den Strassen in den Gebieten Zug–Baar und im Ägerital zu meistern, habe die Baudirektion mit Vertretern der Gemeinden zwei Projektgruppen gebildet, erklärt Weber.
Die Gruppen erarbeiteten nun je eine Fokusstudie für die betreffenden Regionen. «Ziel ist es, die Grundlagen für die Planung und Umsetzung künftiger Massnahmen zu schaffen», so der Baudirektor. Inwiefern die Erkenntnisse aus der Umfrage das weitere Vorgehen des Kantons genau prägen, sagt er nicht.
Nathan Affentranger ist seit März 2024 Praktikant bei zentralplus. Er hat einen Entlebucher Dialekt, eine Antipathie für Beamtensprache und ein Masterdiplom in Philosophie. Am liebsten schreibt er über die kleinen Absurditäten des Alltags.