Zur Aufwertung der Innenstadt

Der Einbahnverkehr im Zuger Zentrum ist bald passé

Heute gilt auf der Zuger Bahnhofstrasse Einbahnverkehr. Damit ist es wohl bald vorbei. (Bild: Andreas Busslinger)

Zug tüftelt an der Neugestaltung des Stadtzentrums. Eine Aufwertung des Stadtteils zwischen Bahnhof und Postplatz begrüssen alle. Doch das «Wie» wird noch viel zu diskutieren geben.

Als Standortfaktor hat die Stadt Zug bei Weitem nicht nur tiefe Steuern zu bieten. Denn die Lage am Ufer des Zugersees und am Fusse des Zugerbergs ist pittoresk. Die Standortqualitäten sind unbestritten. Nur muss sich der ganze Nord-Süd-Verkehr wegen dieser Lage zwischen See und Berg durch das Nadelöhr der Zuger Innenstadt zwängen.

Die Tausenden von Autos, Bussen und Lastwagen, die sich täglich durch die Neugasse, die Bahnhofstrasse oder die Vorstadt quälen, schmälern die Aufenthaltsqualität im Zuger Zentrum. Darum ist die Aufwertung des Zentrums wohl so was wie der heilige Gral der Zuger Stadtplanung: Der Person, die eine funktionierende Lösung finden wird, winkt nie enden wollende Anerkennung.

Zuger Zentrum bekommt einen neuen Anstrich

Schon Anfang der 1990er-Jahre gab es im Grossen Gemeinderat politische Vorstösse, die beispielsweise von einer autofreien Vorstadt träumten. Daraus geworden ist bisher nichts. Aktuell ist es Bauchefin Eliane Birchmeier, die sich dieser Aufgabe angenommen hat (zentralplus berichtete).

Denn die Stadt Zug wird in den nächsten Jahren ihre Ortsplanung revidieren. Dazu hat die Stadt zur Vorbereitung eine räumliche Gesamtstrategie entworfen. Sie hält die Grundsätze fest, an denen sich die Stadtentwicklung der kommenden 15 bis 20 Jahre orientiert.

Die Strategie ist in fünf Kapitel unterteilt. Das zweite davon trägt den Namen «Die Stadt mit dem lebendigen Zentrum für alle». In diesem Kapitel hält die Stadt das Ziel fest, das Gebiet zwischen Bahnhof, Seeufer und Altstadt aufzuwerten. So soll aus dem Gebiet ein «identitätsstiftender Stadtraum werden, indem der Bahnhofplatz mit dem Seeufer und der Altstadt verknüpft wird».

«Die Verkehrsführung im Zentrum soll vereinfacht und der Einbahnring aufgehoben werden.»

Nicole Nussberger, Baudepartementssekretärin der Stadt Zug

Doch heute sind diese Zonen durch die Hauptverkehrsachsen voneinander getrennt. Die viel befahrene Bahnhofstrasse und die Vorstadt isolieren die jeweiligen Stadtteile voneinander. Der Schlüssel für eine Aufwertung des Zentrums sieht die Stadt darum im Verkehr. Diesen will Zug in den kommenden Jahren neu organisieren.

Die Stadt will das Einbahnregime aufheben

Ein Element dieser Neuorganisation ist der Zuger Stadttunnel (zentralplus berichtete). Dieser soll zu einer Verkehrsreduktion im Zentrum und somit zur Steigerung der Aufenthaltsqualität beitragen, heisst es in der räumlichen Gesamtstrategie.

Nicole Nussberger vom Baudepartement der Stadt Zug und Etienne Schumpf, Fraktionschef der FDP Stadt Zug. (Bild: Stadt Zug)

Damit ist es mit der Neuorganisation des Verkehrs im Zentrum aber noch nicht getan. In der Strategie heisst es nämlich auch, dass Massnahmen für den Einbahnring Bahnhofstrasse-Vorstadt geplant sind. Das Zuger Baudepartement führt auf Anfrage aus: «Der Stadtrat sieht in der Aufwertung der Seeuferzone auch im Bereich der Vorstadt und in der Verknüpfung der Bereiche Bahnhof und Bundesplatz mit dem See eines der grössten Potenziale für die Stadt Zug. Um dies zu ermöglichen, soll die Verkehrsführung im Zentrum vereinfacht und der Einbahnring aufgehoben werden.»

«Ein zentrales Anliegen des Stadtrats ist es, möglichst rasch mit den Aufwertungsmassnahmen im Zentrum zu beginnen und nicht zuzuwarten, bis der Zentrumstunnel erstellt ist.»

Nicole Nussberger

Mit diesem Schritt will die Stadt den Bereich Vorstadt in einen verkehrsarmen Bereich verwandeln. Damit schafft die Stadt eine Verbindung zwischen Bahnhof und Altstadt sowie eine grössere Naherholungsfläche am Seeufer. Ein Grossteil des heutigen Verkehrs in Richtung Süden soll demnach über die Bahnhofstrasse abgewickelt werden. Dort wird dann künftig im Gegenverkehr gefahren.

Aufwertung hat hohe Priorität

Für den Zuger Stadtrat hat diese Massnahme eine hohe Priorität. Mit der Aufwertung des Zentrums will sie nicht zuwarten, bis der Stadttunnel bewilligt und gebaut ist – ein Prozess, der sich mindestens noch zehn Jahre hinziehen dürfte. Nicole Nussberger, Sekretärin des Baudepartements, schreibt auf Anfrage: «Ein zentrales Anliegen des Stadtrats ist es, möglichst rasch mit den Aufwertungsmassnahmen und der Optimierung der Verkehrsführung im Zentrum zu beginnen und nicht zuzuwarten, bis der Zentrumstunnel erstellt ist.»

Darum geht die Stadt jetzt etappenweise vor. «Eine erste Etappe beinhaltet Massnahmen, die in den kommenden fünf bis zehn Jahren umgesetzt werden können», sagt Nussbaumer. Dazu gehört die Aufhebung des Einbahnrings. «Die zweite Etappe und Weiterführung der Massnahmen erfolgen nach Fertigstellung des Zentrumstunnels.»

«Eine Aufhebung des Einbahnregimes bringt uns einer Aufwertung des Stadtzentrums keinen Schritt näher, weil die verkehrstechnischen Probleme damit nur verlagert werden.»

Etienne Schumpf, Fraktionschef FDP Stadt Zug

Bereits in diesem Herbst beginnt das Baudepartement mit der Erhebung von Verkehrsdaten im Zentrum und ermittelt, wie sich die geplanten Verkehrsmassnahmen auswirken würden. In rund einem Jahr startet dann das Mitwirkungsverfahren, bei dem die Stadt die Meinungen der Bevölkerung, der Parteien und Interessensverbände zur Zentrumsplanung abholt.

Die FDP kritisiert die Idee

Dass der Stadtrat dort auf Widerstand stossen wird, zeichnet sich bereits jetzt ab. Denn die Idee mit dem neuen Verkehrsregime im Zentrum gefällt nicht allen. In der Debatte im Grossen Gemeinderat zur räumlichen Gesamtstrategie äusserten sich insbesondere die Fraktionen der Mitte und der FDP kritisch dazu.

FDP-Fraktionschef Etienne Schumpf sagt auf Anfrage: «Wir sind kritisch gegenüber der Idee der Aufhebung des Einbahnregimes eingestellt, weil so ein verkehrsarmes Zentrum nicht erreicht wird.» Er begründet: «Eine Aufhebung des Einbahnregimes oder Aufwertung der beiden Strassen bringt uns einer Aufwertung des Stadtzentrums keinen Schritt näher, weil die verkehrstechnischen Probleme damit nicht gelöst, sondern nur verlagert werden.»

Der Stadtratskandidat Schumpf betont, dass nur der Zentrumstunnel der Schlüssel zu einer qualitativen Aufwertung des Stadtzentrums sei. Gekoppelt mit ergänzenden Massnahmen wie Flaniermeilen, einem sicheren Veloverkehrsnetz, Strassencafés und Begegnungszonen.

Seine Vision klingt letztlich ähnlich wie jene der Stadt. Doch die Frage nach dem «Wie» dürfte zum grossen Zankapfel werden. Schliesslich ist es eine Frage, an der sich in der Stadt Zug schon manche Planer und Politikerinnen die Zähne ausgebissen haben.

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12 Kommentare
  • Profilfoto von tabea.estermann
    tabea.estermann, 26.07.2022, 09:18 Uhr

    FDP Fraktionschef Schumpf scheint zu vergessen, dass es eine Wechselwirkung von Angebot und Nachfrage gibt: Je mehr Spuren, desto mehr Autos. Daher ist der Einbahnverkehr nicht die einzige Lösung, aber ein erster Ansatz. Während einige Leute zweifellos keine Wahl haben, das Auto zu wählen, wird der eine oder andere der sehr einfach das Velo nehmen könnte sich 2x überlegen ob er wirklich das Auto nehmen soll. Gut so.

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  • Profilfoto von Ursula Strub
    Ursula Strub, 26.07.2022, 00:06 Uhr

    Die Lösung steht längst. Wer sich die Mühe nimmt, das Projekt ‚Promenade Zug‘ zu studieren, stösst auf Hürden, aber v.a. auf sehr gute Lösungsansätze. Wäre da nur nicht ein Grüner, der die nie enden wollende Anerkennung erhielte! Irgendwie muss die Kirche schon im Dorf bleiben!
    So warte ich denn gespannt auf weitere Totgeburten in der Verkehrsplanung, die ich nun schon seit über 30 Jahren als nicht zielführende erfahre.

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  • Profilfoto von Sebastian Krüger
    Sebastian Krüger, 25.07.2022, 17:13 Uhr

    Statt einen extrem teuren Tunnel zu bauen, könnte man auch den ÖV so unwiderstehlich attraktiv machen, dass die Zahl der Autos deutlich sinkt. Das ist sicherlich billiger, schneller umzusetzen und ohnehin zukunftsorientierter weil ja heute schon klar ist, dass man mit den alten Rezepten (immer mehr vom Gleichen und den Lebenswandel auf keinen Fall ändern) an natürliche Grenzen stösst, die uns die Natur setzt.

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  • Profilfoto von Etienne Schorro
    Etienne Schorro, 25.07.2022, 14:15 Uhr

    Ich finde es schade, wenn sich die Bürgerlichen gegen diese Idee aussprechen. Der Verkehr würde durch die Aufhebung des Einbahnrings nicht behindert, denn die Autos können am Ende dieses Ringes in jede Richtung nur auf einer einzelnen Spur weiter fahren (Richtung Neugasse, eine Spur. Richtung Bahnhof, eine Spur. Richtung Baar, eine Spur. Bei der Neustadtpassage und bei der Metalli und durch die Baarerstrasse, eine Spur. Richtung Cham, dem See entlang, eine Spur). Dafür diese Strasse am schönsten Ort von Zug aufrechtzuerhalten ist sehr, sehr, schade. Die Chance, die sich mit einer Fussgängerzone dort auftun würde wahre geradezu phänomenal!

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  • Profilfoto von smokymale
    smokymale, 25.07.2022, 12:59 Uhr

    Nein aber auch, den mit dem Gegenverkehr hatten wir doch früher schon mal und ihr wart nicht glücklich mit der Lösung. Ein Zentrumtrunnel bringt bestimmt auch nicht das gewünschte, verschluckt nur jede Menge an Steuergeldern. Endlich Lichtsignale an einigen Fussgängerstreifen aufstellen und nicht sofort wieder abbauen wie damals beim Übergang ins Neustadtcenter. Wird endlich Zeit dass auch Fussgänger sich wieder an Regeln halten und nicht an jedem Ort einfach über die Strasse latschen wie es grad so beliebt. So könnte der Verkehr auch wieder flüssiger rollen. Irgendwie setzt Zug immer wieder am falschen Ort an.

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  • Profilfoto von Esther Ambühl
    Esther Ambühl, 25.07.2022, 10:47 Uhr

    Der Zentrumstunnel entlastet höchstens einen kleinen Teil des Zentrums (was ist das Zentrum von Zug?), bringt den angrenzenden Quartieren aber 4x mehr Verkehr! Wollen wir das wirklich?

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    • Profilfoto von Alois Iten
      Alois Iten, 25.07.2022, 11:09 Uhr

      Die Frage nach dem Zentrum stellt sich in Zug tatsächlich. Nicht nachvollziehbar ist für mich jedoch, weshalb die angrenzenden Quartiere plötzlich viermal mehr Verkehr haben soll. Der Verkehr roll ja heute schon hier durch.

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      • Profilfoto von Heinz Hanselkranzmeier Dipl. Ing.
        Heinz Hanselkranzmeier Dipl. Ing., 25.07.2022, 12:25 Uhr

        Neue Strassen produzieren mehr Verkehr. Was schon andernorts mehrmals bewiesen wurde, würde auch hier geschehen.

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        • Profilfoto von Alois Iten
          Alois Iten, 25.07.2022, 14:47 Uhr

          Das ist nicht die Antwort auf die Frage, die ich hier gestellt habe. Von einem Ingenieur würde ich etwas mehr Tiefgang erwarten als oberflächliche Sprüche. Auch wenn diese stimmen sollten.

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      • Profilfoto von Esther Ambühl
        Esther Ambühl, 25.07.2022, 14:09 Uhr

        Steht so in den Unterlagen zur Richtplanänderung: Gubelstrasse = 4x mehr Verkehr!

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        • Profilfoto von Alois Iten
          Alois Iten, 25.07.2022, 16:37 Uhr

          Stimmt, ich habe es nachgelesen. Die Belastung auf der Neugasse sinkt auf rund einen Drittel. Die Belastung auf der westlichen Gubelstrasse zwischen dem Tunnelportal und dem nachfolgenden Knoten steigt auf rund 30’000 Fahrzeuge an – das sind rund viermal mehr als heute. Es ist ein kurzes Stück, das zulasten der Innenstadt massiv mehr belastet wird, aber keine angrenzenden Quartiere.

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          • Profilfoto von Esther Ambühl
            Esther Ambühl, 25.07.2022, 18:54 Uhr

            Wieso ist das Herti (zu dem die Gubelstrasse gehört) nicht angrenzend?
            Und nach der Gubelstrasse gehts auf die Aabachstrasse/Nordstrasse und G-G-Strasse. Diese werden auch erheblich mehr Verkehr bekommen. Was ist mit Oberwil, wenn alle durch Zug fahren und nicht mehr die Autobahn benutzen? Und mit der Baarer-/Industriestrasse?

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