Keine Transparenz bei der Polizei

Darum will Zug die Blitzer-Standorte nicht preisgeben

Michael Arnold will wissen, wo die semi-stationären Blitzer der Zuger Polizei stehen. (Bild: Elio Wildisen / FDP Zug)

Die Zuger Polizei soll künftig die Standorte der Blitzer publizieren, fordern SVP und FDP. Doch die Regierung hält nichts von dieser Idee. Vor allem aus Kostengründen.

Was St. Gallen längst hat und Luzern seit über einem Jahr ebenfalls, soll auch Zug erhalten: öffentliche Blitzer-Standorte. Das haben die FDP- und die SVP-Fraktion des Kantonsrats mit einem Postulat gefordert (zentralplus berichtete).

Im Postulatstext zeigen sich die Parteien überzeugt, dass die Veröffentlichung der Standorte zu mehr Verkehrssicherheit führt. Sie verweisen auf den Kanton St. Gallen, wo die Polizei die Blitzer-Standorte schon seit mehreren Jahren publiziert. Die Zahl der Verkehrsunfälle hat seither stark abgenommen. Die SVP und die FDP gehen davon aus, dass zwischen der Veröffentlichung der Standorte und der höheren Verkehrssicherheit ein Zusammenhang besteht.

FDP-Fraktionschef fordert Blitzer an gefährlichen Stellen

Die Argumentation klingt zwar nachvollziehbar, doch überzeugt sie die Zuger Regierung nicht. Sie lehnt die Forderung ab, dass die Zuger Polizei die Standorte der semi-stationären Blitzer künftig publizieren soll.

Die Regierung anerkennt, dass ein Blitzer dazu führt, dass Autofahrerinnen weniger schnell fahren. Doch das Aber folgt sogleich: «Dieser positive Effekt wirkt jedoch nur punktuell und bleibt räumlich auf den kontrollierten Strassenabschnitt begrenzt», schreibt die Regierung in ihrer Antwort. Ob die Autofahrer ausserhalb der kontrollierten Abschnitte ebenfalls korrekt fahren, sei mit der Publikation der Standorte umso fraglicher: «Wer weiss, auf welchen Strassenabschnitten die Geschwindigkeit kontrolliert wird, weiss gleichzeitig auch, auf welchen Strassenabschnitten nicht kontrolliert wird.»

«Laufende Bekanntmachung von Radarkontrollen und deren Standorten erhöht unserer Ansicht nach auch das Bewusstsein für eine vorsichtigere Fahrweise.»

Michael Arnold, Fraktionschef FDP

Anders sieht das Michael Arnold, Chef der FDP-Fraktion im Zuger Kantonsrat: «Grundsätzlich sollten die Standorte der Radaranlagen aufgrund der Gefährlichkeit der entsprechenden Stellen ausgewählt werden», sagt er auf Anfrage. Wenn die Autofahrerinnen bereits von Vornherein wüssten, dass dort kontrolliert wird, würden sie darum noch vorsichtiger fahren.

«Laufende Bekanntmachung von Radarkontrollen und deren Standorten erhöht unserer Ansicht nach auch das Bewusstsein für eine vorsichtigere Fahrweise», fügt Arnold an. Als Ergänzung zu den publizierten Standorten soll die Polizei weiterhin auch mobile Messungen durchführen, «sodass die Verkehrsteilnehmenden überall und jederzeit mit einer Kontrolle rechnen müssen.»

Der Nutzen der Veröffentlichung ist fraglich

Doch die Zuger Regierung hat weitere Kritikpunkte: So stellt sie infrage, ob zwischen der Veröffentlichung der Blitzer-Standorte und der gesunkenen Zahl der Unfälle in Luzern und St. Gallen wirklich ein Zusammenhang besteht. Tatsächlich ist die Massnahme im Hinblick auf die Verkehrssicherheit fraglich. Denn weder in St. Gallen noch in Luzern lässt sich eine mögliche Kausalität erheben. Es gibt verschiedene Faktoren, welche die Verkehrssicherheit beeinflussen: Wetter, Fahrstil, Fahrzeugtyp und so weiter. Welcher Faktor sich wie auf die Sicherheit auswirkt, weiss die Polizei nicht (zentralplus berichtete).

«Inwiefern die Publikation in den letzten 12 Monaten die Verkehrssicherheit tatsächlich verbessert hat, kann nicht seriös beurteilt werden.»

Luzerner Polizei

So zog auch die Luzerner Polizei in einer Mitteilung im vergangenen Sommer eine nüchterne Bilanz zum ersten Jahr mit den öffentlichen Blitzer-Standorten: «Inwiefern die Publikation in den letzten 12 Monaten die Verkehrssicherheit tatsächlich verbessert hat, kann nicht seriös beurteilt werden, da für eine solche Auswertung die personellen Ressourcen fehlen.»

FDP-Fraktionschef Arnold sieht die Sache pragmatischer: «Es ist uns nicht bekannt, dass in einem der Kantone, welche dies bereits praktizieren, negative Entwicklungen festgestellt wurden.» Ganz nach dem Motto: Nützt es nicht, so schadet es nicht.

Zuger Polizei hat zu wenig Ressourcen

Aber es kostet. Und dies ist der Hauptgrund, weshalb die Zuger Regierung die Blitzer-Standorte auch künftig nicht publizieren will. Dazu verweist sie auf den Kanton Luzern. In Luzern gibt es nämlich eine eigene Radargruppe. Christian Bertschi, Mediensprecher der Luzerner Polizei, erklärt auf Anfrage: «Diese Gruppe besteht aus vier einzelnen Teams mit je zwei Personen, die unabhängig voneinander im Einsatz sind.» Diese betreut und wartet die 31 Radargeräte und führt mit den vier mobilen Geräten Messungen durch. Wo diese Messungen stattfinden, verrät die Luzerner Polizei nicht. Nur die Standorte der drei semi-stationären Blitzer publiziert die Polizei wöchentlich.

Die Zuger Polizei hingegen besitzt nur drei semi-stationäre und einen mobilen Blitzer. Seit 2018 gibt es in Zug überhaupt keine fix installierten Blitzer mehr. Die Regierung hat damals entschieden, die bestehenden 13 stationären Blitzern nicht zu erneuern und durch vier flexibel einsetzbare Geräte zu ersetzen. Dies erhöhe die Flexibilität der Polizei und spare zudem rund eine Million Franken ein, lautete die damalige Begründung.

Weil die Ausrüstung der Zuger Polizei im Vergleich zum Luzerner Pendant also eher dürftig ist, betreibt sie auch keine eigene Radargruppe. Um also die Blitzer-Standorte künftig zu publizieren, braucht es aus Sicht der Regierung sowohl mehr Blitzer als auch mehr Personal. Eine Aufstockung jedoch lehnt die Regierung «entschieden» ab. Sie will am bewährten Modell festhalten.

Als Nächstes wird der Kantonsrat darüber beraten, wie viel Transparenz bei der Polizei sinnvoll ist und wo etwas Geheimniskrämerei nicht schadet.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austauch mit Michael Arnold
  • Postulat und Antwort der Regierung
  • Schriftlicher Austausch mit Christian Bertschi

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6 Kommentare
  • Profilfoto von Hanswurst
    Hanswurst, 18.01.2023, 18:57 Uhr

    Das tönt für mich als Demokrat aber ganz schlecht, wenn die SVP mit 22/120 Sitzen durch Nötigung eine Mehrheit erreichen kann. Mir scheint viel mehr, dass da auch Mitte, FDP und GLP kräftig mitgeholfen haben.

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  • Profilfoto von Rupert
    Rupert, 17.01.2023, 19:31 Uhr

    Es wäre mir schlicht zu blöd, mich wöchentlich nach den Radar-Standorten zu erkundigen. Als SVP-Wähler fehlt mir das Verständnis für diesen FDP/SVP-Vorstoss. Einfach die erlaubte Geschwindigkeit einhalten – und gut ist. Wieso soll man den Dummköpfen am Steuer noch entgegenkommen?

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    • Profilfoto von tore
      tore, 18.01.2023, 07:41 Uhr

      Bin als Nicht-SVP-Wähler ganz Ihrer Meinung 😉
      Radar-Standorte bekanntzugeben ist ein populistischer Schachzug um Wähler zu gewinnen.
      Man stelle sich vor, im Fussball würden die Schiedsrichter*innen vor dem Match bekanntgeben, wo auf dem Spielfeld und zu welcher Zeit sie welche Fouls anden … oder in der Schule würde die Lehrerin jeweils im Morgenkreis bekanntgeben, zu welchen Zeiten es ihr wichtig ist, dass die Kinder die Regeln einhalten …

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    rüedisüeli, 17.01.2023, 18:14 Uhr

    Vielleicht mal nicht die Schnellfahrer büssen, sondern diejenigen die mit 60 kmh auf die Autobahn einfahren und dazu noch versuchen, Augentropfen ins Auge zu träufeln! Gesehen Einfahrt Cham in Richtung Zürich

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  • Profilfoto von Hanswurst
    Hanswurst, 17.01.2023, 17:54 Uhr

    Die offensichtlich Schnellfahrer-freundliche und damit Verkehrsdelikt-fördernde Luzerner Regierung soll sich mal die mehr als plausible Begründung der Zuger Regierung zu Gemüte führen und die Publikation der Radarstandorte umgehend einstellen.

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    • Profilfoto von Fritzwurst
      Fritzwurst, 17.01.2023, 23:47 Uhr

      Die Luzerner Regierung ist weder Schnellfahrer-freundlich noch Delikte-fördernd. Sie wurde zur Veröffentlichung der Standorte durch Vorstösse der SVP-Vertreter im Kantonsrat – also den Vertretern des Volkes – genötigt. Falls Sie sich mit dem Vorstoss nicht einverstanden erklären können, dürfen Sie dies gerne bei den nächsten Wahlen an der Urne kundtun.

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