Überdachung der Autobahn A2

Bypass-Überraschung erhält in Kriens viel Zuspruch

Eine Testplanung zeigt auf, wie das Gebiet Luzern Süd an der Autobahn entwickelt und aufgewertet werden kann. (Bild: Kanton Luzern)

Eine Testplanung soll aufzeigen, wie die Autobahn durch Kriens überdacht werden soll. Doch ein Zwischenfazit zeigt: Eine komplette Überdachung ist unwahrscheinlich. Das widerspricht der ursprünglichen Forderung.

Auf die Euphorie folgt die Ernüchterung. So zumindest lassen sich die Ereignisse rund um den Bypass in Kriens auf den ersten Blick interpretieren. Es war im Dezember 2021 – die Schweiz steckte tief in der Coronakrise und Hygienemasken gehörten zum Alltag – als die Stadt Kriens, gemeinsam mit dem Kanton und dem Bundesamt für Strassen (Astra), eine Absichtserklärung unterzeichnete. Darin hielten die Parteien fest, eine Testplanung durchzuführen, wie die Autobahn A2 zwischen Sonnenberg und dem Schlund-Tunnel in Horw überdacht werden könnte.

Stadtpräsidentin Christine Kaufmann sprach von einem Meilenstein (zentralplus berichtete). Denn lange Zeit waren die Fronten zwischen Kriens und dem Bund verhärtet. Kriens bestand auf einer Überdeckung der Autobahn, als Ausgleichsmassnahme für den städtebaulichen Schaden, den der Bau des Bypasses in Kriens anrichten wird. Das Astra aber wollte davon nichts wissen. Erst die Vermittlung des Kantons Luzern ermöglichte den Durchbruch und die Einigung zwischen den beiden.

Planer wollen keine komplette Überdachung

Drei Planungsteams prüfen seither, wie der Autobahnabschnitt überdeckt und das ganze Gebiet in Luzern Süd aufgewertet werden kann (zentralplus berichtete). Anfang März präsentierten sie beim sogenannten Blick in die Werkstatt erste Zwischenergebnisse ihrer Überlegungen und warteten mit einer grossen Überraschung auf: Keines der drei Teams schlägt eine komplette Überdachung des Abschnitts vor – obwohl das die ursprüngliche Krienser Forderung war.

Der Entwurf sieht im mittleren Teil des Autobahn-Abschnitts eine grosse Überdachung vor. Zwei kürzere Autobahnabschnitte bleiben offen. (Bild: Team Van de Wetering)

zentralplus hat bei Roman Hanimann nachgefragt. Der Raumplaner arbeitet bei Van de Wetering, welches eines der drei in der Testplanung involvierten Teams ist. Sein Team schlägt drei Teilbereiche vor, welche überdeckt werden sollen: Im Süden als Verlängerung des Schlund-Tunnels, im mittleren Bereich auf der Höhe des Südpols sowie im Norden bei der Grosshofbrücke, die zum Portal des Sonnenberg-Tunnels führt. Diese Überdeckung war auch vom Astra so vorgesehen.

Das heutige Portal beim Sonnenberg-Tunnel (rot), der Vorschlag des Astra für eine neue Grosshofbrücke (blau) und die Vision der Stadt Kriens (gelb). (Bild: zvg)

Eine Überdachung ist nicht überall sinnvoll

Hanimann erklärt, dass es mehrere Gründe gibt, die gegen eine komplette Überdachung der Autobahn sprechen. «Im Norden bei der Grosshofbrücke ist die Situation mit den zahlreichen Ein- und Ausfahrten sehr komplex. Dort ist der Spielraum für eine städtebauliche Entwicklung begrenzt.» Zudem sei der Niveauunterschied zu berücksichtigen. Die Autobahn liegt dort schon höher als die Umgebung. «Überdeckt man die Autobahn mit zusätzlichen Bauten, entsteht eine hohe Wand. Eine solche Trennwirkung wollen wir verhindern.»

Auf der Höhe des Südpols hingegen ist der Niveauunterschied zwischen Autobahn und Umgebung nicht mehr so gross. «Hier macht eine Überdeckung darum Sinn», sagt Hanimann. Gegen eine komplette Überdachung spricht zudem die Bautechnik. Je länger ein überdeckter Autobahnabschnitt ist, desto mehr Raum braucht es in der Höhe für dessen Belüftung. «Der Autobahndeckel müsste somit höher gebaut werden und der Niveauunterschied würde noch grösser.»

Zwei Autobahnabschnitte von 100 bis 200 Metern Länge bleiben in diesem Entwurf offen. Auf der Höhe des Nidfelds liegt der Grund dafür im dort ansässigen Gewerbequartier. Dieses grenzt direkt an die Autobahn an. Eine Überdeckung an dieser Stelle kommt darum nicht infrage. «Wir wollen das Gewerbe nicht vertreiben, sondern dieses Quartier weiterentwickeln», sagt Hanimann. Zudem übernehme das Quartier bereits heute eine wichtige Lärmschutzfunktion.

Zuspruch aus Kriens für das Zwischenergebnis

Überraschend ist nicht nur dieses Zwischenergebnis, sondern auch die Reaktion aus Kriens. Denn Personen, die hartnäckig eine Überdachung des gesamten Abschnitts forderten, zeigen Verständnis für die Ideen der Testplanung. Zum Beispiel Michèle Albrecht, Co-Präsidentin des überparteilichen Komitees Bypass Plus, welches sich für die komplette Überdeckung einsetzt: «Das Argument, dass ein Betonriegel von 9 bis 10 Metern Höhe über rund einen Kilometer Länge nicht mehr Lebensraum schafft und städtebaulich keine Aufwertung ermöglicht, können wir nachvollziehen.»

Sie sei schon überrascht von diesem Zwischenergebnis, primär aber dankbar dafür, dass das Anliegen des Komitees ernst genommen wird. Es sei ein starkes Zeichen, dass sich die Grundidee der drei Planungsteams sehr ähnelt.

«Es gilt weiterhin hart zu fordern und clever zu denken.»

Michèle Albrecht, Co-Präsidentin Komitee Bypass Plus

Gleich klingt es auch aus dem Krienser Stadthaus. Stadtpräsidentin Christine Kaufmann hat stets betont, dass es eine ergebnisoffene Planung sei. Eine komplette Überdachung ist darum nur eine von vielen möglichen Lösungen. Sie sagt auf Anfrage: «Der Blick in die Werkstatt hat gezeigt, dass ein enorm breites Spektrum an Ansätzen entsteht. Wichtig ist dabei weniger, dass ein Ansatz der Ursprungsidee entspricht, sondern dass er das Problem in diesem Lebensraum löst.»

Neues Quartier schafft Vernetzung

Und wie soll dieses Problem gelöst werden? Beim Team Van de Wetering steht die Vernetzung an erster Stelle. Mit dem neuen Quartier beim Südpol entsteht eine Verbindung zwischen dem historischen Krienser Dorfkern, dem Entwicklungsgebiet Luzern Süd und dem Freiraum in der Allmend. Ein weiterer Übergang zwischen dem «alten» und dem «neuen» Kriens ist im Süden geplant, wo der Schlund-Tunnel verlängert werden soll. So werden die neuen Quartiere im Schlund, Schweighof und Mattenhof besser ans Krienser Zentrum angeschlossen und die Autobahn funktioniert nicht mehr als Trennwand zwischen den Ortsteilen. Neue Velorouten entlang und über der Autobahn sowie Fussgängerstege sollen diese Vernetzung unterstreichen.

Es sind spektakuläre Visionen für diesen neuen Stadtteil im Luzerner Süden. Neue Pärke, Sportplätze, Wohngebäude, Museen und Hotels kann sich das Team Van de Wetering vorstellen. Den Ideen der Planerinnen sind in dieser Phase kaum Grenzen gesetzt.

Darum bleibt auch das Komitee Bypass Plus am Thema dran. Co-Präsidentin Michèle Albrecht sagt, dass die überdachten Teilbereiche der Autobahn grosses Potenzial haben und verlängert werden könnten. «Eine mögliche Absenkung der Autobahn soll weiterverfolgt werden. Zudem soll ein guter Mix zwischen Erholungs- und Nutzraum entstehen. Es gilt also weiterhin hart zu fordern und clever zu denken.» So soll die Euphorie aus dem Dezember 2021 auch weitere Planungsschritte überdauern.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Christine Kaufmann
  • Telefonat mit Roman Hanimann
  • Schriftlicher Austausch mit Michèle Albrecht
  • Unterlagen zum «Blick in die Werkstatt»
  • Website Komitee Bypass Plus
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2 Kommentare
  • Profilfoto von Rudolf Schweizer
    Rudolf Schweizer, 30.03.2023, 13:26 Uhr

    Der geplante Bypass wird sich leider als Bumerang-Effekt aus den Verkehr auswirken.
    Das hat alleine damit zu tun, dass der Nord Süd Verkehr statt über den erweiterten Nationalstrassentunnel durch den Axen über Luzern geleitet wird. Die rasante Verkehrszunahme wird im Süden von Kriens zu gigantischen Staus führen, vor allem, wenn Reiseverkehr herrscht. Zudem wird die Stadt Kriens, wenn die Rengglochstrasse fertig ausgebaut ist, noch mehr Verkehr schlucken müssen. Die Staustunden werden rasant in die Höhe schnellen. Es muss zwingend ein Neues Verkehrskonzept zwischen der Umfahrungstrasse T10 und einer Tunnellösung auf die Autobahn A2 ausgedacht werden und schnellstmöglichst umgesetzt werden.

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  • Profilfoto von Daniel Steiner
    Daniel Steiner, 30.03.2023, 06:14 Uhr

    Dass aus einer Überdachung plötzlich eine Überraschung wird überrascht mich

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