Der Bund verpflichtet die Kantone, ihre Velowege massiv zu verbessern. Der Autokanton Zug folgt seiner Pflicht. Dabei setzt er auf zwei grosse Velonetze.
Zug hat mehr Autos pro 1000 Einwohner als alle anderen Kantone. 731 waren es im Jahr 2022. Insgesamt gibt es fast gleich viele Autos wie in Neuenburg – einem Kanton mit 60 Prozent mehr Einwohnern. Beim sogenannten Motorisierungsgrad liegt das wohlhabende Zug bereits seit Jahren auf Platz eins, wie ein Blick in den statistischen Atlas der Schweiz zeigt.
Doch nicht nur das: Das Velo wurde unbeliebter. Im Jahr 2021 besassen im Durchschnitt 82 von 100 Zuger Haushalten ein Auto und 76 ein Velo. Der Zuger Trend seit der Jahrtausendwende: Der Anteil an Haushalten mit einem Velo ist etwa dreimal stärker gesunken in dieser Zeit als derjenige der Autos.
Was bedeutet das? Entweder, dass Zuger ihre Autos dem Velo vorziehen. Oder, dass Velofahren im Kanton nicht attraktiv genug ist. Man möchte meinen, es gilt zweiteres. Denn der Kanton legt sich mächtig ins Zeug, das Velonetz auszubauen.
Bern verpflichtet die Kantone
Seit etwa einem Jahr gilt das neue Veloweggesetz (VWG) des Bundes. Es verpflichtet die Kantone, bis Ende 2027 Velowegnetze verbindlich zu planen und sie bis Ende 2042 zu realisieren. Auch Velofachstellen und eine Ersatzpflicht für Radwege sind vorgesehen.
Bei der Umsetzung des Gesetzes erscheint Zug als Musterschüler. Bereits vor zwei Jahren hat der Kanton Zug eine eigene Velonetzplanung ausgearbeitet. Im vergangenen Sommer hat der Kantonsrat die Regierung beauftragt, die neuen Velonetze in den Richtplan aufzunehmen. Insgesamt messen sie 563 Kilometer – etwa die Länge der Autostrecke von Zürich nach Paris.
Ziel sei es, den Auftrag aus Bern rechtzeitig zu erfüllen, erklärt der Zuger Baudirektor Florian Weber (FDP) auf Anfrage. «Mit der Planung der Velowegnetze sind wir auf Kurs, damit wir die Termine von 2027 und 2042 auch einhalten können.» Auch der Verband Pro Velo Zug bestätigt auf Anfrage, dass der Kanton voranschreitet.
«Die grosse Mehrzahl der Kantone habe sich aber nicht oder kaum bewegt.»
Dachverband Pro Velo Schweiz
Dass Zugs Vorgehen mustergültig ist, zeigt ein Blick zu den Nachbarn. Der Dachverband Pro Velo Schweiz kritisiert: «Die grosse Mehrzahl der Kantone habe sich aber nicht oder kaum bewegt.» Er fordert nun entschiedenes Handeln. Gut laufe es etwa in Schwyz, wo bereits ein Einführungsgesetz verabschiedet worden sei. Auch in Glarus, Freiburg, Bern, Wallis, Thurgau und Luzern tue sich etwas.
Für Velos in Zug ein Alltags- und ein Freizeitnetz
In Zug ist die Kritik deutlich leiser. Beim Mitwirkungsverfahren im Herbst hätte der Verband Pro Velo Zug lediglich «ein paar Ergänzungen» gefordert, berichtet Co-Präsident Victor Zoller. Mehr Beteiligung bei der Planung, bessere Koordination mit Nachbarkantonen und die strikte Einhaltung der Vorgaben aus Bern. Aktuell bereinigt der Kanton die Eingaben zur Anpassung des Richtplans.
Mit einem Alltags- und einem Freizeitnetz sowie «hochwertigen und direkten» Velobahnen will Zug neue «Hauptschlagadern» für Velos bauen. Bis 2040 solle sich so der Anteil des Veloverkehrs am Gesamtverkehr markant erhöhen, schreibt der Kanton seinem Bericht. Beide Netze zusammen haben eine Länge von 563 Kilometern. Die Kosten für den Ausbau in Etappen schätzt der Kanton auf 221 Millionen Franken – mit grossen Reserven.
Nicht nur an seinem Velonetz tüftelt der Autokanton. Auch Velofahren selbst will er attraktiver machen. Ein neuer Velorat hat diesen Herbst den Dienst angetreten (zentralplus berichtete).
Eine Million Franken stehen dem siebenköpfigen Gremium bis 2028 zur Verfügung, um Vorschläge aus der Bevölkerung zu prüfen. «Es sind erfreulicherweise bereits Gesuche mit Projektvorschlägen beim Velorat eingegangen», berichtet der Zuger Baudirektor. Sie werden nun beraten und allenfalls dem Regierungsrat zur finanziellen Unterstützung vorgelegt.
Die Velonetz-Initiative ist noch nicht vom Tisch
Ein wenig Gegenwind gibt es aus dem Kantonsrat. In einer neuen Motion bemängeln die Kantonsräte Tabea Estermann (GLP) und Michael Felber (Mitte), dass die Regeln für Fuss-, Velo- und Wanderwege unübersichtlich seien. Vorgaben aus dem Veloweggesetz seien «nicht umfassend berücksichtigt oder umgesetzt». Sie fordern daher von der Regierung, «straffe gesetzliche Grundlagen» zu schaffen. Zum Beispiel durch ein eigenes Einführungsgesetz für den Langsamverkehr.
Ebenfalls für Wirbel sorgt noch immer die Velonetz-Initiative (zentralplus berichtete). Sie fordert, dass bis 2030 alle wichtigen Wohn- und Arbeitsgebiete im Kanton mit einem Netz von sicheren und direkten Velowegen verbunden sind. Die Regierung will davon nichts wissen. Sie tue im Rahmen der Richtplananpassung genug. Entscheiden wird voraussichtlich im Juni 2024 die Stimmbevölkerung. Dann wird sich zeigen, ob auch die Zuger mit der Arbeit des Kantons an den Velowegen zufrieden sind.
- Statistischer Atlas der Schweiz
- Statistik Kanton Zug zu Fahrzeugen
- Fedlex zum Veloweggesetz
- Schriftlicher Austausch mit Dachverband Pro Velo Zug
- Medienmitteilung von Dachverband Pro Velo Schweiz
- Motion für ein Langsamverkehrsgesetz in Zug
- Eintrag des Kantons Zug zum Velorat
- Raumplanerischer Bericht: Anpassung kantonaler Richtplan 2023
- Schriftlicher Austausch mit Florian Weber, Baudirektor Kanton Zug