Um Bürokratie im Kanton Zug abzubauen

Ausgerechnet SVP-Politiker fordern Gratis-ÖV für Schulklassen

Zuger Schulklassen sollen sich in Zukunft kostenlos mit dem ÖV bewegen – das fordern zwei Kantonsräte. (Bild: Archivbild: Facebook/zvb.ch)

Zwei Zuger SVP-Kantonsräte fordern freie Fahrten auf dem Netz der Zugerland Verkehrsbetriebe für Schulklassen. Damit wollen sie «unnötigen Aufwand» verhindern.

Kostenlose Fahrten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln – auf den ersten Blick eine für die Schweizerische Volkspartei ungewöhnliche Forderung. Sie ist nicht gerade dafür bekannt, sich für günstigeren ÖV einzusetzen. Erst diesen Sommer forderte die ALG-CSP-Fraktion im Zuger Grossen Gemeinderat, dass die Stadtbevölkerung ein Jahr lang gratis Zug und Bus im Kanton fahren kann.

Unter anderem die SVP lehnte die Idee ab. Sie sei unsozial (zentralplus berichtete). «Warum soll eine Bevölkerungsgruppe bevorzugt werden? Was ist mit den Fussgängern? Was mit den Velo- und Autofahrern?», fragte der SVP-Fraktionschef Roman Küng gegenüber zentralplus.

Anders tönt es nun im Kantonsrat. Die zwei SVP-Parlamentarier Brigitte Wenzin Widmer und Thomas Werner wollen Schulklassen, die einen Ausflug unternehmen, kostenlosen ÖV ermöglichen. Dies für Fahrten von Schülern auf dem Netz der Zugerland Verkehrsbetriebe (ZVB), sofern Lehrpersonen diese begleiten. Zweck der Reise können Exkursionen oder andere Ausflüge sein, schreiben die Kantonsräte in einem Postulat.

Fahrt zu Zuger Sehenswürdigkeiten soll vereinfacht werden

Ihre Gründe: Mit dem Kauf der benötigten Billette für die gesamte Schulklasse sei bereits ein beträchtlicher Teil des zur Verfügung stehenden Budgets für Exkursionen aufgebraucht. Das finden die Postulanten schade. «Zudem handelt es sich um eine Verschiebung des Geldes von der rechten Hosentasche in die linke Hosentasche und ist schlussendlich ein Nullsummenspiel, welches nur unnötigen Aufwand verursacht», steht im Postulat. Hinter dem Vorstoss steckt also der Gedanke, unnötige Bürokratie abzubauen.

Dies bestätigt der Kantonsrat Thomas Werner auf Anfrage gegenüber zentralplus. Die Idee fürs Postulat sei im Austausch mit Lehrpersonen entstanden. Mit den aktuellen Regelungen stehe man den Schulklassen im Weg, hätten die Politiker im Gespräch bemerkt. Die zwei SVP-Kantonsräte wollen mit ihrer Forderung nun den Besuch von Sehenswürdigkeiten im Kanton Zug und andere Exkursionen für Schulklassen vereinfachen.

In Luzern erhalten Kinder 300-Franken-Gutscheine

Forderungen nach Gratis-ÖV sind keine Neuheit – auch nicht in der Zentralschweiz. Im Jahr 2019 forderte beispielsweise die Luzerner SP kostenlose ÖV-Abonnemente für alle Schüler bis zum Abschluss der zweiten Sekundarstufe (zentralplus berichtete).

Die Genossen begründeten dies damals hauptsächlich mit dem Klima: «Damit die Klimaerwärmung aufgrund des Treibhausgaseffekts bis 2050 auf 1,5°C reduziert werden kann, braucht es umfassende Massnahmen in der Mobilität», steht im Postulat. Der Kantonsrat lehnte die Forderung damals ab.

Jedoch: Seit dem vergangenen Sommer erhalten Kinder und Jugendliche in der Stadt Luzern Gutscheine im Wert von 300 Franken für Bus- und Zugbillette. Die Gutscheine wurden allen Berechtigten per Post nach Hause geschickt. Dabei handelt es sich um ein Pilotprojekt, das bis zum Schuljahr 2025/2026 dauert. Im Herbst 2024 will die Stadt eine erste Auswertung vornehmen.

Estlands Hauptstadt dient als Vorbild

Als Vorbild für solche Beschlüsse dient hauptsächlich die estnische Hauptstadt Tallinn. Dort ist der Nahverkehr für alle Einwohner seit 2013 kostenlos, wie «Swissinfo» schreibt. Die Zahl der ÖV-Nutzer habe sich seither um 14 Prozent erhöht, es käme zu weniger Staus und die Luftqualität habe sich verbessert. Laut «Swissinfo» ist ausserdem der gesamte öffentliche Verkehr in Luxemburg seit 2020 kostenlos.

Gratis-ÖV hat aber trotz aller Bemühungen einen schweren Stand in der Schweiz. Politisch werden solche Vorstösse des Öfteren abgelehnt. Auch Kay Axhausen, Professor für Verkehrsplanung an der ETH, ist skeptisch gegenüber der Idee von schweizweit gebührenfreiem ÖV. Gegenüber «Swissinfo» sagt der Professor, es gebe bessere Alternativen, um den ÖV attraktiver zu machen. Dazu zählt er unter anderem bessere Verbindungen, erleichtertes Umsteigen und mehr Busspuren.

Verwendete Quellen
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