Auch 1000 Unterschriften bringen Fussgängerstreifen in Hünenberg nicht zurück
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Ein entfernter Fussgängerstreifen sorgt in Hünenberg für Diskussionen. Der Gemeinderat hält an seinem Entscheid fest. Seine Kommunikation aber wirft Fragen auf.
Hünenberg hat seit dem Sommer ein neues Zentrum. Für 2,2 Millionen Franken hat die Gemeinde die Chamerstrasse umgestaltet und aufgewertet. Gleichzeitig wurde auf der Strasse Tempo 30 eingeführt. So ist eine offene, übersichtliche Strassensituation entstanden.
Eigentlich hätten die Hünenberger allen Grund, sich über das aufgewertete Zentrum zu freuen. Doch so richtige Feststimmung will nicht aufkommen. Aus einem Grund: Ein Fussgängerstreifen fehlt.
Trotz Widerstand hat sich das neue Zentrum bewährt
Dieser führte früher auf der Höhe des Gemeindehauses über die Chamerstrasse zur neuen Überbauung Maihölzli. Doch mit der Umgestaltung der Strasse hat der Gemeinderat den Fussgängerstreifen entfernt. Er begründete den Schritt damit, dass die Menschen die Strasse entlang des ganzen Zentrumsabschnitts und nicht nur an der Stelle des Fussgängerstreifens überqueren möchten. Denn die Verkehrsregeln sind klar: Wo es einen Fussgängerstreifen hat, muss er auch benutzt werden, um die Strasse zu überqueren. Darum wurde der Streifen entfernt.
Schnell formierte sich Widerstand gegen die Massnahme. Die Situation ohne Fussgängerstreifen sei sehr gefährlich, hiess es im Dorf. Auch in der zentralplus-Kommentarspalte berichtete eine Leserin von einem Beinaheunfall an exakt dieser Stelle. Stellvertretend für diese Haltung reichte Alexia Renner, Co-Präsidentin des Grünen Forums Hünenberg, im Juli eine Petition beim Gemeinderat ein. Der Fussgängerstreifen soll wieder markiert werden, so ihre Forderung (zentralplus berichtete).
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Seither sind einige Monate verstrichen. Mitte Oktober dann teilte der Gemeinderat mit, dass sich die neue Verkehrssituation bewährt habe (zentralplus berichtete). Die Autofahrerinnen halten sich an Tempo 30. Das Überqueren der Strasse sei sicherer geworden. Das belege auch eine externe Wirkungskontrolle. «Die Beobachtungen vor Ort bestätigten, dass Fussgänger nicht lange warten müssen, wenn sie die Strasse überqueren möchten», heisst es in der Mitteilung weiter.
Gemeinderat erwähnt die 1000 Unterschriften mit keiner Silbe
Die Mitteilung wirft jedoch Fragen auf. Denn erst im letzten Abschnitt weist der Gemeinderat auf die Petition hin. Ob er sie mittlerweile beantwortet hat, bleibt unklar. Zudem schreibt der Gemeinderat, dass zur besseren Orientierung grüne Füsschen auf das Trottoir gemalt wurden, um die Strassenüberquerung anzuzeigen. Nur zieren die Füsschen das Trottoir schon im Sommer und sind darum nicht als Reaktion auf die Petition zu verstehen.
«Schade, hat der Gemeinderat in seiner Mitteilung nicht darauf hingewiesen, dass über 1000 Personen die Petition unterschrieben haben.»
Alexia Renner, Petitionärin
Eine Nachfrage beim Gemeinderat zeigt, dass er der Petitionärin Alexia Renner eine Rückmeldung gegeben hat. Die Petition ist aus Sicht des Gemeinderats also erledigt – die Situation auf der Chamerstrasse bleibt so, wie sie ist.
Es ist erstaunlich, dass der Gemeinderat zwar eine Mitteilung zum Thema veröffentlicht, aber nur mit einigen wenigen Sätzen Stellung zur Petition nimmt. Zudem erwähnt er mit keiner Silbe, dass über 1000 Personen die Petition unterschrieben haben. Für eine Gemeinde mit insgesamt rund 9000 Einwohnerinnen ist das eine beachtliche Zahl. Auch im Hinblick darauf, dass die Umgestaltung der Chamerstrasse an der damaligen Gemeindeversammlung mit lediglich 146 Ja- zu 99 Neinstimmen bewilligt worden ist.
So sagt denn auch Alexia Renner auf Anfrage von zentralplus: «Schade, hat der Gemeinderat in seiner Mitteilung nicht darauf hingewiesen, dass über 1000 Personen die Petition unterschrieben haben.»
Petition soll Falschaussagen enthalten haben
Wie begründet der Gemeinderat das Nichterwähnen der langen Unterschriftenliste? Der Gemeinderat nehme jedes Anliegen unabhängig der Anzahl Unterschriften Ernst, heisst es auf Anfrage. «In Bezug auf die Anzahl Unterschriften ist erschwerend, dass, wie in der Mitteilung erwähnt, die Unterschriften mit falschen Aussagen gesammelt wurden», schreibt der Gemeinderat weiter.
«Es ist uns aber wichtig zu erwähnen, dass das Anliegen unabhängig der falschen Aussagen geprüft und beurteilt wurde.»
Gemeinderat Hünenberg
Der Gemeinderat bezieht sich auf die Aussage von Alexia Renner, wonach die Entfernung des Fussgängerstreifens widerrechtlich war. Wiederholt hat der Gemeinderat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Sicherheitsdirektion die Massnahme bewilligt habe. «Es ist uns aber wichtig zu erwähnen, dass das Anliegen unabhängig der falschen Aussagen geprüft und beurteilt wurde», führt der Rat weiter aus.
Die Argumentation des Gemeinderats ist im Vergleich zum Sommer unverändert. Schon damals hatte die Gemeinde die Rechtmässigkeit der Massnahme betont. Gleich bleibt darum auch Renners Haltung zum Fussgänger-Streit. Sie kritisiert, dass es bei der Planung des neuen Zentrums von Anfang an nur zwei Varianten gegeben hätte. Tempo 50, mit Fussgängerstreifen – oder Tempo 30, ohne Streifen.
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«Die Variante Tempo 30 mit Fussgängerstreifen wurde nicht berücksichtigt, obschon dies auf Hauptstrassen die eigentlich übliche Variante ist.» Die Gemeindeversammlung hatte darum gar nicht die Möglichkeit, eine solche Variante zu diskutieren.
Der Fussgängerstreifen kommt definitiv nicht zurück
Aus ihrer Sicht hat die Problematik darum schon bei der Planung begonnen. Das anschliessende Vorgehen der Sicherheitsdirektion will sie nicht hinterfragen: «Die Sicherheitsdirektion hat zwar die gesamte Planung absegnen müssen, hat dies jedoch nur noch summarisch auf die Übereinstimmung mit höherrangigem Recht geprüft.» Hier sei nichts auszusetzen gewesen.
So bleibt auf der Chamerstrasse der Status quo. «Es ist bedauerlich, dass der Gemeinderat nicht von seinem Standpunkt abrückt», findet Renner. Sie wolle in der Angelegenheit nun nichts mehr unternehmen. Ihre Möglichkeiten seien ausgeschöpft.
- Schriftlicher Austausch mit Désirée Seuret, Kommunikationsverantwortliche Hünenberg
- Telefonat mit Alexia Renner
- Mitteilung der Gemeinde Hünenberg
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