Zugs Velorat: Viel Geld im Topf – aber wenig Ideen
Die Velostrecke zwischen Zug und Walchwil ist grandios schön. Wäre da nicht der Autoverkehr. (Bild: wia)
Die Gemeinde Cham sowie diverse Vereine haben beim Velorat mit ihren Projekten bis anhin über 100’000 Franken abgeholt. Bis 2028 will Zug weitere 880’000 Franken in Projektinitiativen investieren. Doch wo sind die Ideen?
Bis 2028 hat der Kanton Zug eine Million Franken für Soft-Massnahmen zugunsten von Velofahrerinnen eingestellt. Prüfinstanz ist seit dem 1. September 2023 ein eigens gegründeter Velorat, dessen Zweck darin besteht, Anträge von Gemeinden, Vereinen, Privaten und Firmen unter die Lupe zu nehmen und bereits durchgeführte Massnahmen zu beurteilen.
Nicht Bestandteil des Fördertopfs und der Entscheidkompetenz des Velorates ist der Bau von Velowegen oder Velostreifen, die anderweitig alimentiert werden (zentralplus berichtete).
19 Monate nach dem Start zeigt sich: Es liessen sich noch drei bis vier Gänge zulegen: Soll das Geld fristgerecht ausgeschöpft werden, braucht es umgerechnet drei bis vier Mal so viele Eingaben wie bisher. Vor allem Firmen und Private haben noch nicht entdeckt, dass sie mit praktikablen, die Velocommunity fördernden Projektvorschlägen eine echte Chance hätten, Unterstützung von öffentlicher Hand zu erhalten.
Weiterlesen, sonst verpasst du:
wie viel Potenzial noch brachliegt für gute Veloförderungsprojekte
wie stark der Zuger Velorat mit in die Pedale tritt
was für Angaben es im Projektantrag braucht
Die Bandbreite für Ideen beinhaltet E-Bike- oder Velofahrkurse, Veloverleihe, Einrichtungen, Anlagen sowie Anreizsysteme und Kampagnen fürs Velofahren.
Cham ist bisher erste und einzige Gemeinde, die Geld abholt
Im noch jungen Jahr 2025 hat unter dem Titel «Cham in Fahrt» erstmals eine Gemeinde beim Zuger Velorat die Veloglocke betätigt. Das Zuger Städtchen im Ennetsee will sich mit der schweizweiten Challenge «Cyclomania» anschliessen und sich so in einem nationalen Schaufenster präsentieren.
Der Velorat hat zuhanden des Regierungsrates vorgeschlagen, das Vorhaben mit 10’000 Franken zu unterstützen. Zudem will er eine Initiative der Pro Velo Bern unterstützen, die mit zehn Workshops an der Kantonsschule Zug das Velofahren bei Jugendlichen fördern will. Der Betrag, der dafür fliessen soll, ist auf maximal 25’000 Franken limitiert.
Die Velokurse von Pro Velo Zug richten sich an Kinder ab sechs Jahren und sollen ihnen wichtige Grundlagen für sicheres Verhalten im Strassenverkehr vermitteln. Sie dienen damit nicht nur der Ausbildung, sondern auch der Prävention. Für die Umsetzung dieser Kurse – geplant von Mai bis September – sollen 4000 Franken fliessen. Rund 150 Kinder und ihre Eltern könnten davon profitieren.
Trotz weniger Anfragen noch keine Besorgnis bei Velorat und Regierung
In diesem und im letzten Jahr wurden im Rahmen des Projekts insgesamt 120’000 Franken bewilligt. Somit sind noch rund 880’000 Franken offen. Um die volle Million bis 2028 auszuschöpfen, braucht es mehr Engagement.
Löst das erklärte Ziel, die Million Franken auszuschöpfen, bei den Verantwortlichen Panik aus? Nein, wie eine Anfrage bei der Medienstelle der Zuger Baudirektion zeigt. Diese ist für den Topf verantwortlich. Die Medienstelle sagt lediglich: «Wie viele Projekte eingehen würden, war im Voraus nicht abzuschätzen. Das Programm brauchte eine gewisse Anlaufzeit.»
In den Anfangszeiten seien zudem von verschiedenen Stakeholdern «einige sachfremde oder unvollständige Gesuche eingegangen», die nicht als Soft-Massnahmen hätten berücksichtigt werden können.
Es braucht mehr verschiedene Initianten
Wie die Medienstelle verlauten lässt, ist der Velorat daran interessiert, vielfältiger und breiter zu fördern. Gesucht sind künftig auch neue Akteure – nicht nur Spezialisten. Der Velorat beurteilt die Projektideen und ist damit lediglich eine Prüfinstanz. Seine Kompetenzen sind begrenzt und klar festgelegt.
Der Velorat ist weder Think-Tank noch Taktgeber für Soft-Massnahmen zur Förderung des Velofahrens. Noch bringt er seine Fachkompetenzen im Rahmen des Ausbaus des Zuger Velonetzes ein. Vor allem stellt er auch keine personellen Ressourcen zur Verfügung, um die zu den Soft-Massnahmen zählenden Events, Kurse, Kampagnen und Mitmachaktionen auf die Beine zu stellen.
Velorat deckt mehrere Interessengruppen ab
Der Zuger Regierungsrat hat den Velorat für die gesamte Projektdauer vom 1. September 2023 bis 30. April 2028 ernannt. Den Vorsitz hat Daniel Müller vom Amt für Raum und Verkehr innerhalb des Zuger Baudepartements. Dort ist er zuständig für die Busplanung und die Fachstelle Veloverkehr.
Bei der Besetzung der weiteren sechs Mitglieder hat der Regierungsrat Mitglieder aus velonahen Kreisen hinzugezogen: Urs Ehrensperger, Marlis Gander Bircher, Pascal Iten, Raffael Schwarz und Manuel Sigrist. Der Velorat tagt je nach Projekteingaben alle zwei Monate. Es sei nicht beabsichtigt, die Kompetenzen und Aufgaben des Velorates zu erweitern, um so mehr Projekte an Land zu ziehen bis zum Projektende im Jahr 2028.
Die Zuger Bevölkerung hat es selber in den Waden
Damit ist klar: Die Zuger Bevölkerung muss zur Förderung von Bewegung mit dem Velo und zur Steigerung der Attraktivität und Sicherheit der Velofahrer mehr Initiative zeigen.
Ein Gesuch muss Folgendes enthalten: Beschrieb des Projekts oder Vorhabens inklusive Kostenschätzung, Zeitrahmen und Kontaktangaben. Die Eingabe kann per Post an das Amt für Raum und Verkehr, Aabachstrasse 5, 6300 Zug, oder per E-Mail an [email protected] erfolgen.
Redaktioneller Mitarbeiter bei zentralplus mit Themen-Schwerpunkten Politik und Wirtschaft. Hat an der Universität Zürich Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie studiert. Als ehemaliger Triathlet nach wie vor begeisterter Läufer, Rennradfahrer und Schwimmer.