Zwischenbilanz im Luzerner Weinbergli

1 Jahr Mobilitätsstation: Neues Angebot wird ausgebaut

Rund 500 Fahrten wurden im ersten Jahr mit den Fahrzeugen der Mobilitätsstation im Weinbergli gemacht. (Bild: Albert Koechlin Stiftung)

Im Luzerner Weinbergli-Quartier können seit rund einem Jahr verschiedene E-Fahrzeuge ausgeliehen werden. Die Verantwortlichen ziehen eine positive Zwischenbilanz und haben Lust auf mehr.

Teilen statt besitzen. So lässt sich die Idee der Mobilitätsstation im Weinbergli in Luzern grob zusammenfassen. Seit rund einem Jahr stehen den Quartierbewohnerinnen und allen weiteren Interessierten fünf Fahrzeuge zur Verfügung: Ein Auto, ein Roller, ein Cargo-Velo und zwei Velos. Alle fahren elektrisch und lassen sich bequem über eine einzige App reservieren, öffnen und schliessen (zentralplus berichtete).

Die Kosten werden über die Reservationsdauer abgerechnet, beim Elektroauto fällt zudem ein kleiner Betrag von 40 Rappen pro Kilometer an. Pro Stunde kostet das Auto 3 Franken, der Roller 5.40 und die Velos 4.20 Franken. Die Fahrzeuge lassen sich auch gleich für einen ganzen Tag reservieren. Abokosten gibt es nicht.

Dieser Sharing-Bahnhof, wie er von den Verantwortlichen genannt wird, steht mitten in der Weinbergli-Siedlung der Allgemeinen Baugenossenschaft Luzern (ABL). Diese hat die Station gemeinsam mit der Albert Koechlin Stiftung lanciert, welche die Finanzierung für die ersten drei Jahre gewährleistet. Nach dem ersten Betriebsjahr ziehen die Partner in einer Medienmitteilung Bilanz. Und obwohl die bisherige Nutzerstatistik auf den ersten Blick eher bescheiden wirkt, geben sich die Verantwortlichen überaus zufrieden.

ABL will mehr Werbung für Mobilitätsstation machen

Rund 100 Personen haben im ersten Jahr insgesamt 500 Fahrten mit einem der fünf Fahrzeuge gebucht. Rund 100 weitere haben sich zwar auf der App registriert, aber noch nie ein Fahrzeug benutzt. «Das stimmt uns positiv», sagt Benno Zgraggen, Mediensprecher der ABL, gegenüber zentralplus. «Diese Personen zeigen offenbar ein Interesse an der Mobilitätsstation, nutzen die Fahrzeuge jedoch noch nicht.» Jetzt gehe es darum, diese Menschen dazu zu motivieren, das Angebot auch zu nutzen.

Reservieren, öffnen, schliessen, bezahlen – alles über eine App, für alle Fahrzeuge. (Bild: ewi)

Denn hier besteht für die ABL noch Spielraum. Die Baugenossenschaft bewarb die neue Mobilitätsstation bisher bewusst nicht offensiv und wartete erst ab, wie das Projekt anläuft. Nun sollen die Kommunikationsmassnahmen intensiviert werden. «Wir können zum Beispiel bei einem Wohnungswechsel in dieser Siedlung aktiv auf das Angebot hinweisen. Oder die registrierten Personen direkt ansprechen, welche bisher noch keine Fahrt gemacht haben.» Auch mit spielerischen Mitteln will die ABL weitere Nutzerinnen gewinnen.

Station soll sich in drei Jahren finanziell selber tragen

Dass nun die Werbetrommel gerührt wird, soll aber nicht bedeuten, dass die ABL enttäuscht ist über die erste Zwischenbilanz. Im Gegenteil. «Die Zahlen übertreffen unsere Erwartungen. Sowohl hinsichtlich der Anzahl Nutzer als auch beim Kostendeckungsgrad», sagt Benno Zgraggen.

«Es stimmt uns zuversichtlich, dass der Kostendeckungsgrad schon bei 30 Prozent liegt, obwohl wir wenig kommuniziert haben.»

Benno Zgraggen, Mediensprecher ABL

Der Kostendeckungsgrad der Mobilitätsstation lag im ersten Jahr bei 30 Prozent. Die ABL gibt sich drei Jahre Zeit, bis die Station finanziell selbsttragend sein soll. Dann nämlich läuft die Finanzierung der Albert Koechlin Stiftung aus. «Es stimmt uns zuversichtlich, dass wir schon bei 30 Prozent liegen, obwohl wir wenig kommuniziert haben.» Und er ergänzt: «Uns ist aber auch bewusst, dass es auch etwas länger gehen könnte.»

Viel wichtiger ist es der Baugenossenschaft, dass das Angebot regelmässig genutzt wird, funktioniert und ein Bedürfnis der Quartierbewohner befriedigt. Wobei das Interesse über die ABL-Mieter im Quartier hinausgeht. Knapp die Hälfte der registrierten Personen wohnen in der ABL-Siedlung im Weinbergli. Alle weiteren Nutzerinnen wohnen in der Nähe der ABL-Siedlung. «Die Ausstrahlung der Mobilitätsstation reicht über die Weinbergli-Siedlung hinaus. Das ist gut so, denn es war nicht ausschliesslich die Idee, dass die Station nur von ABL-Mietern genutzt wird.»

Weitere Mobilitätsstationen folgen

Die Station im Weinbergli war die erste ihrer Art – und es wird in Luzern nicht die Letzte sein. So hat die Albert Koechlin Stiftung im Ziegelei-Park in Horw vor einigen Wochen eine weitere Mobilitätsstation in Betrieb genommen. Dort stehen den Nutzerinnen zwei Autos, ein Cargo-Velo, ein Roller und ein Velo zur Verfügung – allesamt elektrisch angetrieben. Eine weitere Station von ähnlicher Grösse plant die Stiftung bei der Überbauung «4Viertel» am Seetalplatz in Emmenbrücke.

Und auch die ABL schöpft aus den ersten Erfahrungen im Weinbergli Zuversicht. Benno Zgraggen kündet an, dass solche Sharing-Angebote auch bei den ABL-Siedlungen im Obermaihof und an der Bernstrasse, welche bald in die Vermietungsphase kommen, geprüft werden. Ganz genossenschaftlich setzt die ABL also auch in Zukunft auf das Motto: teilen statt besitzen.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Benno Zgraggen
  • Projektwebsite der Albert Koechlin Stiftung
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2 Kommentare
  • Profilfoto von Murti Muheim
    Murti Muheim, 21.04.2023, 08:18 Uhr

    Viel zu teuer! Darum wird es auch kaum benutzt. 500 Fahrten pro Jahr sind doch lächerlich.

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    • Profilfoto von Melk Christen
      Melk Christen, 21.04.2023, 10:02 Uhr

      Für Vielfahrer ist das selbstverständlich zu teuer. Braucht man aber nur ein-, zweimal jährlich (oder noch viel seltener) ein Auto, oder ist vielleicht mal froh um ein praktisches Cargo-Velo, dann ist sowas doch eine gute Option. Es geht hier ja vornehmlich um Leute aus Stadtsiedlungen, die in aller Regel mit dem ÖV, dem eigenen Velo, zu Fuss unterwegs sind.

      (Es stimmt aber, dass auch die vorher ein bisschen rechnen sollten: Je nach Ausmass der geplanten Fahrt, z. B. für ein langes Wochenende in den Bergen, gibt es natürlich günstigere Optionen. Dafür ist die Station aber auch nicht gedacht, denke ich mal. Wahrscheinlich gibt es sogar eine Maximal-Reservationsdauer, wie es das auch bei Mobility Carsharing gibt/gab.)

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