Test im Zimel: Wann wird ein Bauprojekt zu gross?

Unterägerer fürchten sich vor Wachstum

So soll die Überbauung im Gebiet Zimel in Unterägeri dereinst aussehen. Gut 700 Menschen sollen im geplanten Wohnquartier Platz finden.

(Bild: zvg)

Wie viel Wachstum verträgt eine Gemeinde? An dieser Frage scheiden sich in Unterägeri momentan die Geister. Die Bevölkerung macht der Gemeinde nun einen Strich durch die Rechnung und bringt ein Bauprojekt an die Urne.

Im Gebiet Zimel in Unterägeri sind knapp 40 Neubauten geplant, die dereinst über 700 Menschen ein Zuhause bieten sollen. Nun wird Widerstand gegen das Grossprojekt laut. Vertreter des Bürgerkomitees «Bebauungsplan Zimel vors Volk» haben am Donnerstag 454 gültige Unterschriften bei der Gemeindeverwaltung Unterägeri deponiert. Damit wird über das Bauprojekt nicht wie geplant an der kommenden Gemeindeversammlung, sondern neu an der Urne abgestimmt.

Sehr zur Freude des Vereins für Aktive Senioren Kanton Zug. Vereinspräsident Ernst Merz, der selbst von Kindesbeinen an in Unterägeri lebt, war bei der Unterschriftensammlung federführend. Für ihn steht ausser Frage, dass das Schicksal des Bebauungsplans Zimel unweigerlich vors Volk gehört. «Bei einer Gemeindeversammlung nehmen in der Regel 150 bis 250 Personen teil, was gerade mal einem Anteil von vier Prozent aller Stimmberechtigten entspricht. Das ist nicht repräsentativ.»

Das geplante Bauprojekt Zimel in Unterägeri.

Das geplante Bauprojekt Zimel in Unterägeri.

(Bild: zvg)

Zu gross für Unterägeri

Merz witterte die Gefahr, dass bestimmte Interessenverbände das Traktandum manipulieren könnten, wenn die Gemeindeversammlung darüber abstimmen würde. «Die geplante Überbauung auf dem Gebiet Zimel betrifft ganz Unterägeri», betont Merz. «Deshalb soll die gesamte Unterägerer Bevölkerung über das Projekt befinden können.»

«Unterägeri verkommt zu einer seelenlosen Agglomerations-Gemeinde.»

Ernst Merz, Vertreter des Bürgerkomitees

Den Initianten ist noch ein weiterer Punkt ein Dorn im Auge. Kritisiert wird die Dimension des Projekts. Die Entwicklung des Dorfes schreite zu schnell voran, findet Merz. «Mit der Überbauung würde sie nochmals einen Zacken zulegen. Unterägeri würde in kurzer Zeit gut 10’000 Einwohner zählen. Das widerspiegelt kein gesundes Wachstum.»

Das Projekt in Kürze

Die Korporation Unterägeri besitzt umfangreiche Bauflächen im Quartier Zimel in der Gemeinde Unterägeri. Die Korporation plant, dort innerhalb von 15 bis 20 Jahren 40 Gebäude mit bis zu 264 Wohnungen zu bauen.

Gemäss kantonalem Richtplan befindet sich das Gebiet Zimel in einem möglichen Verdichtungsgebiet, wonach eine hohe Dichte und eine Erhöhung des Wohnanteils zu günstigen Preisen anzustreben seien. Rund zehn bis 15 Prozent der Wohnungen sollen unter den ortsüblichen Mietpreisen angeboten werden.

Geplant ist, 2017 mit den Bauarbeiten zu beginnen, sodass 2018 die ersten Wohnungen bezogen werden können.

Auch ohne das Projekt im Zimel werde in Unterägeri zu viel gebaut, was den Initianten grosse Sorgen bereitet. Die Gemeinde stosse an ihre Grenzen. Merz zeichnet ein düsteres Zukunftsszenario: «Mit dieser regen Bautätigkeit besteht die Gefahr, dass Unterägeri zu einer seelenlosen, verdichteten Agglomerations-Gemeinde verkommt.»

Weniger ist mehr

Daneben stört sich der Unterägerer auch an den Kosten. Nicht primär an den Baukosten an sich, sondern an den Investitionsfolgekosten, wie Merz erläutert: «Mit der Überbauung im Zimel bräuchte es mehr Strassen, es bräuchte ein neues Schulhaus, es gäbe mehr Verkehr, mehr Stau, mehr Lärm und mehr Immissionen – kurz: Das Projekt ist überdimensioniert für Unterägeri.»

Er ist nicht generell für ein Bauverbot, aber es müsse sich im Rahmen halten. «Unterägeri soll lebenswert bleiben», konstatiert Merz. «Ich plädiere für eine abgespeckte Variante. Und für ein Reglement, das klar ersichtlich macht, wer Anrecht auf die geplanten günstigen Wohnungen hat.» Er glaubt nämlich nicht, dass im Zimel wirklich preisgünstiger Wohnraum entstehen wird. Man wolle dort teure Wohnungen bauen und damit gute Steuerzahler anziehen. Das sei Etikettenschwindel und würde Immobilienspekulanten in die Gemeinde locken, befürchtet der Erstunterzeichner.

Unterägeri ist nicht fertig

Gemeindepräsident Josef Ribary lässt sich darob allerdings nicht aus der Ruhe bringen. Den Umweg, den man nun über die Urnenabstimmung gehen muss, sieht er gelassen: «Das Projekt verzögert sich dadurch zwar», sagt Ribary. «Doch es handelt sich dabei um ein legitimes und demokratisches Instrument, das es den Stimmberechtigten ermöglicht, an der Urne über den Antrag des Gemeinderates zu entscheiden. Und wir blicken positiv auf die Abstimmung.»

«Man kann doch nicht sagen, so, jetzt bin ich da, nun soll gefälligst keiner mehr kommen.»

Josef Ribary, Gemeindepräsident Unterägeri

Den Argumenten der Initianten kann Ribary nicht viel abgewinnen: «In Unterägeri hatten wir über die letzten 20 bis 30 Jahre stets ein jährliches Bevölkerungswachstum von etwa einem Prozent. Das wird sich mit dem Bauprojekt Zimel nicht ändern.» Denn dieses, so der Gemeindepräsident, sei in Etappen gedacht und auf gut 20 Jahre ausgelegt. Die Nachfrage nach Wohnraum in der Gemeinde bestehe.

Die Wahrnehmung, dass in Unterägeri viel gebaut wird, könne er zwar nachvollziehen. «Man kann aber doch nicht sagen, so, jetzt bin ich da, nun soll gefälligst keiner mehr kommen.» Unterägeri sei eine Gemeinde, die moderat wachse, daran würde das Projekt Zimel nichts ändern. Die Wohnüberbauung werde schliesslich kontinuierlich über einen langen Zeitraum realisiert – inklusive notwendiger Infrastruktur.

Masslos oder moderat – das ist letztlich die Frage, um die es geht. Das letzte Wort hat die Unterägerer Bevölkerung. Die Urnenabstimmung findet anlässlich der nächsten eidgenössischen und kantonalen Urnenabstimmung am Sonntag, dem 25. September 2016, statt.

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