Offener Brief von Luzerner Gastronom

«Unsere Lehrlinge sind keine Leibeigenen, die wir nach Willkür schikanieren»

Elias Bacher (rechts) hat kürzlich seine Kochlehre erfolgreich abgeschlossen. (Bild: zvg)

Nach einer Flut von empörten Medienberichten zu den anscheinend unfassbar schlechten Arbeitsbedingungen von Lernenden der Gastrobranche mischt sich nun ein betroffenes Unternehmen in die Debatte ein. «Unsere Lernenden sind keine Leibeigenen», schreibt Philipp Giesser von Sinnvoll Gastro in einem offenen Brief.

«Wir sind sauer.» Philipp Giesser, Geschäftsführer der Sinnvoll Gastro GmbH, richtet sich mit einem offenen Brief an die Öffentlichkeit. «Wer die Medienberichte der vergangenen Tage und Wochen gelesen hat, muss zwangsläufig eine schreckliche Vorstellung der Zustände hinter den Kulissen von Hotels und Restaurants bekommen haben», schreibt er.

Dabei hat sein Unternehmen erfreuliche News zu vermelden. Elias Bacher vom Hotel & Restaurant Kaiserstuhl in Bürglen am Lungernsee durfte am vergangenen Samstag stolz sein Diplom als Koch EFZ entgegennehmen. «Es ist ja heute überhaupt nicht mehr selbstverständlich, dass ein junger Mann einen schweisstreibenden, arbeitsintensiven, brotlosen und aufreibenden Job erlernt, so ganz ohne Freizeit, Freiheit und Aufstiegsmöglichkeiten», so Giesser zynisch. Die Meldungen in letzter Zeit hätten ihn so stinkig gemacht, dass er jetzt mal Klartext redet. «Gerne legen wir unsere Arbeitsbedingungen und -möglichkeiten offen», schreibt er im Brief.

Giesser will klarstellen: «Unsere Lernenden sind keine Leibeigenen, die wir nach Willkür schikanieren, ausbeuten und herumscheuchen.» Es seien vielmehr junge Menschen, die sich bewusst und mit Freude für eine Dienstleistungsbranche entschieden hätten, in der soziale Kontakt, das Erkennen von Bedürfnissen anderer Menschen und das Wissen über Lebensmittel, Getränke und Weine sowie deren Herstellung, Verarbeitung und Präsentation im Mittelpunkt stehen.

Alles wird kompensiert

«Wir schätzen und fördern unsere Lehrlinge, helfen ihnen beim Erfahrungen-Sammeln, lächeln manchmal milde über ihren Eifer, müssen auch schon mal die Augen bis zum Anschlag verdrehen und hoffen dabei aber stets, ihnen mögen die Begeisterung und Freude am Beruf nie abhandenkommen», so Giesser.

Bei Sinnvoll Gastro, zu der etwa das Ferus in Emmenbrücke oder das Grottino1313 in der Stadt gehören, würden fortschrittliche Arbeitsbedingungen und flachen Hierarchien geboten. Man duze sich querbeet, schreibt Giesser. Die Lehrlinge hätten jede Woche zwei Tage frei. Dazu bekämen Kochlehrlinge einen zusätzlichen freien Abend, als Ausgleich für die unbeliebten Zimmerstunden.

Giesser erklärt, dass man an deren Abschaffung sowieso arbeite. «Diskussionslos» sei, dass alle Überstunden kompensiert würden. Die Arbeitsplanung finde stets einen Monat im Voraus statt, so könnten die Freizeit-Wünsche gut abgeglichen werden. Giesser schliesslich: «Wir tun das alles, weil wir unsere Lernenden nicht schon vor dem Lehrabschluss vergraulen wollen, sondern ihnen nebst den Pflichten auch das Schöne und Wertvolle am gewählten Beruf aufzeigen und sie dazu ermutigen wollen, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen.»

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