Marcel Schlatter geht

Und wer unterhält uns nun mit gestohlenen Bratwürsten?

Marcel Schlatter sucht in der Privatwirtschaft eine neue Herausforderung. (Bild: zentral+)

Nach neun Jahren ist Ende Feuer. Marcel Schlatter, der Mediensprecher der Zuger Polizei, hat gekündigt. Das ist schade, insbesondere, weil Schlatter dafür bekannt war, besonders humorvolle Medienmitteilungen zu verschicken.

zentral+: Marcel Schlatter, seit heute ist Ihre Stelle im Zuger Amtsblatt ausgeschrieben. Warum verlassen Sie die Polizei?

Marcel Schlatter: Ich bin nun 32 Jahre alt und habe neun Jahre bei der Zuger Polizei und der Zuger Staatsanwaltschaft gearbeitet. Es ist mir wichtig, dass ich mich jetzt noch etwas weiterentwickle. Ich freue mich auf die neue Herausforderung.

zentral+: Und die ist wo?

Schlatter: Das kann ich leider aus vertraglichen Gründen noch nicht sagen. Jedenfalls geht es in die Privatwirtschaft.

zentral+: Man kennt Sie ja nicht zuletzt deshalb, weil Sie Medienmitteilungen oft noch etwas Schalk beigeben. Werden Sie dieses Humorvolle auch in Ihrem künftigen Job noch ausleben können?

«Wenn man irgendwo Salz in die Suppe geben kann, warum nicht?»

Marcel Schlatter, Zuger Polizeisprecher

Schlatter: Sachlichkeit und Humor müssen sich nicht beissen. So bin ja ich als Typ, und diesen Charakterzug werde ich auch jetzt nicht ändern. Dennoch ist klar, dass ich den Fokus aufs Wesentliche legen werde. Aber wenn man irgendwo Salz in die Suppe geben kann, warum nicht?

zentral+: Was waren Ihre grössten Herausforderungen bei der Zuger Polizei?

Schlatter: Es gab natürlich sehr viele denkwürdige Ereignisse in der Zeit, in der ich bei der Polizei arbeitete. Prägend sind sicher die vielen Schicksale, grosse Vermisstfälle, wie jener der jungen Studentin 2013, oder das vermisste Mädchen letztes Jahr. Auch der Doppelmord in Zug war von grosser Bedeutung, wie auch die Sexgeschichte dieses Jahr – welche durch zentral+ ja öffentlich wurde. Da haben die Medien begonnen, ad absurdum zu berichten.

zentral+: Was war am schwierigsten für Sie?

Schlatter: Schwierig ist’s, wenn eine Geschichte wirklich tragisch ist, wenn Leute sterben. Wenn ich an einen Schadenplatz komme und Angehörige vor Ort sind. Das ist ziemlich dramatisch. Wichtig ist, dass ich dann den Fokus auf die eigene Arbeit lege, richtig informiere und transparent kommuniziere. Es ist egal, ob bei einem Fall Hunderte betroffen sind oder nur einer, dahinter stehen immer Leute, denen etwas Schlimmes widerfahren ist. Und das Wissen darüber erfordert von mir, dass ich meine Arbeit seriös mache.

«Ich glaube nicht, dass ich nun als Clown der Polizei wahrgenommen werde.»

Marcel Schlatter, Zuger Polizeisprecher

zentral+: Sie haben sich ja irgendwie zum lustigsten Polizeisprecher der Schweiz gemausert und wurden deswegen bereits in den Medien thematisiert. Ist das gewissermassen eine Ehre für Sie?

Schlatter: Naja, ich glaube nicht, dass ich nun als Clown der Polizei wahrgenommen werde. Die Voraussetzung ist ja immer, dass ich sehr seriös arbeite und dass trotzdem Humor möglich ist.

Aber wenn niemand betroffen ist, wenn es etwa um ein entlaufenes Geisslein oder eine gestohlene Werbebratwurst geht, dann können wir Behörden uns auch von der menschlichen Seite zeigen und uns so ausdrücken, wie sich auch die Gesellschaft ausdrückt. Die Leute müssen uns ja auch verstehen. Dort wo es angebracht ist, darf es diese humorvolle Note geben. Das ist meistens dann, wenn etwas Aussergewöhnliches passiert ist, etwas nicht Alltägliches. Es gibt zum Glück nicht nur Mord und Totschlag.

zentral+: Sind da auch Ihre eigenen Anforderungen an sich selber gestiegen? Muss da immer noch was Witziges rein?

Schlatter: Die besten Pointen sind spontan. Ich habe ausserdem gar nicht die Zeit, lange Geschichten zu erzählen. Aber wenn ein Schaf auf der Autobahn in Richtung Süden spaziert, fallen mir schon Dinge dazu ein. Ich bin ein Kreativkopf. Wenn mir also spontan etwas einfällt, dann nehm ich das. Aber es kommt auch immer wieder vor, dass ich einen total biederen Titel wähle, weil mir nichts in den Sinn kommt. Wichtig ist: Die Info steht im Vordergrund. Und das mit dem Witz ist quasi Übungssache.

 

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