Chamer starten Begegnungs-Projekte

Und wenn sich die Asylsuchenden nicht getrauen?

Christian Plüss vor seinem Quartierbüro: Bei ihm laufen alle Fäden zusammen. (Bild: fam)

Die Chamer Bevölkerung will Asylsuchenden helfen – am Donnerstagnachmittag starten die ersten Projekte für die Flüchtlinge: Fussball spielen, zusammen kochen, Begegnungskaffees. Aber was ist, wenn sie gar nicht kommen?

Jetzt geht es los mit den ersten Aktionen für die Asylsuchenden in der Schluecht (zentral+ berichtete): Am Donnerstag wird in Cham Fussball gespielt, Asylsuchende sind ausdrücklich willkommen. Die Kleidersammlung für den Winter hat auch schon angefangen, gerade fährt ein kleiner Kombi vor das Büro der Chamer Gemeinwesenarbeit, ein älterer Herr lädt säckeweise Kleider und Schuhe aus.

«Wir müssen dann filtern, was zu den jungen Männern passt, die momentan auf der Schluecht wohnen», sagt Christian Plüss und lacht, «Bundfaltenhosen gehen wohl nicht. Aber die kommen dann in die normale Kleidersammlung.» Bei Plüss laufen all die Fäden zusammen, er ist der Leiter der Gemeinwesenarbeit Cham: An einer Koordinationssitzung vor einer Woche hat er alle interessierten Chamerinnen und Chamer dazu eingeladen, sich zu vernetzen, um gemeinsam konkrete Dinge für die Asylsuchenden zu unternehmen. Das Lokal war voll. «Wir hatten genauso viele Stühle, wie Menschen gekommen sind», sagt Plüss.

Kleidersammlung für junge Männer

Am Samstag findet in Cham eine Kleidersammlungsaktion statt, gebraucht werden Winterkleider und Schuhe für junge Männer. «Das ist eher selten, dass solche Kleider abgegeben werden», sagt Plüss. Deshalb werde man solange weitersammeln, bis es genug von allem habe. Die Kleiderausgabe wird die Gemeinwesenarbeit zusammen mit Freiwilligen durchführen, möglicherweise auf dem Areal des Vereins «P3» bei der Papieri – es befindet sich nahe bei der Schluecht. «Wir sind noch in Gesprächen mit dem Verein Papierisch», sagt Plüss. «Der Verein führt jeden Freitag einen Quartiertreff durch, vielleicht könnte man da auch explizit die Asylsuchenden dazu einladen.»

Knackpunkt: Kein direkter Kontakt

Hinter ihm an der Wand hängt ein Luftbild von Cham, schafft etwas Überblick. Man braucht ein wenig Vogelperspektive, wenn man alle die Vereine und Privatpersonen verknüpfen will, die sich für die Flüchtlinge einsetzen wollen. «Es kamen wirklich nur die, die etwas tun wollen», sagt Plüss, «und sie haben sich konkreten Projekten zugeteilt, die sie interessieren.»

Und jetzt laufen ebendiese Projekte an. Damit geht es auch ans Eingemachte – diese Bürgerinitiative kann nur überleben, wenn sich die Asylsuchenden auch dafür interessieren. Und da gibt es einen Knackpunkt. Beim ersten Anlass, einem Begegnungskaffee, ist kein Asylsuchender aufgetaucht. Vielleicht haben sie es einfach nicht gewusst – denn direkten Kontakt mit ihnen hat Plüss nicht.

Es könne auch sein, dass es für die Asylsuchenden Schwellen gäbe, um sich auf Begegnungen einzulassen, sagt Plüss. «Das ist für sie auch schwierig.» Das Bedürfnis sei aber sicher da – in der Schluecht sind viele junge Männer einquartiert, deshalb fokussieren die Angebote vor allem auf Sport und Bewegung.

Weshalb gibt es keinen direkten Kontakt? In die Unterkunft in der Schluecht kann man nicht einfach reinspazieren: «Das ist das Zuhause dieser Leute. Wir wollten nicht aufdringlich sein, und kommen deshalb nur indirekt mit den Asylsuchenden in Berührung. Das läuft über die zuständigen Leute beim Kanton», sagt Plüss. Der Kanton, als Betreiber der Asyslnotunterkunft  hat grosses Interesse an den Chamer Projekten. «Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sozialdienstes Asyl sind im dauernden Kontakt mit den Asylsuchenden, sie können unsere Angebote bekannt machen und aushängen.» Das habe bisher noch nicht ganz optimal funktoniert, räumt Plüss ein. «Aber jetzt haben wir da nachgebessert.»

Nicht gerade das, was sie sich gewöhnt sind

Hoffentlich rechtzeitig: Am Donnerstag findet der erste Fussball-Nachmittag für Asylsuchende statt. Er wird von Freiwilligen durchgeführt. Ab jetzt soll regelmässig getschutet werden. «Jetzt ist es noch schön, im Winter gehen wir in die Halle», sagt Plüss. Auch andere Angebote starten sehr bald, etwa die Koch-Möglichkeiten im Teuflibach, dem Erlebnisspielplatz des Vereins Zukunft Kinder. Da sollen die Asyluchenden die Möglichkeit haben, selber zu kochen. «Das ist für sie sehr wichtig, da sie das in der Unterkunft nicht tun können.» Am Mittag gibt es in der Unterkunft warme Küche geliefert und am Abend kaltes Essen, «Café Complet-mässig», sagt Plüss, «das ist ja nicht gerade das, was sie sich gewöhnt sind und was ihnen besonders schmeckt. Deshalb wird das Angebot im Teuflibach wohl auf grossen Andrang stossen.» Auch da sollen Freiwillige aus der Gemeinde mithelfen, und auch einfach dabei sein und Begegnungen ermöglichen.

«Wir merken natürlich auch, dass wir teilweise an Grenzen stossen»

Christian Plüss

Die Gemeinwesenarbeit hat ihren Teil der Arbeit eigentlich schon erledigt, das Projekt ist angestossen, die einzelnen Personen sind Gruppen zugeteilt. Trotzdem gibt es noch Arbeit. «Wir merken natürlich auch, dass wir teilweise an Grenzen stossen», sagt Plüss. «Da sind Leute in den Ferien, die sich für Mithilfe angemeldet haben, oder sie haben an einem bestimmten Wochentag keine Zeit für das Angebot.»

Trotzdem gehe es bis anhin gut über die Bühne und weitere Interessierte können sich jederzeit bei der Gemeinwesenarbeit melden. Coaching für die Freiwilligen brauche es nicht, auch Dolmetscher seien nur da im Einsatz, wo es nicht anders gehe. «Es stellen sich natürlich für die Freiwilligen Helfer viele Fragen», sagt Plüss, «wie gehe ich auf diese Leute zu, wie schlage ich eine Brücke. Man sollte möglichst normal auf sie zugehen, das funktioniert in den allermeisten Fällen sehr gut.»

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1 Kommentar
  • Profilfoto von zombie1969
    zombie1969, 08.11.2015, 16:23 Uhr

    den nächsten Wochen wird die deutsche Grenze ganz geschlossen. Dann werden alle ohne Asylgrund ausgewiesen, denn der Druck der Strasse wächst. Als nächstes wird dann der Familiennachzug abgeschafft. Nach dem Kürzen von Sozialleistungen wird sich dann die Kolonne weitermachen auf den Weg nach Schweden, Dänemark und in die Schweiz. Es bleibt spannend!

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