Zuger Kantonsrat bleibt Einlass in Glencore-Mine verwehrt
Andreas Lustenberger vor der Antapaccay-Mine in Peru, welche von Glencore betrieben wird. (Bild: zvg)
Der Zuger ALG-Politiker Andreas Lustenberger wollte eine umstrittene Glencore-Kupfermine in Peru besuchen. Ein Treffen wurde ihm jedoch verwehrt. Einen Eindruck erhielt der Kantonsrat dennoch. Und der lässt ihn sehr kritisch zurück.
Dem Kanton Zug geht es finanziell bestens. Insbesondere internationale Konzerne, die ihren Sitz im kleinen Kanton haben, sorgen dafür, dass die Geldkammern des Kantons prall gefüllt sind.
Deren «Headquarters» mögen hierzulande zwar sauber und glänzend daherkommen. In den Gebieten, in denen insbesondere Rohstoffgiganten tätig seien, sehe es hingegen ganz anders aus, sind sich die Initianten der neuen Konzernverantwortungsinitiative sicher (siehe Box.) «Immer wieder verletzen Konzerne mit Sitz in der Schweiz die Menschenrechte und ignorieren minimale Umweltstandards», schreiben diese auf ihrer Website.
Ein Konzern, der in diesem Zusammenhang fast immer genannt wird: Glencore (zentralplus berichtete). Das Unternehmen mit Sitz in Zug baut weltweit Metalle wie Kobalt, Kupfer und Eisenerz, aber auch Rohöl und Kohle.
Gemäss den Initianten werden in der peruanischen Region Espinar durch die von Glencore betriebene Mine Antapaccay Luft, Wasser und Böden vergiftet. Seit Jahren wehrt sich die Bevölkerung gegen die gesundheitsschädliche Verschmutzung und gegen Versuche, diese gegen ihren Willen zu betreiben.
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Kantonsrat wollte sich selbst ein Bild verschaffen
«Es ist absurd», sagt der ALG-Kantonsrat Andreas Lustenberger, der auch Teil des Initiativkomitees ist. Derzeit diskutiere der Zuger Kantonsrat darüber, was der Kanton mit den zusätzlichen rund 200 Millionen Franken anstelle, die Unternehmen wie Glencore ihm bescherten. «Gleichzeitig verursacht Glencore in Espinar, wo ein Drittel der Bevölkerung sowieso schon in Armut lebt, gewaltige Schäden.»
Lustenberger weiss, wovon er spricht. Im vergangenen Herbst bereiste der Zuger die Region Espinar. Denn vor einem Jahr lernte er in Zug die Gemeinderätin der betroffenen Stadt Yauri und die Leiterin der dortigen Menschenrechtsorganisation kennen. Sie waren von der Organisation Comundo hierher eingeladen worden.
«Ich beschloss deshalb, während meines Aufenthalts in Peru jenen Ort zu besuchen, wo Glencore Kupfer abbaut und an dem der Konzern gemäss verschiedenen Menschenrechtsorganisationen grosse Umweltschäden verursacht.»
Ein Blick in die Mine war für Lustenberger nicht möglich
Die Stadt Yauri, die sich acht Stunden von Cusco entfernt befindet, zählt 30’000 Einwohner. «Hier leben fast ausschliesslich Indigene, die zu grossen Teilen von der Landwirtschaft leben. Ausländer finden kaum je den Weg hierher», sagt der ALG-Kantonsrat. Lustenbergers Ziel war es, einen Blick in die Glencore-Minen zu werfen, um zu sehen, wie die Situation dort tatsächlich ist, und um sich mit den Verantwortlichen der Mine zu unterhalten.
Er kontaktierte rund eine Woche vor seiner Ankunft in Espinar verschiedene Glencore-Stellen, um ein Treffen zu arrangieren. Der Versuch scheiterte jedoch.
Weder als Privatperson noch als Kantonsrat
Obwohl Lustenberger betonte, dass er den Besuch nicht als Privatperson, sondern in seiner Funktion als Kantonsrat unternehmen möchte, erhielt er eine Absage. «Gegenwärtig stehen wir für einen Austausch auf privater Initiative nicht zur Verfügung und bitten um Ihr Verständnis. Glencore/Antapaccay steht jedoch in engem Kontakt mit den zuständigen Behörden und Akteuren vor Ort», heisst es in einem Mail von Glencore, das zentralplus vorliegt.
Nach nochmaliger Betonung auf seine Funktion als Kantonsrat antwortete das Headquarter wie folgt: «Die für die von Ihnen angesprochene Thematik relevanten Mitglieder des Managements sind derzeit nicht vor Ort, weshalb wir Ihrer kurzfristigen Anfrage nicht nachkommen können.»
Der Politiker dazu: «Das war natürlich enttäuschend und zeugt weder von Transparenz noch ist es besonders vertrauenerweckend.» Dennoch wollte er sich ein Bild vor Ort machen. Lustenberger fasst seine Erfahrungen wie folgt zusammen: «Oxfam und die Organisation CooperAcción zeigten in einem Bericht von Ende 2023 auf, dass die Minen grosse Luft-, Boden- und Wasserverschmutzungen verursachen. Gemäss meinen kürzlich erlangten Erkenntnissen entspricht das der Realität.»
Verseuchtes Land und dubiose Geschäfte
So seien ihm etwa Landstücke gezeigt worden, auf denen das Vieh nicht mehr grasen könne, weil das Wasser dort durch die Minen kontaminiert worden sei. «Zudem habe ich Leute getroffen, die mir erzählt haben, dass immer mehr Menschen krank würden.»
Eigentlich müsste die indigene Bevölkerung gemäss internationalen und peruanischen Gesetzen als Gruppe konsultiert werden, wenn Dritte ihr Land und ihre Ressourcen nutzen möchten, sagt Lustenberger. «Oft schliessen Konzerne jedoch dubiose Landverhandlungen mit nur einzelnen Bauern.»
Die Vertreterin der dortigen Menschenrechtsorganisation habe ihm erzählt, dass in einem Dorf in der Region immer wieder Kühe aufgrund der Verschmutzung durch den Kupferabbau sterben würden. Diese würden von Glencore dann ersetzt, erzählt Lustenberger. Dies werde von Glencore jedoch nicht als Schuldeingeständnis gewertet. Als Grund nenne das Unternehmen vielmehr, ihm sei wichtig, dass die lokale Bevölkerung gut wirtschaften könne. Das Problem dabei: «Anstatt für die wahren Schäden aufzukommen, kauft sich das Unternehmen mit Einzelspenden frei und macht die in ihrer Existenz bedrohten Bauern faktisch mundtot.»
Internationale Abkommen würden nicht durchgesetzt
Auch die lokalen Behörden seien keine Hilfe, kritisiert Lustenberger. «Die nationale Politik in Peru ist leider anfällig für Korruption. Firmen nutzen es aus, dass die regulatorischen Standards, die es teilweise gibt, nicht durchgesetzt werden und halten sich nicht an international vereinbarte Abkommen.» Das führe dazu, dass fruchtbare Gebiete nachhaltig zerstört, geschädigt und entvölkert würden, gibt der Baarer zu Bedenken.
Während ihm der Blick ins Innere der Mine verwehrt blieb, konnte der Kantonsrat dank Einheimischer zumindest von aussen einen Blick auf die Abbaustellen werfen. «Die Dimensionen sind enorm eindrücklich, aber auch beklemmend.» Er gibt zu bedenken: «Die Begebenheiten, die von der Bevölkerung in Espinar in Kauf genommen werden müssen, würden hier in der Schweiz niemals toleriert werden.»
«Unangenehm», aber wichtig zu sehen
Für Lustenberger sei es wichtig gewesen, die Situation vor Ort mit eigenen Augen zu sehen, «auch wenn es mir teilweise richtig unangenehm war und auch mal kalt den Rücken runterlief». Denn: «Wir verbuchen jährlich Millionen Überschüsse, und den Menschen in Peru wird der Boden unter den Füssen abgegraben.»
Ein Ende sieht der ALG-Kantonsrat jedoch nicht in Sicht. Solange Rohstoffe für die Herstellung technischer Geräte benötigt würden und die Zivilisation nicht darauf verzichte, gebe es solche Minen, so sein Fazit. Sein Ziel sei jedoch nicht, Minen wie jene in Peru zu schliessen. Nicht zuletzt auch deshalb, weil dort teils auch Einheimische arbeiteten.
Vielmehr möchte er, dass Glencore und Co. die Umweltverschmutzung verhinderten. «Kommt es dennoch zu Schäden, sollen die Firmen dafür geradestehen müssen.» Und der Kanton Zug, der auf prall gefüllten Geldkammern sitze, solle Minenregionen wie Espinar unterstützen.
Glencore wehrt sich gegen Vorwürfe
Auf die Frage, warum Lustenberger kein Treffen in Espinar ermöglicht wurde, äussert sich Glencore-Sprecherin Sarah Antenore wie folgt: «Zum Zeitpunkt von Herr Lustenbergers sehr kurzfristig angekündigten Besuchs war das zuständige Management leider nicht verfügbar.» Und weiter: «Herr Lustenberger hat sich in den vergangenen Jahren und vor seiner privaten Reise nach Peru im November 2024 nicht um einen Austausch mit den Verantwortlichen am Hauptsitz bemüht. Da wir beide im Kanton Zug ansässig sind, wäre ein Treffen in Baar doch naheliegend gewesen.»
Zur Aussage Lustenbergers, dass das Vieh auf gewissen Landstücken nicht mehr weiden könne und auch die Bevölkerung krank werde, sagt Antenore: «Antapaccay arbeitet gemäss seiner Umweltverträglichkeitsprüfung, dem Environmental Impact Assessment, die von der zuständigen nationalen Umweltbehörde genehmigt wurde.»
Das Unternehmen stehe in regelmässigem Kontakt mit den zuständigen Behörden und den lokalen Gemeinden, einschliesslich der betroffenen indigenen Völker. Weiter sagt die Pressesprecherin: «Angesichts der Probleme beim Zugang zu Trinkwasser, mit denen manche Gemeinden in ganz Peru konfrontiert sind, ist die Unterstützung der Bewohner der Provinz Espinar bei der Verbesserung des Zugangs zu Trinkwasser eine Priorität für Antapaccay.»
Minen-Betreiberin unterstütze die verbesserte Trinkwasserversogung
Antapaccay habe den Bau von Wasser- und Abwassersystemen in den umliegenden Gemeinden unterstützt, um zur Verbesserung der Trinkwasserversorgung beizutragen.
Dazu, dass Konzerne «dubiose Deals» mit einzelnen Grundbesitzern schliessen würden, sagt die Mediensprecherin: «Wir äussern uns nicht zu anderen Unternehmen. Im Falle von Glencore ist diese Behauptung haltlos.»
Alle Industriebetriebe von Glencore seien bestrebt, sicherzustellen, dass «indigene Völker, wo erforderlich, konsultiert würden und diese ihre freie, vorherige und informierte Zustimmung zu neuen Projekten und Änderungen an bestehenden Projekten gegeben haben». Dies insbesondere bei Projekten, «bei denen mit erheblichen negativen Auswirkungen zu rechnen ist, unter anderem durch Umsiedlung, Störung von Land und Territorien oder von wichtigem Kulturerbe», so Antenore.
Zum von Lustenberger erwähnten Punkt, dass verendetes Vieh von Glencore ersetzt würde, sagt Antenore: «Wir wollen nicht über die Todesursache der Tiere spekulieren.» Und weiter: «Antapaccay unterstützt Projekte, die vom Bergbau unabhängige Einkommensmöglichkeiten fördern sollen, unter anderem im Bereich Landwirtschaft.»
Journalistin und langjährige Autorin bei zentralplus. Schreibt über politische Querelen, aufregende Bauprojekte und gesellschaftlich Bewegendes. Am liebsten jedoch schreibt sie über Menschen. Und natürlich Hunde.
Hat er auch die Abbaugebiete für den Gewinn von Kobalt besucht, welches in Chinesischer Hand ist und für die Batterien der E Autos benötigt werden? Da hätte er zuschauen können, wie die Menschen zu billigst Löhnen arbeiten müssen und unterstützt werden von Kinderarbeit. Alles für das Gewissen zu unserem Klima, gefördert von der ALG