ALG kritisiert Pläne der Regierung

Zug soll mehr eigenen Strom generieren – und speichern

In Mooren wie dem Eigenried auf dem Zugerberg kann CO2 gebunden werden. (Bild: wia)

Mehr Innovation, mehr Kooperation: Darauf setzt der Zuger Regierungsrat in der neuen kantonalen Energie- und Klimastrategie. Auflagen, etwa für Unternehmen, sucht man darin vergebens. Kritiker sprechen von Lippenbekenntnissen.

«Das können wir besser.» – Das sagt sich der Zuger Regierungsrat mit Blick auf den Stromverbrauch im Kanton. Der Gesamtenergiebedarf des Kantons lag im Jahr 2022 bei 3000 Gigawattstunden. Gleichzeitig werden nur 12 Prozent des benötigten Stroms im Kanton Zug erzeugt. Von diesen stammen 60 Prozent aus der Fotovoltaik.

Zeit zum Handeln, findet die Regierung und veröffentlichte am Montag eine neue Energie- und Klimastrategie (EKS). Ziel sei es, «den Energiebedarf im Kanton Zug zu reduzieren und möglichst mit erneuerbaren Energien zu decken». Gleichzeitig will die Exekutive die Versorgungssicherheit stärken. «Die Treibhausgasemissionen sollen, entsprechend den Zielen des Bundes, bis im Jahr 2050 auf Netto-Null reduziert werden.» Heute betragen sie im Kantonsgebiet rund 574 000 Tonnen pro Jahr.

Ambitionierte Ziele: Bis 2050 will der Kanton Zug Netto 0 erreichen. (Quelle: Amt für Umwelt)

Mit Zwischenzielen bis 2030 will die Regierung ihr Vorhaben konkretisieren. Auch für die Auswirkungen des Klimawandels will sich der Kanton rüsten. Doch wie will das der Regierungsrat anstellen?

Sonnenstrom, der in der Autobatterie schlummert

Etwa, indem er noch stärker auf erneuerbare Energiequellen setzt. «Beim Strom liegt das mit Abstand grösste Potenzial in der Sonnenenergie. Entsprechend setzt der Kanton Zug hier einen Schwerpunkt und will die Produktion von Zuger Solarstrom steigern», heisst es im Massnahmenplan. Weiter soll auch die Speicherung der gewonnenen Energie im Kanton Zug stärker ins Zentrum rücken.

Batterien von Elektrofahrzeugen etwa hätten ein grosses Potenzial als Zwischenspeicher zur Netzstabilität und zur optimalen Nutzung von erneuerbaren Energien, insbesondere Solarstrom.

«Noch bestehen aber zahlreiche technische und organisatorische Hürden. Um diese zu bewältigen, ist die Zusammenarbeit von Wirtschaft, Netzbetreibern und der öffentlichen Hand erforderlich.» Aus diesem Grund will die Regierung das Projekt «Netzdienliches Laden im Kanton Zug» unterstützen.

Ein Kraftwerk, das keines ist

Weiter soll das «Virtuelle Kraftwerk Zug» entstehen. Hinter diesem steht Zug Alliance, eine Initiative von Vertretern der Zuger Wirtschaft, welche mit dem Projekt lokale Stromproduzenten, Verbraucher, Anbieter von elektrischen Speichern, Netzbetreiber und Anbieter von intelligenten Steuerungen zusammenführen will.

Was das gemäss Regierung bringt: «Steuerung, Speicherung und Sektorkopplung können wesentlich zur optimalen Nutzung der Sonnenenergie als wichtigste lokale Stromquelle im Kanton Zug beitragen.»

Ebenfalls sollen sich die Gebäude im Kanton Zug zunehmend als Energiedrehscheiben etablieren, indem sie nicht nur Energie verbrauchen, sondern auch produzieren.

Wie wird man CO2 dauerhaft los?

Mit dem Nachhaltigkeits- und Innovationsprojekt KERB wird auch die Landwirtschaft unter die Lupe genommen. Ein ganzes Bündel an Massnahmen ist geplant, um den dortigen CO2-Ausstoss zu vermindern (zentralplus berichtete). Ebenfalls soll eine Wasserstrategie erarbeitet werden, wie dies vor einiger Zeit in einer Motion gefordert wurde (zentralplus berichtete).

Mehr davon: Fotovoltaikanlage beim Spielhof in Oberwil bei Zug. (Bild: zvg)

Trotz all den Bemühungen könnten auch langfristig nicht sämtliche Treibhausgasemissionen verhindert werden, zeigt sich die Regierung realistisch. «Hier müssen sogenannte Negativemissionstechnologien zum Einsatz kommen, mit denen CO2 dauerhaft aus der Atmosphäre entfernt wird.» Eine Studie soll aufzeigen, wie gross das Potenzial im Kanton ist.

Gastrobetriebe sollen Lebensmittelverschwendung reduzieren

Auch beim Thema Lebensmittelverschwendung will der Kanton genauer hinschauen. Nach ersten Erfahrungen mit dem Projekt «Food Save Zentralschweiz» sollen Gastronomiebetriebe animiert werden, Food Waste zu reduzieren.

Zu diesem Zweck sollen unter anderem Schulungen, aber auch Kontrollmessungen durchgeführt werden. Bis 2030 will die Regierung die Lebensmittelverschwendung um 30 Prozent reduzieren.

Schwamm- statt Betonstadt

Die Regierung will die Bevölkerung und deren Lebensgrundlage auch unter klimabedingt erhöhten Risiken optimal schützen und Schäden so gering wie möglich halten. Mit einer kantonalen Naturgefahrenstrategie will der Kanton die Risiken identifizieren und Massnahmen in Zusammenarbeit mit Gemeinden, Notorganisationen und weiteren Beteiligten erarbeiten.

«Zur Minderung von Hitzesituationen im Siedlungsbereich setzt der Kanton auf eine klimaverträgliche Siedlungsentwicklung», schreibt die Regierung weiter. Auch klimaangepasste Strassenbeläge sollen vermehrt zum Einsatz kommen.

Auch das «Schwammstadtprinzip» will der Kanton fördern. Dieses beruht auf Verdunstung, Versickerung, Retention, temporären Flutungen und Notwasserwegen. Es «ist ein integraler Lösungsansatz zur Vermeidung von Schäden durch Oberflächenabfluss und zur Verminderung der Hitzebelastung in stark verdichteten urbanen Räumen».

Wälder sollen zusammen mit den Bewirtschaftern klimaangepasst gepflegt werden, sodass sie ihre Funktion als Erholungsraum und als Schutzwald weiterhin wahrnehmen können. Gebietsfremde invasive Schädlinge sollen verstärkt bekämpft werden.

Katalog mit rund 40 neuen Massnahmen

Verschiedene Massnahmen hat der Kanton bereits umgesetzt. «Nun sollen rund 40 weitere hinzukommen. Die Themenpallette ist breit und es sind alle Direktionen gefordert», heisst es. Koordiniert wird die Umsetzung durch das Amt für Umwelt. Ein Monitoring zeige den Stand der Umsetzung und die Wirkung der Massnahmen auf. Die Resultate würden ebenfalls aufgeschaltet.

Die Ziele der Energie- und Klimastrategie seien ambitioniert, ist sich der Regierungsrat bewusst. «Der Kanton kann sie allein nicht erreichen. Es braucht das Engagement der Gemeinden, der Wirtschaft, der Wissenschaft und insbesondere auch der Bevölkerung», betont Baudirektor Florian Weber.

Bewusst verzichte man in der Strategie auf Verbote und Einschränkungen, äussert sich Weber auf Anfrage. «Wir betreiben eine Politik mit Augenmass und setzen auf wirksame Anreize statt Verbote. Information und Beratung sind ebenfalls wichtig.» Diese Vorgehensweise habe sich bewährt. «Schliesslich steht die Strategie ganz im Zeichen der Kooperation.» Die Ziele der EKS könnten nur gemeinsam mit der Bevölkerung, der Wirtschaft, den Gemeinden, der Wissenschaft und dem Bund erreicht werden, ist der Baudirektor überzeugt.

Alternative-die Grünen sind mässig begeistert

Die Alternative-die Grünen (ALG) hält wenig von der vorliegenden Strategie des Regierungsrats: «Die Strategie enthält viele Lippenbekenntnisse, aber keine neuen Massnahmen mit konkreter Hebelwirkung. Die internationalen Auswirkungen des Zuger Wirtschaftsplatzes werden komplett ausgeblendet», schreibt diese in einer Mitteilung.

Während der Kanton Zug bis 2030 lediglich eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 30 Prozent anstrebe, seien Nachbarkantone deutlich ambitionierter. So etwa Zürich. Der Kanton will eine Reduktion um 48 Prozent im selben Zeitraum erreichen.

Auch kritisiert die ALG, dass der Regierungsrat vielerorts keine konkreten Massnahmen vorschlage. «Im Bereich der Kreislaufwirtschaft fehlen detaillierte Verpflichtungen für Grossverbraucher, ihre Energieeffizienz signifikant zu steigern.» Ein erster Schritt wäre der Beitritt zur Kreislaufwirtschafts-Charta, wie dies die Alternativen-die Grünen in einer Motion fordern.

ALG fragt: Wo bleiben die konkreten ÖV-Massnahmen?

Auch fehlen der ALG konkrete Massnahmen für die Ziele beim ÖV-Ausbau. «Der Kanton Zug hat die grösste SUV- und Autodichte und sollte dringend beim motorisierten Individualverkehr ansetzten.»

Was aus Sicht der ALG «komplett ausgeblendet» wird: Die graue Energie. Das sind Emissionen, die ausserhalb des Kantons bei der Herstellung von importierten Gütern und Dienstleistungen anfallen. Auch die Auswirkungen des Zuger Rohstoff- und Wirtschaftshandelsplatzes nennt die Partei in diesem Zuge.

«Die Klima- und Energiepolitik muss endlich ambitioniert und umfassend gestaltet werden.»

Die Zuger ALG in einer Replik auf die Klimastrategie des Kantons

Auch die Auswirkungen des Zuger Rohstoff- und Wirtschaftshandelsplatzes nennt die Partei in diesem Zuge. «Der Kanton Zug beherbergt die grössten nichtstaatlichen Kohleförderer der Welt und beheimatet auch in anderen Bereichen Unternehmen, die für einen bedeutenden Teil der weltweiten Emissionen verantwortlich sind», so die Partei.

«Die Klima- und Energiepolitik muss endlich ambitioniert und umfassend gestaltet werden», findet die ALG. Einzig, dass die Regierung nach einstiger Ablehnung ein Veloverleihsystem vorsieht und auch eine Wasserstrategie erarbeiten will, nimmt die ALG hingegen positiv auf.

Auch bei der Wohnraumstrategie erntete die Regierung wenig Beifall

Es ist nicht das erste Mal, dass in den letzten Wochen eine vom Regierungsrat erarbeitete Strategie kritisiert wird. Vor drei Wochen stellte dieser seine Wohnraumstrategie vor. Diese wurde unter anderem als «mutlos» betitelt (zentralplus berichtete).

Dies nicht zuletzt, weil griffige Massnahmen nur sporadisch genannt wurden. Die Massnahmen beruhen auf Freiwilligkeit. Davon, Investoren und Spekulanten auf die Finger zu klopfen oder dem Staat mehr Macht einzuräumen, hält die Zuger Regierung nichts.

Verwendete Quellen
  • Informationen und Massnahmen zur Klimastrategie des Kantons Zug
  • Mündlicher und schriftlicher Austausch mit dem Kommunikationsverantwortlichen des Kantons
  • Mitteilung der Zuger ALG
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