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Den Luzerner Mittellandseen geht es schlecht. Der Grund sind die immer noch zu hohen Phosphorbelastungen. Viele Jahre standen die Bauern im Kreuzfeuer. Jetzt werden die Siedlungsabwässer unter die Lupe genommen.
Dass Bauern mit ihrer phosphorhaltigen Gülle schuld am schlechten Zustand unserer Seen sind, ist ein Dauerbrenner. Fast genauso alt wie die Aussage sind die Massnahmen dagegen. Seit über 40 Jahren werden die Luzerner Mittellandseen künstlich belüftet.
Werner Göggel von der Dienststelle Umwelt und Energie des Kantons Luzern (UWE) sagt, die Lage sei dennoch komplexer. Die meisten Phosphoreinträge, etwa zwei Drittel, würden zwar von landwirtschaftlich bewirtschafteten Flächen stammen. Etwa 10 bis 15 Prozent kämen aber auch aus Siedlungsabwässern und der Atmosphäre. «Also von Phosphor, das via Regenwasser in die Seen gelangt.»
Es gab Änderungen – dennoch gibt es Stagnation
Seit den 1970er-Jahren konnte der Phosphorgehalt im Sempacher-, Baldegger- und Hallwilersee stark minimiert werden. Doch Grafiken des Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartements zeigen, dass die Abnahme in den vergangenen 20 Jahren stagniert hat. Und dies trotz vieler Bemühungen der Bauern.
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Vor rund vier Jahren wurde zum Beispiel die Phosphorverordnung so angepasst, dass Landwirte nahe der Seen weniger düngen – und ihre Tierbestände nicht aufstocken dürfen. Bauern am Baldegger- und Sempachersee dürfen nur noch 80 respektive 90 Prozent der von den Pflanzen benötigten Nährstoffe auf den Feldern ausbringen.
Bauern sagen, dass sie bereits viel tun
Auch Raphael Felder, Geschäftsführer des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbands, findet, dass ein Umdenken stattgefunden habe: «Wir sind sehr bemüht, kritische Flächen anders zu bewirtschaften. Phosphor ist im Kot enthalten und klebt vor allem an Erdteilen. Es geht darum zu schauen, dass er nicht fortgespült wird, sondern im Boden versickert.» Ebenso sei wichtig, wann Landwirte den Pflanzen Nährstoffe geben würden, damit die Aufnahme klappe.
Jetzt gehe es darum zu eruieren, wieso die Phosphoremissionen trotz dieser Bemühungen nicht rückläufig seien, findet Raphael Felder. Er fordert eine genaue Analyse der Phosphorquellen, allen voran in den Siedlungsabwässern. Der Kanton Luzern hat ein solches Projekt nun aufgegleist: Er will herausfinden, wie Abwasser zur Belastung der Seen mit Phosphor beiträgt (zentralplus berichtete).
Zu viel Regen ist ein Problem
Im Zentrum steht der Regen. Wie, erklärt Werner Göggel. Das Kanalisationsnetz hat zwei Aufgaben: Abwasser in eine Abwasserreinigungsanlage (Ara) transportieren und Regenabwasser von Dächern, Plätzen und Strassen abführen. Ein Trennsystem nennt man es, wenn das Regenabwasser versickern kann oder in ein Gewässer abgeleitet wird.
In einem Mischsystem landet das Regenabwasser dagegen mit dem Schmutzabwasser in der Ara. Bei starkem Regen stösst die Kanalisation an ihre Kapazitätsgrenzen. Damit sich Mischabwasser nicht in die Häuser und Keller zurückstaut oder die Ara überflutet, sind in der Kanalisation sogenannte Regenentlastungsanlagen eingebaut.
«Sie leiten in einem solchen Fall den überlaufenden Teil des stark verdünnten Mischabwassers direkt oder über Regenüberlaufbecken in ein Gewässer», ergänzt Göggel. Und dabei tragen sie Phosphor aus dem Abwasser in die Seen.
Was der Kanton Luzern jetzt untersucht
Dass gelegentlich Regenwasser auf diese Weise abgeführt werde, könne man nicht gänzlich verhindern, sagt Göggel: «Es ist wirtschaftlich unmöglich, Leitungen so gross zu bauen, dass sie jedes Regenereignis auffangen könnten.»
Häufig seien die unterirdischen Regenrückhaltebecken ausreichend. Doch wenn zu viel Wasser auf einmal komme, würde eben Wasser austreten. Gemeinsam mit den Gemeinden wolle der Kanton nun die wichtigsten Stellen im System untersuchen, an denen bei Regen Abwasser in die Seen fliesse. Ziel sei es zu erkennen, wo dringender Handlungsbedarf bestehe.
Geeignete Massnahmen will der Kanton bis 2027 erarbeiten. Für die Umsetzung der Schritte sind die Gemeinden verantwortlich.
Der nächste logische Schritt
Die neue Untersuchung des Kantons Luzern begrüsst Raphael Felder vom Bäuerinnen- und Bauernverband. Der Gehalt an Phosphor, der sich bei Starkregen im überschwappenden Wasser befinde, basiere heute auf Schätzungen, sagt er. «Die effektiven Werte können tiefer oder auch höher sein.»
Anders verhalte es sich bei den Aras. Hier könne man die Werte viel genauer erheben. Dass der Kanton nun weniger die Landwirtschaft in den Fokus nehme – wie in den vergangenen Jahrzehnten –, sondern eine andere Quelle untersuche, freut Felder. Es sei der nächste logische Schritt.
- Telefongespräch und schriftlicher Austausch mit Werner Göggel von der Dienststelle für Umwelt und Energie des Kantons Luzern (UWE)
- Telefongespräch und schriftlicher Austausch mit Raphael Felder, Geschäftsführer des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbands
- Website des UWE