Krebserregendes PCB

Kanton findet hochgiftige Chemikalie in Luzerner Bauernhof

Gerade in älteren Luzerner Ställen kann noch giftige Farbe an den Wänden kleben. (Bild: Adobe Stock)

Der Kanton hat Luzerner Höfe auf PCB untersucht. Das ist eine hochgiftige Industriechemikalie, die zum Teil noch in Farbe von älteren Gebäuden vorkommt. Obwohl der Kanton giftige Wände entdeckt hat, gibt es keine Kontrollen mehr.

Auf einem Luzerner Bauernhof haben Kontrolleure die hochgiftige Chemikalie PCB gefunden. Das steht für polychloriertes Biphenyl, einen Stoff, der früher unter anderem zur Isolation genutzt wurde und Bestandteil von Lacken, Klebstoffen, Farben und vor allem Fugendichtungen war.

Seit 1986 ist PCB in der Schweiz verboten, der Stoff gilt als gesundheitsgefährdend und krebserregend. Zudem hat sich die Schweiz in einem internationalen Abkommen dazu verpflichtet, PCB zu suchen und zu entsorgen. Und doch wird die Chemikalie noch immer in Fugen und Wänden von alten Gebäuden gefunden.

So auch im Rahmen einer Kontrollkampagne des Kantons Luzern. Das schreibt Silvio Arpagaus, Leiter der kantonalen Dienststelle Lebensmittelkontrolle und Verbraucherschutz, auf Anfrage von zentralplus. Der Kanton suchte vergangenen Juni Luzerner Landwirte mit Gebäuden auf, die mehr als 45 Jahre alt sind. Sie sollten ihre Ställe öffnen, damit Kontrolleure die Wände und Tröge auf giftige Stoffe kontrollieren können.

Denn: Von dort kann die Chemikalie einen Weg in Lebensmittel finden. Gut ein Jahrzehnt zuvor fanden Bündner Behörden Fleischproben mit einem fünfmal höheren PCB-Wert als erlaubt. Die Ursache fand ein Chemiker an der Stallwand: PCB-haltige Farbe. «Ein einziger Farbsplitter kontaminierte eine ganze Kuh», sagte der Experte 2018 gegenüber dem «Beobachter».

Luzerner Betrieb muss wohl saniert werden

Statt gross angelegter Kontrollen wurden in Luzern gut zehn Jahre nach dem Bündner Fund aber nur 16 Ställe kontrolliert. Gehofft hatte der Kanton mit 50 bis 70. Doch die Kontrollen waren freiwillig. Ein Vertreter des Bauernverbands ging davon aus, dass viele Landwirtinnen die Kampagne schlicht nicht mitbekommen hätten (zentralplus berichtete). Kantonschemiker Silvio Arpagaus hingegen vermutete hinter der tiefen Teilnahmebereitschaft die hohen Folgekosten für eine Sanierung.

PCB-Sanierungen können gemäss dem «Beobachter» zum Teil 100’000 Franken kosten. Auch wenn der Bund und die Kantone in einer Kampagne derzeit 75 Prozent der Kosten übernehmen – den Bauern droht, bis zu 25’000 Franken für ihre abblätternde Farbe hinblättern zu müssen.

Immerhin: Von den 16 kontrollierten Bauernhöfen wurde nur in einem Betrieb ein PCB-haltiger Anstrich an Wänden gefunden. Gemäss Arpagaus muss der Betrieb nun Massnahmen ergreifen, damit diese Stoffe nicht in die Lebensmittel gelangen. «Voraussichtlich muss eine Sanierung durchgeführt werden und der Wandanstrich fachmännisch entfernt werden.» Konkrete Schritte lege der Kanton jedoch zusammen mit dem Betrieb fest.

Obwohl die Kontrollen PCB in Luzerner Ställen offenbarten, führt der Kanton Luzern sein Programm nicht weiter. Wegen der geringen Nachfrage stampft er die Kontrollen ein. Und obwohl der Bauernverband im Oktober gegenüber zentralplus betonte, dass er auf eine weitere Messkampagne hoffe, haben sich gemäss Arpagaus keine weiteren Landwirte beim Kanton gemeldet.

Hohe Schadenersatzforderungen

Es bleibt also weiterhin unklar, in wie vielen Ställen und Scheunen, aber beispielsweise auch Schulen, PCB vorkommt. Ein systematisches Monitoring fehlt, was 2024 auch die Eidgenössische Finanzkontrolle kritisierte. Sie geht davon aus, dass heute noch rund 185 Tonnen PCB in Umlauf sind. Durch Verdampfung atmen Menschen den Stoff ein oder nehmen ihn – in den meisten Fällen – beim Essen auf.

Doch nicht nur die Schweiz hadert mit PCB-Altlasten. Am Dienstag hat ein Geschworenengericht im US-Bundesstaat Washington den Agrar- und Pharmakonzern Bayer zu einer saftigen Schadenersatzzahlung verurteilt. 100 Millionen US-Dollar – also ungefähr 91,4 Millionen Franken – muss der Pharmariese vier Klägern zahlen.

Diese klagten, dass sie durch PCB-haltige Leuchtstoffröhren in einer Schule bei Seattle gesundheitliche Schäden erlitten hätten, wie der «Spiegel» schreibt. PCB wurde vom Bayer-Tochterunternehmen Monsanto hergestellt. Elf weitere Klagen wurden abgewiesen.

Doch im Zusammenhang mit PCB wurde Bayer schon in früheren Fällen verurteilt (zentralplus berichtete). Gemäss der deutschen Zeitung belaufen sich die Schadenersatzzahlungen insgesamt über 1,5 Milliarden Dollar, wobei einige Forderungen reduziert oder aufgehoben wurden.

Verwendete Quellen
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