Einen Teich um wenige Meter zu verschieben, das klingt simpel. Ist es aber nicht, wie ein aktuelles Beispiel aus Baar zeigt.
Nicht nur Menschen blüht zuweilen der Rausschmiss aus der zahlbaren, aber in die Jahre gekommenen Wohnung. Auch den Fröschen im Gebiet Baarermatte geht es irgendwie ähnlich. Die Allreal AG plant auf dem Grundstück in Baar ein Neubauprojekt. Beim Shell-Hauptquartier entstehen künftig 130 neue Wohnungen (zentralplus berichtete).
Im Zuge dessen muss nicht nur der markante Solitärbau des Treibstoff-Giganten weichen, sondern auch der Teich, der heute für ein nettes 80er-Ambiente zwischen Wiese und Pflasterstein-Platz sorgt. Reto Aregger, der Medienverantwortliche von Allreal, erklärt auf Anfrage: «Im Rahmen dieses Projekts wird auch der Teich einen neuen Platz auf dem Areal finden.»
Weit reisen müssen Frosch und Kröte jedoch nicht: «Der neu geplante Teich liegt in unmittelbarer Nähe zum bestehenden Lebensraum entlang des Grienbachs innerhalb des Waldabstandes.» Ein Blick auf die Baupläne beweist, dass die Gefahr, in der Baarermatte künftig orientierungslosen Kröten zu begegnen, klein ist.
Eine kleine Verschiebung – ein ziemlich grosser Aufwand
Der neue Teich wird nur um wenige Meter verlegt. Dennoch entstünden mit dem Umzug auch Vorteile für die Amphibien, sagt Aregger. «Für die Amphibien entsteht so eine Verbindung zwischen Land- und Wasserlebensraum. Die verschiedenen Lebensräume sind nicht wie in der heutigen Situation durch Gehwege oder Parkflächen voneinander abgetrennt.»
Was simpel klingt, ist ganz so unkompliziert nicht. «Für die Planung der Versetzung haben wir mit dem Amt für Raum und Verkehr, Abteilung Natur und Landschaft und der Regionalvertretung Zug für Amphibien- und Reptilienschutz Kontakt aufgenommen.» Die Erstellung des Teichs am neuen Standort sei über die Sommermonate geplant. Zwischen Ende September und Ende Oktober 2025 werde dann das jetzige Biotop aufgehoben.
Das richtige Timing für den Umzug ist Niklaus Peyer besonders essenziell. Der langjährige Feldherpetologe, der auch für dieses Projekt beigezogen wurde, sagt: «Wenn man den Teich in der kalten Jahreszeit zügelt, trifft man auf Grasfrösche, die auf dem Grund des Gewässers überwintern. In dieser Zeit können sie sich nicht in Sicherheit bringen und anderswo verstecken.» Stattdessen müsse der Weiher also gezügelt werden, wenn die Tiere noch aktiv seien. «Noch schlechter wäre im Frühling, wenn die Amphibien schon laichen.»
Grasfrösche und Bergmolche leben neben dem Shell-Hauptquartier
Wichtig sei ausserdem, dass der künftige Teich naturnah erstellt werde und es genügend Gehölz in der Umgebung gebe. So sei gewährleistet, dass die Tiere in Deckung sind, wenn sie den Teich verlassen. «Sie bewegen sich ja nicht nur im Weiher selbst», so Peyer. Insbesondere Grasfrösche, Erdkröten, Bergmolche und Wasserfrösche leben im Teich in der Baarermatte. Und das soll auch weiterhin so bleiben.
«Zwar handelt es sich nicht um gefährdete Arten, doch spürt man auch bei ihnen einen Rückgang. Die Reduktion der Biodiversität, das Insektensterben, der Klimawandel und die vielen Strassen machen ihnen zu schaffen.»
Für dieses Projekt hat Allreal nicht nur Peyer als Fachmann im Bereich Amphibien- und Reptilienschutz beigezogen, sondern auch einen Landschaftsarchitekten. «Er wird uns auch bei der Erstellung des Ersatzteichs unterstützen. So können wir sicherstellen, dass ein gleichwertiges, artengerechtes und nachhaltiges Biotop entstehen wird.»
- Sichtung Baugesuch
- Schriftlicher Austausch mit Reto Aregger
- Mündlicher Austausch mit Niklaus Peyer
- Augenschein vor Ort