In der Nähe zweier Schutzgebiete

Feuerwerk: Auch auf dem Wildspitz knallte es

Feuerwerk in der Nähe von Naturschutzgebieten wie im Wildspitz sind ein grosser Stressfaktor für die Tierwelt. (Bild: Symbolbild Pixabay)

Kurz nach dem Fall Emmen wurde auch auf dem höchsten Zuger Gipfel ein Feuerwerk gezündet. Grund: ebenfalls eine private Feier. In Naturschutz- und Jagdkreisen ist man gar nicht erfreut.

Gut eine Woche nach dem privaten Feuerwerk in Emmen (zentralplus berichtete) krachte es auch auf dem Wildspitz. Am Samstag, 19. November, um etwa 23 Uhr war – auch bei geschlossenen Fenstern – bis ins Tal hinunter gut hörbar, dass irgendwo im Umfeld des Rossbergs eine Knallerei im Gange war – vermutlich ein Feuerwerk. Zudem erhellten entsprechende Blitze die Nacht.   

Aber um was handelte es sich genau? War es ganz sicher ein Feuerwerk? Und wo fand diese Knallerei statt? Eine Anfrage bei den Gemeinden Unter- und Oberägeri bringt keine Klärung. Erste Erkenntnisse liefert die Gemeindeverwaltung von Sattel.

Es habe sich offensichtlich um ein Feuerwerk gehandelt, bestätigt der stellvertretende Gemeindeschreiber von Sattel. Aufgrund der Bewölkung sei es aber von Sattel aus nicht sichtbar gewesen. Man habe es deshalb auch nicht genau lokalisieren können. Mutmasslich sei dieses Feuerwerk in der Gegend des Wildspitzes oder des Gnipen gezündet worden.

«Anlässlich einer Feier im Restaurant Wildspitz»

Bingo. Eine Nachfrage bei der Gemeinde Steinerberg bringt die definitive Klärung.

Demnach wurde in jener Nacht auf dem Wildspitz ein Feuerwerk gezündet. Dies «anlässlich einer Feier im Restaurant Wildspitz», wie Gemeindeschreiber Stefan Tobler mitteilt. Das Ganze sei in Absprache mit der Umweltpolizei und dem Gemeindepräsidenten erfolgt. «Die Anfrage kam via Kapo Schwyz herein, anschliessend wurde diese an den Gemeindepräsidenten verwiesen.»

Gemeindeschreiber Stefan Tobler hält zudem fest: «Bis anhin hatten wir noch nie eine Anfrage, es war das erste Mal.» Die Bewilligung sei im Sinne einer Ausnahme erteilt worden. Hinweis: Das Gebiet Wildspitz liegt mittig auf der Grenze der Kantone Zug und Schwyz. Und noch etwas: Gemäss Angabe der Stiftung Wildspitz selber lautet die Stiftungsadresse auf c/o Gemeindekanzlei Steinerberg.  

Fragen bleiben unbeantwortet

Um was für eine Feier es sich dabei genau gehandelt hatte, bleibt offen. Der Steinerberger Gemeindepräsident lässt entsprechende Anfragen unbeantwortet. Das Amt für Umwelt und Energie des Kantons Schwyz und auch die Schwyzer Kantonspolizei wiederum verweisen auf die Gemeinde Steinerberg als zuständige Behörde. Das Amt für Umwelt und Energie hält zudem fest, dass bei ihnen keine Bewilligungsanfrage eingegangen sei.

So laut das betreffende Feuerwerk in jener Novembernacht war, so kleinlaut gibt man sich im Nachhinein im Umfeld des Wildspitzes. Anfragen an das Restaurant bleiben unbeantwortet. Ein allfälliger Verweis auf die aktuellen Betriebsferien verfängt nicht. Die entsprechenden Anfragen erfolgten bereits klar vor dem Beginn dieser Betriebsferien.

Stiftung habe keine operative Aufgabe

Man kann sich mit guten Gründen auf den Standpunkt stellen, dass die Öffentlichkeit durchaus wissen dürfte, warum genau dieses Feuerwerk gezündet wurde und wer der Urheber der entsprechenden Emissionen war.

Nachdem zwei Anfragen an die E-Mail-Adresse der Stiftung Wildspitz ohne Antwort bleiben, erfolgt der Versuch über die private E-Mail-Adresse eines Mitgliedes des Stiftungsrates. In der Sache führt aber auch diese Auskunft nicht weiter.

Die Stiftung verpachte das Gasthaus nur, habe aber keine operative Aufgabe bezüglich des Gastrobetriebes, lautet die Antwort. Und weiter: «Deshalb ist es uns auch nicht möglich, irgendwelche Auskünfte zu spezifischen Anlässen im Berggasthaus oder rund um den Wildspitz zu geben.»

In der Nähe befindet sich ein Auerhuhngebiet

Chris Nussbaumer vom Amt für Wald und Wild des Kantons Zug weist darauf hin, dass sich östlich des Wildspitzes – im Bereich Türlistock – das Kerngebiet des Auerwilds im Kanton Zug befindet. «Um die Tiere zu schützen, wurde dort ein Waldnaturschutzgebiet ausgeschieden, wo durch gezielte Eingriffe die Biodiversität im Allgemeinen und das Auerhuhn im Speziellen gefördert werden.»

Ein weiteres Waldnaturschutzgebiet befinde sich im Gebiet Oberalpli, direkt westlich vom Wildspitz. Das Auerhuhn sei sehr störungsempfindlich, so Chris Nussbaumer. «Störungen wie Feuerwerke dürften sich gerade im Winter und bei Schnee negativ auf das Auerhuhn und andere störungsempfindliche Arten auswirken.»

Auerhühner sind sehr störungsempfindlich

Andreas Boldt, Projektleiter Freizeitaktivitäten und Naturschutz bei Pro Natura, erklärt, dass ein solches Feuerwerk für die Wildtiere sehr störend sei. Auch er weist darauf hin, dass in der Nähe des Wildspitzes ein bekannter Auerhuhnbestand lebt. «Auerhühner gelten allgemein als sehr störungsempfindlich.»

Der Bestand in jenem Gebiet sei zudem isoliert von anderen Auerhuhnbeständen und bilde dort den äussersten Vorposten der Verbreitung. Die Tiere seien deshalb besonders empfindlich. «Das gilt dort auch für andere Wildtiere wie Gämse und Rothirsch. Auf der Zuger Seite des Wildspitzes ist eine ganzjährige Wildruhezone bezeichnet, die genau solche Aktivitäten verhindern soll.»

Feuerwerk im Wildspitz: «Das ist verantwortungslos»

Die Knallerei habe inzwischen auch unter dem Jahr ein Ausmass angenommen, dass es zum Schutz von Mensch und Tier unabdingbar sei, diese massiv zu reduzieren, schreibt André Guntern, Präsident von Pro Natura Zug. «Ein Feuerwerk an einem so abgelegenen Ort wie dem Wildspitz abzufeuern ist aus Sicht von Pro Natura Zug verantwortungslos.»

André Guntern erwähnt in diesem Zusammenhang die dortige Wildruhezone und den Auerhuhnlebensraum, aber auch die Bedeutung einer generellen «Nachtruhe» für die gesamte Tierwelt. «Nur zum Spass solche Störungen in der Natur zu produzieren zeugt auch von fehlender Rücksichtnahme gegenüber anderen Personen und gegenüber der Tierwelt.»

Pro Natura unterstütze grundsätzlich die eidgenössische Volksinitiative für eine «Schweiz ohne Feuerwerksknallerei», welche bis auf wenige Ausnahmen ein generelles Feuerwerksverbot fordert (zentralplus berichtete). «In einem ersten Schritt müssten zumindest die privaten Feuerwerke auf die beiden Anlässe 1. August und Silvester beschränkt werden. Ein Totalverbot gemäss der lancierten Initiative wäre dann der konsequente zweite Schritt.»

Feuerwerk kann bei Wildtieren grossen Stress verursachen

David Clavadetscher, Geschäftsführer von Jagd Schweiz, kennt das Gebiet Wildspitz selber nicht. Feuerwerke würden aber einen unnötigen zusätzlichen Stress für die Wildtiere bedeuten. «Dies insbesondere in der Winterzeit, wo sie zusätzliche Ruhe haben sollten, um ihre Fettreserven nicht zusätzlich zu verbrauchen.»

Beda Schlumpf, Präsident des Zuger kantonalen Patentjägervereins, schliesst sich den Worten von David Clavadetscher an. «Ich schätze das Ganze als unnötig ein. Das Gebiet um den Wildspitz hat bereits einen sehr starken Erholungsdruck. Für Wildtiere kann ein solches Feuerwerk zu grossem Stress führen.»

Beda Schlumpf fragt zum Schluss: «Ist Ihnen allenfalls bekannt, wer dieses Feuerwerk ausgelöst hat?» Antwort: Siehe oben. Anders ausgedrückt und frei nach Goethe: «Über allen Gipfeln ist nun Ruh’». Oder einfach: Zuerst der grosse Krach – nun das grosse Schweigen auf dem Gipfel.

Verwendete Quellen
  • E-Mail-Verkehr mit den Gemeindeverwaltungen von Oberägeri, Unterägeri, Sattel und Steinerberg.
  • E-Mail-Verkehr mit Kantonspolizei SZ und Amt für Umwelt und Energie SZ.
  • E-Mail-Verkehr mit Andreas KIeeb, Mitglied des Stiftungsrates der Stiftung Wildspitz.
  • E-Mail-Verkehr mit Chris Nussbaumer, Amt für Jagd und Wild des Kantons Zug.
  • E-Mail-Verkehr mit Pro Natura Schweiz und Pro Natura Zug.
  • E-Mail-Verkehr mit Jagd Schweiz und mit Zuger Kantonaler Patentjägerverein.
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