Chemikalien im See: Zuger Berufsfischer sind besorgt
Besonders Raubfische wie Hechte sind stark PFAS-belastet. (Bild: Dive Center Luzern)
Sogenannte ewige Chemikalien finden sich überall: im Boden, in der Luft, im Fisch. Zug befasst sich mittlerweile intensiv mit PFAS. Nicht ganz wohl ist es indes den Berufsfischern. Dies mit gutem Grund.
Sogenannte ewige Chemikalien sind in aller Munde. Dies leider wortwörtlich. Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS) werden in zahlreichen Industrieprozessen und Alltagsprodukten, insbesondere in Beschichtungen und Schaumlöschmitteln, seit den 1960er-Jahren eingesetzt.
Dabei können PFAS bereits bei ihrer Herstellung oder bei der Produktion von PFAS-haltigen Waren in die Umwelt gelangen. Auch beim Gebrauch und der Entsorgung dieser Produkte können sie freigesetzt werden. Das Hauptproblem: Die Umwelt baut die Chemikalie kaum ab. Einige PFAS sind toxisch und reichern sich in der Nahrungskette an. Somit lassen sich die Stoffe in Böden, Oberflächengewässern, im Grundwasser und in der Luft nachweisen. Oder anders gesagt: überall.
Vor einigen Monaten hat der Kanton Zug deshalb eine interdisziplinäre, direktionsübergreifende Arbeitsgruppe PFAS gegründet. Dies gemäss Roland Krummenacher, dem Leiter des Amtes für Umwelt, um die aktuellen und künftigen Herausforderungen im Zusammenhang mit PFAS zu bewältigen. «Ziel der Arbeitsgruppe ist es, eine Situationsanalyse vorzunehmen, um geeignete Massnahmen zum Schutz von Gesundheit und Umwelt zu ergreifen.»
Weiterlesen, sonst verpasst du:
wie es um die PFAS-Belastung des Trinkwassers steht
welche Fische besonders belastet sind
was Berufsfischer dazu sagen
So steht es ums Zuger Trinkwasser
Welche Standorte im Kanton Zug besonders belastet sind, lässt sich aktuell noch nicht sagen. Diese würden vom Kanton derzeit erfasst. Zudem werde der Sanierungs- respektive Handlungsbedarf abgeklärt. Krummenacher weiter: «Bei den gemeindlichen Feuerwehren wurde eine Umfrage gestartet. Ziel ist es, eine Übersicht möglicher Standorte mit PFAS-Belastungen durch Löschschaum zu schaffen.» Ehemalige Betriebsstandorte und Deponien würden ausserdem bei entsprechenden Hinweisen auf die Chemikalien untersucht.
Ebenfalls beteiligt sich der Kanton Zug aktuell an einer nationalen Lebensmittelkampagne, die auch PFAS-Belastungen in Lebensmitteln tierischer Herkunft untersucht.
Bereits vor der Gründung der Arbeitsgruppe im Jahr 2023 wurde das Zuger Trinkwasser untersucht. Konkret hat der Kanton elf Trinkwasserproben aus dem Verteilnetz untersucht, welche die Versorgung des Grossteils der Zuger Bevölkerung abdeckt. Die stellvertretende Kantonschemikerin Kristine Hotz erläutert: «Alle Trinkwasserproben haben die aktuell festgelegten PFAS-Höchstgehalte der ‹Verordnung über Trinkwasser sowie Wasser in öffentlich zugänglichen Bädern und Duschanlagen› eingehalten.» Konkrete Daten über die Mengen der schädlichen Chemikalien in den Zuger Trinkwasserproben dürfe der Kanton aufgrund des Amtsgeheimnisses nicht veröffentlichen.
Der Egli macht den Behörden Kummer
Anders sieht es bei gewissen Fischarten in hiesigen Gewässern aus. Bei einer Stichprobenuntersuchung bei Berufsfischern im Jahr 2024 zeigte sich, dass dort die Höchstwerte teils überschritten werden. Zwar hätten die Proben aus dem Ägerisee die Höchstgehalte nicht überschritten. «Im Zugersee zeigte sich, dass sich PFAS entlang der Nahrungskette akkumulieren und die Proben bei den untersuchten Raubfischen Hecht und Egli über den festgelegten Höchstgehalten lagen», äussert sich Hotz. Und weiter: «Bei Felchen und Rotaugen wurden keine Höchstgehalte überschritten.» Um verlässliche Aussagen über die PFAS-Situation in Fischarten zu machen, seien weitere Untersuchungen notwendig und geplant.
Welche Folgen die Chemikalie haben kann, zeigt sich in St. Gallen: Dort dürfen heute schon keine Fische mehr verkauft werden, welche den Höchstgehalt überschreiten. In Zug sei dies nicht der Fall, erklärt Hotz. Der Kanton setze hier auf die Selbstkontrolle der Betriebe und unterstütze die Fischer dabei, indem er die PFAS-Belastungen von Fischen in Zuger Gewässern erhebe.
Berufsfischer plagen Zukunftssorgen
Der Trubel rund um die ewigen Chemikalien, die sich insbesondere in Raubfischen akkumulieren, lassen die Zuger Fischer nicht kalt. Auf Anfrage äussert sich ein Berufsfischer, der nicht mit Namen genannt werden will, wie folgt: «Ich mache mir Sorgen über die Situation betreffend PFAS. Für die Branche wird es sicher nicht rosig werden, wenn sich herausstellt, dass die Belastung der Fische zu gross ist oder sogar immer grösser wird.» Dennoch weist er darauf hin, dass die bisherigen Erkenntnisse aus den Stichproben noch nicht aussagekräftig seien und dass es längerfristiger Untersuchungen bedürfe.
Ein weiterer Berufsfischer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, gibt zu bedenken: «Dieses Jahr werden ja diverse Untersuchungen gemacht. Dies auch in der Landwirtschaft, wo man etwa Proben von Milch, Eiern und Käse nimmt. Ich bin sicher, dass man überall fündig wird.» Eine Belastung von Lebensmitteln durch PFAS sei demnach nicht zu verhindern. «Damit sich die Belastung verringern kann, muss also zuerst in der Industrie ein Umdenken stattfinden, und die entsprechenden Altlasten müssen saniert werden.»
Der möglichen Gefahr, dass dereinst der Verkauf gewisser Fischsorten verboten werden könnte, sieht er schulterzuckend entgegen. Denn dann wäre nicht nur der Zugersee, sondern die gesamte Schweiz betroffen. Zudem gibt der Fischer zu bedenken: «Das wäre etwas voreilig. Ich glaube, Fisch hat mehr gute Eigenschaften als schlechte, selbst wenn er eine gewisse PFAS-Belastung aufweist.» Wie bei allem käme es auch beim Fischkonsum auf die Menge an.
Journalistin und langjährige Autorin bei zentralplus. Schreibt über politische Querelen, aufregende Bauprojekte und gesellschaftlich Bewegendes. Am liebsten jedoch schreibt sie über Menschen. Und natürlich Hunde.