Stromhölle Luzern?

Über tiefe Strompreise spricht man nicht

Luzern hat noch immer das Image der Strompreishölle - obwohl die Preise mittlerweile Schweizer Durchschnitt sind. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Elektrischer Strom sorgt nur für Unmut, wenn er fehlt – oder wenn die Preise steigen. Vor allem im Kanton Luzern waren hohe Strompreise in den vergangenen Jahren Anlass für rote Köpfe in Politik und Industrie. Doch durch Preissenkungen der CKW bewegt sich Luzern mittlerweile im Schweizer Mittelfeld. Das wird sich auch im nächsten Jahr nicht ändern.

Der Kanton Luzern, die Strompreishölle – darüber klagten Politiker und stromintensive Unternehmen in den vergangenen Jahren immer wieder. Die Centralschweizerischen Kraftwerke (CKW) würden ihren Status als Strom-Monopolist ausnutzen, sagten sie – und für hohe Strompreise sorgen. Doch die CKW senkten die Strompreise bereits drei Mal in Folge, weshalb die Luzerner Strompreise sich mittlerweile im Schweizer Mittelfeld bewegen.

Ein durchschnittlicher Privathaushalt bezahlt in Luzern derzeit knapp 20 Rappen pro Kilowattstunde. Noch im Jahr 2009 bezahlten Privatkunden in Luzern mit 24 Rappen pro Kilowattstunde fast die höchsten Strompreise der Schweiz. Nur der Kanton Jura war teurer. Im Kanton Zug hingegen blieben die Preise der dortigen Wasserwerke WWZ im gleichen Zeitraum stabil, mit Preisen zwischen 19 und 20 Rappen pro Kilowattstunde. Ebenso in der Stadt Luzern bei Energie Wasser Luzern (EWL) mit rund 20 Rappen pro Kilowattstunde.

Bis Ende August müssen die Schweizer Stromversorger ihre Tarife für das Jahr 2014 der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (Elcom) melden. Laut einer Umfrage des Verbands Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) bei 31 grösseren Stromversorgern reichen die Anpassungen von leichten Preissenkungen bis hin zu Steigerungen von 11 Prozent.

CKW halten Strompreise für 2014 stabil

Die CKW haben bereits mitgeteilt, dass sie Preise für Luzerner Stromkunden stabil halten. Zwar stiegen die Netzkosten, doch das würde durch sinkende Energiekosten ausgeglichen. «Wir konnten einen Teil der Energie günstiger am Markt einkaufen und zudem unsere Beschaffung optimieren», sagt Mediensprecherin Dorothea Ditze. «Die Netztarife steigen hauptsächlich, weil die erhöhten Tarife der nationalen Netzbetreiberin Swissgrid gestiegen sind.» Zudem habe der Bundesrat einen höheren Kapitalzinssatz für Investitionen ins Stromnetz beschlossen.

Auch die EWL halten ihre Preise für das nächste Jahr stabil. Einzig steigende Bundesabgaben sorgen bei Durchschnittshaushalten für eine leichte Preiserhöhung von 10 Franken jährlich. Bei den WWZ steigen die Strompreise ebenfalls aufgrund höherer Bundesabgaben im Schnitt um knapp drei Prozent. Für einen Zuger Durchschnittshaushalt wird damit der Strom gegenüber 2013 um 50 Franken im Jahr teurer.

Vergleich Stromtarife für Privatkunden 2013  (exkl. Mehrwertsteuer)

Versorger/ProduktHochtarif (Rp/kWh)Niedertarif (Rp/kWh)Grundgebühr (CHF/Mt.)Kosten (CHF/Mt.) Norm-Haushalt*Strommix
CKW Naturkraft26.1517.25keine81.3850% Kleinwasser, 20% Biomasse, 25% Wind, 5% Sonne
EWL Naturstrom20.0711.009.9068.1595% inländischer Wasserstrom naturemade basic zertifiziert, 5% Wasserstrom naturemade star zertifiziert, 2,5% Strom aus Wind, Sonne oder Biomasse
WWZ Naturstrom21.9211.727.0070.0896% Wasserkraft aus der Lorze, 4% Sonnenenergie
CKW Wasserkraft21.1512.25keine62.63Vor allem Wasserkraft aus der Schweiz, 0,5-1% Sonnenenergie aus der Region
EWL Wasserstrom24.0715.009.9083.14100% Wasserstrom aus Luzern und Umgebung, naturemade star zertifiziert
WWZ Wasserstrom20.129.927.0063.33100% Wasserkraft aus der Schweiz
CKW Grosskraft20.6511.75keine60.75100% konventionelle Kraftwerke, vor allem Kernkraft
EWL Graustrom19.0710.009.9064.39Kernenergie, Abfall, sonstige Energieträger
WWZ Graustrom19.929.727.0062.5898% Kernkraftwerke, 2% aus Wasserkraft, Sonnenenergie, Windenergie, Biomasse

*In grüner/roter Farbe: Der jeweils günstigste/teuerste Anbieter bei einem durchschnittlichen Jahresverbrauch eines Standard-Haushaltes H3/H4 von 4’500 kWh/Jahr (4-Zimmer-Wohnung mit Elektroherd und Elektroboiler, ohne Waschmaschine und Tumbler) bei gleich hohem Bezug von Hoch- und Niederstrom.

Zwischen welchen Stromtarifen können die Kunden in Luzern und Zug wählen? Und warum gibt es dabei überhaupt regionale Unterschiede? Der Strompreis in der Schweiz setzt sich aus vier Elementen zusammen, anhand derer die Stromversorger ihre Preise berechnen: Dem Tarif für die Netznutzung, dem Energiepreis, Bundesabgaben und Abgaben für das Gemeinwesen. Diese Faktoren erklären weitgehend die regionalen Unterschiede bei den Strompreisen.

Den Netznutzungstarif bestimmen Faktoren wie etwa die Topografie und die Siedlungsstruktur des Versorgungsgebietes. So ist in hügeligem Gebiet der Leitungsbau teurer als im Flachland. Ebenso sind die Netzkosten dort höher, wo Menschen verstreut wohnen – und sie nicht gebündelt ans Netz angeschlossen werden können, wie in städtischen Gebieten. «CKW verlegt bis ins hinterste Tal im Kanton Luzern Stromkabel», sagt Dorothea Ditze. Im Vergleich zum städtischen EWL-Netz, bei dem an einem Kilometer Stromkabel viel mehr Verbraucher angeschlossen sind, «entstehen für die CKW deutlich höhere Netzkosten.» Und diese werden gleichmässig auf die Stromkunden verteilt. Weil aber die Luzerner in den vergangenen Jahren mehr Strom verbraucht haben, sanken die relativen Netzkosten.

Luzern bei Energiepreisen im Mittelfeld

Die Höhe des Energiepreises ist abhängig davon, ob Betreiber über eigene Kraftwerke oder günstige langfristige Bezugsverträge bei Kraftwerken haben: Dies führt oft zu einem niedrigeren Preis. Muss ein Versorger seine Energie hauptsächlich auf dem Markt beschaffen, fiel der Energiepreis bis vor Kurzem jahrelang in der Regel höher aus. Dies ist bei den CKW historisch bedingt der Fall: Sie produzieren nur wenig Strom in eigenen Kraftwerken und müssen vor allem im Winter am europäischen Markt Strom einkaufen. Und dort ist der Preis in den Nullerjahren stark gestiegen. Seit Deutschland mit stark subventionierter Elektrizität aus Wind- und Sonnenkraft die Märkte flutet, sinken die Preise an der europäischen Strombörse wieder.

Entgegen ihres Images liegen die CKW beim Energiepreis mit durchschnittlich rund 9 Rappen schweizweit im Mittelfeld, wie ein Blick auf die Strompreiskarte der Elcom bestätigt. Dies wurde vor allem möglich durch Effizienzsteigerungen und günstigen Einkauf am Markt. Ein weiterer Grund, warum im vergangenen Jahr für einige Luzerner Privatkunden der Strom billiger wurde, ist die Abschaffung der Grundgebühr bei der CKW. Damit wolle man laut Ditze Haushalte belohnen, die wenig Strom verbrauchen. Die Grundgebühr wird von vielen Stromversorgern unabhängig vom Verbrauch verrechnet – womit sich bei Geringverbrauchern der Preis pro Kilowattstunde verteuert.

CKW mit hohen Preisen bei Alternativenergien…

Einzig bei den alternativen Energien wie Kleinkraftwerken, Biomasse, Wind und Sonne sticht die CKW als teurer Anbieter heraus: «Wir möchten im Kanton Luzern verschiedene Projekte im Bereich erneuerbare Energien umsetzen», sagt Ditze. Es sei jedoch sehr zeitintensiv, die verschiedenen Anspruchsgruppen zufrieden zu stellen und Baubewilligungen zu erhalten. «Das schlägt sich auf die Kosten nieder und macht den erzeugten Strom natürlich nicht günstiger.» So verzögert sich beispielsweise das Kraftwerksprojekt Waldemme an der Lammschlucht seit Monaten wegen Einsprachen von Umweltverbänden. Insgesamt will die CKW bis im Jahr 2050 2.4 Millarden Franken in die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien investieren.

Der letzte Faktor in der Preisgestaltung ist die Höhe der Abgaben. Gemeinden können ihre Abgaben etwa für die Strassenbeleuchtung unterschiedlich festlegen. Ebenso verlangt nicht jeder Kanton eine Konzessionsabgabe. Überall gleich hingegen sind die Bundesabgaben für die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) und den Gewässerschutz. Der Bundesrat beschloss für 2014, diesen Zuschlag von derzeit 0.45 Rappen auf 0.6 Rappen pro Kilowattstunde zu erhöhen.

…und angeschlagenem Image

Doch auch die Strategie eines Unternehmens beeinflusst den Strompreis. So verzichten einige Versorger auf einen Maximalgewinn zu Gunsten einer günstigen Versorgung. Da die CKW jedoch eine AG ist, muss sie einen Gewinn abliefern. Das ist wohl mit ein Grund, weshalb die CKW bei vielen Zentralschweizern noch immer ein angeschlagenes Image haben – obwohl es auch schon mal schlechter war, wie Dorothea Ditze beteuert. Offenbar ist vielen unklar, wie sich die Strompreise der Stromkonzerne zusammensetzen – und dass die CKW mittlerweile Durchschnittspreise verrechnet.

So kritisiert etwa Peter With, Präsident der Interessengemeinschaft Glasfaser und Energie Luzern (IGEL) sowie Luzerner Grossstadtrat für die SVP: «Die Preispolitik bei der CKW ist sehr intransparent.» Weil die CKW zu 81 Prozent dem Energiekonzern Axpo mit Sitz in Baden gehört, vermutet With: «Die Ostkantone haben keinen Grund, uns günstigen Strom zu liefern. Das kann nur eine Strommarktliberalisierung regeln.» Peter With und die Interessengemeinschaft IGEL kämpften mit einer Verfassungsinitiative für die Abschaffung der Konzessionsgebühren – und verloren die Abstimmung im vergangenen September. Ihre Forderungen seien aber auch heute noch immer die gleichen: Die Konzessionsgebühren abzuschaffen. Dies sei das einzige Instrument, das der Kanton in der Hand habe, um die Preise zu beeinflussen.

Verschiedene Verfahren hängig

Ob die Luzerner Konzessionsgebühren rechtlich haltbar sind, zeigt sich jetzt vor Gericht. Denn im Moment befindet sich die CKW deswegen in einem von mehreren hängigen Verfahren. Dabei geht es um die Frage, ob die CKW für die Gemeinden die Konzessionsabgaben beim Stromkunden einziehen darf: 2010 weigerte sich vonRoll, den CKW die Abgaben zu zahlen, welche daraufhin vor dem Luzerner Bezirksgericht die ausstehende Summe von rund 43’000 Franken einforderte. Die CKW unterlag dabei Ende Juli in erster Instanz vor dem Luzerner Bezirksgericht. Jetzt prüft das Unternehmen, ob es den Rechtsstreit mit der Giesserei vonRoll Casting in Emmenbrücke vor das Bundesverwaltungsgericht weiterzieht.

Das Urteil des Bezirksgerichts habe die CKW laut Dorothea Ditze überrascht, weil es dem Luzerner Volkswillen widerspreche: Erst im vergangenen September stimmte das Stimmvolk gegen die sogenannte IGEL-Initiative, welche die Konzessionsabgaben abschaffen sollte. «Die Gemeinden erheben bei CKW Konzessionsabgaben», sagt Ditze. »Diese verrechnen wir bei unseren Kunden weiter und erzielen daraus keinen Gewinn.» Welche Auswirkungen das Urteil auf sämtliche betroffene Parteien haben wird, müsse noch im Detail geprüft werden. Laut Ditze werden die CKW bis zum Fristende am 16. September entscheiden, ob sie das Urteil weiterziehen.

In einem weiteren Verfahren wurde die CKW im Frühling von der Elcom kritisiert, sie habe für das Geschäftsjahr 2008/2009 zu hohe Energiekosten deklariert. Die CKW bestritt dies und reichte daraufhin eine Beschwerde ein. Jetzt soll auch hier das Bundesverwaltungsgericht entscheiden. Dazu sagt Dorothea Ditze: «Unsere Tarife sind gesetzlich reguliert. Und wenn die Elektrizitätskommission irgendwo Kosten nicht anerkennt, die wir deklarieren wollen, dann kann sie Kostensenkungen verfügen.»

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