Luzerner Mieterverband ist verärgert

Trotz Ja zu transparenter Vormiete: Kanton will keinen «Sonderfall Stadt»

In Luzern standen am Stichtag 2020 zu viele Wohnungen leer, meint der Regierungsrat, um die Initiative umzusetzen.

Der Mieterverband verlangt, dass die Luzerner Regierung für Teile des Kantons die Formularpflicht einführt – insbesondere für die Stadt. Die Regierung lehnt das ab und beruft sich auf das Gesetz. Die Forderung ist aber noch nicht vom Tisch: Bald dürfte auch die Stadt erneut anklopfen.

Was hat der Vormieter meiner Wohnung bezahlt? Hat der Vermieter den Mietzins erhöht, ohne massgeblich etwas zu investieren? Das wollen Luzerner künftig wissen. Am 27. September nahmen sie – äusserst knapp – die Volksinitiative «Fair von Anfang an, dank transparenter Vormiete» an (zentralplus berichtete).

Im Falle von Wohnungsmangel müssen Vermieter beim Mieterwechsel künftig ein Formular ausfüllen, in dem sie den bisherigen Mietzins offen ausweisen. Der Haken: Die Leerwohnungsziffer im Kanton Luzern betrug am Stichtag 2020 ganz genau 1,5 Prozent – damit die Formularpflicht für obligatorisch erklärt wird, müsste er darunter liegen (siehe Grafik). Das heisst: Trotz Ja zur Initiative ändert sich vorerst nichts.

Mieterverband macht Druck

So weit, so klar. Allerdings steht im Initiativtext – und nun im Gesetz – auch, dass die transparente Vormiete nur für Teile des Kantons verbindlich erklärt werden kann. «In diesem Sinne haben wir nach der Abstimmung dem Regierungsrat geschrieben, auf die Resultate insbesondere in den Zentren und in der Stadt hingewiesen», sagt Mark Schmid, Präsident des Mieterverbandes Luzern, Nidwalden, Obwalden und Uri. «Und politisch daraus gefordert, dass den Gemeinden, die das aufgrund ihrer Situation einer tieferen Leerwohnungsziffer wünschen, die Formularpflicht gewährt wird.»

«Aus unserer Sicht leistet der Regierungsrat in einem gewissen Sinne Arbeitsverweigerung oder Dienst nach Vorschrift.»

Mark Schmid, Präsident Mieterverband

Doch die Forderung bleibt ähnlich wie die perfekte und bezahlbare Stadtwohnung ein Wunsch. «Der Regierungsrat hat diese Formularpflicht für die Stadt oder andere Gemeinden in seiner Antwort von letzter Woche kurz und frank zurückgewiesen», sagt Schmid und findet dafür klare Worte: «Aus unserer Sicht leistet der Regierungsrat hiermit in einem gewissen Sinne Arbeitsverweigerung oder Dienst nach Vorschrift.»

Regierung beruft sich auf Gesetz

Für den Regierungsrat hingegen ist klar, dass das Gesetz als Voraussetzung für die Einführung der Formularpflicht eine kantonale Leerwohnungsziffer von unter 1,5 Prozent verlangt. «Das ist nicht der Fall», sagt Erwin Rast vom Justiz- und Sicherheitsdepartement. «Die Leerwohnungsziffer beträgt genau 1,5 Prozent.»

Die Gesetzesbestimmung lässt es laut Kanton nicht zu, dass die Formularpflicht für Teile des Kantons eingeführt würde, auch wenn die Leerwohnungsziffer im ganzen Kanton über der definierten liegt. Seit dem Ja an der Urne Ende September habe auch keine Gemeinde das explizit für sich eingefordert.

«Die Stadt kann nichts machen, wenn der Kanton dies nicht zulässt.»

Beat Züsli, Luzerner Stadtpräsident

Doch das ist nur eine Frage der Zeit. Denn schon länger möchte die Stadt Luzern bei der transparenten Vormiete vorangehen. Der Stadtrat hat die Formularpflicht auf Gemeindegebiet bereits vor drei Jahren – mit einem Auftrag des Parlaments im Rücken – beim Regierungsrat beantragt. Erfolglos.

«Der Stadtrat wird basierend auf dem Resultat des 27. Septembers 2020 nochmals mit demselben Wunsch wie 2017 an den Regierungsrat gelangen, sich jetzt aber auf das klare Abstimmungsresultat berufen können», kündigt Stadtpräsident Beat Züsli (SP) an. Während die Initiative auf kantonaler Ebene nur hauchdünn angenommen wurde, stimmten in der Stadt Luzern 68 Prozent dafür – der politische Wille der Stadtbevölkerung scheint also deutlich zu sein. Das Schreiben an die Regierung werde derzeit erarbeitet, so Züsli.

Stichtag 1. Juni wird entscheidend sein

Es ist allerdings fraglich, ob der erneute Anlauf der Stadt erfolgversprechend ist. Das weiss auch Beat Züsli. «Der Kanton müsste den Gemeinden mit entsprechend tiefer Leerwohnungsziffer die entsprechende Kompetenz erteilen. Denn die Kompetenz liegt klar beim Kanton; die Stadt kann nichts machen, wenn der Kanton dies nicht zulässt.» Auch beim Mieterverband sieht man im Moment keinen anderen Weg, als weiter politischen Druck aufzubauen.

Nützt das alles nichts, bleibt Ihnen nichts anderes als abzuwarten: Und zu hoffen, dass am nächsten Stichtag am 1. Juni 2021 ein paar Wohnungen mehr zur Miete ausgeschrieben sind als dieses Jahr. Fällt die Leerwohnungsziffer nämlich unter 1,5 Prozent, ist der Regierungsrat verpflichtet, per 1. November die Formularpflicht obligatorisch zu erklären – für den ganzen Kanton oder Teile davon.

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