«Die Schweiz und der Grosse Krieg» in der Burg Zug

Trotz geschlossenen Fenstern zog es durch die Ritzen

Der Stahlhelm im Ölbad: Auch im Kanton Zug wurden zwischen 1914 und 1918 Rüstungsgüter produziert (Bild: Schweizerisches Bundesarchiv, CH-BAR#E27#1000/721#14095#5269* / CC-BY-SA 3.0/CH)

Neutral sein, heisst nicht unversehrt bleiben. Das zeigt sich eindrücklich, wenn man einen Blick auf die Schweiz während dem Ersten Weltkrieg wirft. Zum Beispiel in der Sonderausstellung in der «Burg» Zug, die wir besucht haben.

Im Keller der «Burg» in Zug, da liegt die kriegsversehrte Schweiz. Von fremder Propaganda zerrissen, vom Hunger gebeutelt, mitten im brennenden Europa des ersten Weltkrieges. Das Burgmuseum in Zug zeigt momentan eine Sonderausstellung über die Schweiz ersten Weltkrieg mit Fokus Zentralschweiz.

Der Erste Weltkrieg, das war «Der Grosse Krieg». Gross, so heisst dieser Krieg sowohl im englischen, wie im französischen Sprachraum. Aus einer Epoche der überbordenden Lebensfreude schlitterte Europa in einen Albtraum. Die Schweiz rief bereits zu Beginn so laut «neutral», dass dies alle rundherum akzeptierten. Doch neutral heisst nicht unbehelligt, neutral ist kein Geheimcode um der Realität zu entfliehen. Die Ausstellung in der Burg Zug zeigt dies.

Die Kehrseite der Rüstung: Deutsche Internierte mit Beinverletzungen in der Armeesanitätsanstalt Luzern. (Bild: Schweizerisches Bundsarchiv)

Die Kehrseite der Rüstung: Deutsche Internierte mit Beinverletzungen in der Armeesanitätsanstalt Luzern. (Bild: Schweizerisches Bundsarchiv)

Als die Schweiz fast zerbrach

Mit detailverliebtem Blick führt sie durch die Kriegsjahre und erzählt mit Fotos, Filmen, Zeitungsartikeln und symbolischen Gegenständen vom Einfluss des Grossen Krieges auf die Schweiz und speziell auf die Zentralschweiz. Draussen tobte das Unwetter und trotz geschlossenen Fenstern zog es durch die Ritzen.

Wenn’s zieht muss man näher zusammenrücken, damit einem nicht zu kalt wird. Das Gegenteil war der Fall. Die Schweiz spaltete sich teils entlang der eigenen Sprachgrenzen selber, teils wurde sie von der Propaganda der kriegführenden Länder noch weiter zerrissen. Während die Deutschschweizer ihr Deutschsein nicht genug betonen konnten, sympathisierten die Romands mit den Franzosen. Entente und Mittelmächte nutzten die neutrale Schweiz dazu auch gerne als Probierpublikum für die neusten Rezepte ihrer Propaganda-Küchen. Ein Fakt, der alles nur noch verschlimmerte. Wie zur Versöhnung bietet die Ausstellung jede Information zweisprachig in Deutsch und Französisch an. Vielleicht liegt dieser Umstand aber auch daran, dass die Ausstellung ohne Fokus Zentralschweiz bereits im Landesmuseum in Zürich zu sehen war.

Kanton Zug, 1914-1918: Eine weitere Stufe der Form des neuen Stahlhelms wird gepresst. (Bild: Schweizerisches Bundsarchiv)

Kanton Zug, 1914-1918: Eine weitere Stufe der Form des neuen Stahlhelms wird gepresst. (Bild: Schweizerisches Bundsarchiv)

Das erste Schweizer Kriegsopfer war ein Zuger

Der Fokus auf die Zentralschweiz ist ein Highlight der Sonderausstellung in der Burg Zug. Ein Highlight aber, das zuerst gefunden werden will. Die Ausstellung führt resolut und zielgerichtet durch Propaganda, Kriegspossen und Krisen. Am Wegesrand werden somit gerne ein paar Zuckerstücke, die eben den Fokus Zentralschweiz ausmachen, übersehen. Wer wusste zum Beispiel, dass das erste Schweizer Opfer des ersten Weltkrieges aus Zug stammte? Nach erst wenigen Tagen im Dienst starb ein Soldat an einem Hitzeschlag bei 30 Grad.

Ein Gang gesäumt von Stellwänden, schräg wie verwitterte Hünengräber, führt von der Nahrungsmittelknappheit bis zum Generalstreik, in welchem die Schweiz ihre modernsten Waffen auf die eigenen Bürger richtete. Der Gang ist enger als in den bisherigen Ausstellungen, die Stellwände mit den Fotos und Beschreibungen wirken bedrohlicher. Der Krieg dauert zu lang.

Gelungene, dichte Ausstellung

Zum Thema der Lebensmittelrationierungen bietet die Ausstellung eine schöne Idee: Zur Visualisierung der Tagesration kann man auf einer Waage die Menge abwiegen. Kaum vorstellbar, dass man von dem Bisschen satt geworden ist.

Die Ausstellung ist extrem dicht getaktet. Gemessen an den wenigen Quadratmetern, die im Keller der Burg Zug zur Verfügung stehen, ist es schier unglaublich, wie viele Informationen Platz gefunden haben. Dabei wirkt es aber alles andere als vollgestopft: Die Stücke sind schön drapiert, Filme und Fotos werden in grossen Formaten gezeigt. Die einzige Gefahr ist, dass die Stunde, die man für eine Ausstellung dieser Grösse etwa einberechnet, hinten und vorne nicht reicht, um dem Inhalt gerecht zu werden.

Kanton Zug, 1914-1918: Die Polsterung aus Leder wird in den Stahlhelm eingearbeitet. (Bild: Schweizerisches Bundsarchiv)

Kanton Zug, 1914-1918: Die Polsterung aus Leder wird in den Stahlhelm eingearbeitet. (Bild: Schweizerisches Bundsarchiv)

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