Schuld sind Kanton, Steuern und Grossprojekte

Trendwende: Stadt Luzern erwartet 2020 ein Minus

Die finanziellen Aussichten der Stadt Luzern sehen gemäss der Finanzdirektorin düster aus. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Die Stadt Luzern wehrte sich im Frühling vehement gegen die Aufgaben- und Finanzreform des Kantons – vergeblich. Nun präsentiert sie die unbekömmliche Rechnung: 2020 erwartet Finanzdirektorin Franziska Bitzi Staub ein 6-Millionen-Franken-Defizit.

Beinahe wie Dagobert Duck in der Badewanne schwamm die Stadt Luzern zuletzt im Geld. Mehrere Jahre lang resultierten Millionengewinne, oft unerwartet hoch. Besonders eindrücklich vor drei Jahren, als die Stadt einen Gewinn von über über 37 Millionen Franken einstrich.

Doch nun hat der Wind gedreht. Erstmals seit fünf Jahren rechnet die Stadt für das nächste Jahr wieder mit einem Minus. Und zwar mit einem einigermassen happigen: 2020 erwartet die Stadt einen Verlust von 6,1 Millionen Franken. Dies bei einem Gesamtaufwand von 699 Millionen Franken.

Besser wird es nicht: Die Defizite werden bis ins Jahr 2023 auf rund 14 Millionen Franken anwachsen (siehe Grafik unten). Damit tritt ein, was Finanzdirektorin Franziska Bitzi Staub schon vor einem Jahr ankündigte: Die fetten Jahre sind für die Stadt vorbei (zentralplus berichtete).

Das hat hauptsächlich zwei Gründe.

Grund 1: Die Jahrhundertreform

Die Stadt Luzern hat sich gemeinsam mit anderen «reichen» Gemeinden gegen die kantonale Aufgaben- und Finanzreform (AFR18) gewehrt. Sie würden über Gebühr belastet, so die Klage. Nun doppelt die Stadt nach: Die Reform verändere die städtische Finanzlage wesentlich, schreibt sie in einer Mitteilung.

Die negativen Auswirkungen seien deutlich grösser als vom Regierungsrat ursprünglich ausgewiesen. Sie betragen laut Stadtrat rund 14 Millionen statt knapp 5 Millionen Franken.

Wieso hat sich der Kanton so verschätzt? Dafür gibt es laut Stadtrat zwei Gründe: Zum einen sind in der ursprünglichen Planung des Kantons Entlastungen und Mehrerträge enthalten, die in der Stadt Luzern nicht oder noch nicht 2020 eintreten. Zum anderen basierten die Prognosen des Kantons auf veralteten Zahlen.

Auch andere Gemeinden klagen über die Belastung durch die AFR18. Der Kanton hingegen rechnet für nächstes Jahr mit einem Gewinn von 19 Millionen Franken (zentralplus berichtete). Das letzte Wort ist indes noch nicht gesprochen. Eine Beschwerde gegen das Gesetz über die AFR18 ist derzeit beim Bundesgericht hängig.

Steuererträge steigen weniger stark an

Mit dem Projekt AFR18 verbunden ist eine weitere Entwicklung: Die Stadt Luzern rechnet 2020 mit Steuereinnahmen von 345 Millionen Franken – 10 Millionen weniger als im Budget 2019. Der Hauptgrund: Luzern muss aufgrund des sogenannten Steuerfussabtauschs – wie alle Gemeinden – den Steuerfuss um eine Zehnteleinheit von 1,85 auf 1,75 senken. Zudem schöpft künftig der Kanton einen grösseren Teil der Sondersteuern ab – wie beispielsweise Erbschaftssteuern, die in der Stadt Luzern zuletzt grosszügig anfielen.

Die Steuereinnahmen der natürlichen Personen – der Stadtluzerner Bevölkerung – sind in den letzten Jahren schön angestiegen. Doch dieser Trend flaut nun ab, prognostiziert zumindest die Stadt. Sie hat die Wachstumsannahmen nach unten korrigiert. 2020 rechnet sie mit 216 Millionen Franken Steuern der natürlichen Personen – 12 Millionen weniger als im Vorjahr. Unter anderem, weil sich das Bevölkerungswachstum verlangsamt hat und die Löhne nicht merklich stiegen. Wegen der regen Wohnbautätigkeit rechnet er aber mittelfristig wieder mit einem Zuwachs. Zudem sprudeln die Firmensteuern in den nächsten Jahren fleissig weiter.

Grund 2: Viele Investitionen stehen an

Abgesehen von der AFR18 investiert die Stadt selber im grossen Stil. Die geplanten Bruttoinvestitionen 2020 belaufen sich gemäss Mitteilung auf 81,1 Millionen Franken. Die wichtigsten Projekte betreffen die Schulen: Das Schulhaus Staffeln wird neu gebaut, das Schulhaus Würzenbach erweitert, das Schulhaus Dorf in Littau saniert. Hinzu kommt die Erweiterung der Cheerstrasse in Littau.

Linke fordern mehr Spielraum

Die Stadt Luzern kann die finanzpolitischen und finanzrechtlichen Vorgaben in den nächsten Jahren nicht mehr einhalten. Unter anderem muss die Stadt für das Budget jeweils ein «Defizit-Dach» beachten: Aktuell darf das Minus im Voranschlag höchstens 7,5 Millionen Franken betragen. SP und Grüne fordern nun in einer Motion, diese Bedingung zu streichen. Denn die Rechnung sei in den letzten Jahren im Durchschnitt um 10 Millionen Franken besser ausgefallen als budgetiert. Die beiden Fraktionen wollen damit verhindern, dass der Stadtrat nur wegen dieser Vorschriften Sparpakete oder Steuererhöhungen ins Auge fasst.

Auch die geplante Digitalstrategie der Stadt, für die eine eigene Dienstabteilung geschaffen wird, kostet. Ebenso die angehende Planung für das Riesenprojekt Durchgangsbahnhof. Hingegen noch nicht in der Finanzplanung berücksichtigt sind die Mehrkosten aufgrund der Änderungen beim Zweckverband Grosse Kulturbetriebe. Die Stadt wird künftig mehr zahlen, die Umsetzung erfolgt aber erst ab 2023.

Wieso vorerst trotzdem keine Steuererhöhung droht

Ingesamt zeichnet sich laut dem Luzerner Stadtrat ein strukturelles Defizit ab: Das heisst, ein Loch, das nicht einfach gestopft wird, wenn die Wirtschaft wieder besser läuft. Aufgrund der veränderten Ausgangslage spitzte sich der Zielkonflikt zwischen strategisch notwendigen Aufwendungen und den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln weiter zu, so der Stadtrat.

Doch so düster die Zukunft auch gemalt wird, das Bild ist noch verschwommen. Es gäbe noch grosse Unsicherheiten in der Planung, schreibt die Stadt in einer Mitteilung, etwa betreffend den Auswirkungen der Steuergesetzrevision 2020 oder der AFR18.

Es ist aus Sicht des Stadtrats daher verfrüht, bereits jetzt Massnahmen zu ergreifen, um den Finanzhaushalt wieder ins Lot zu bringen. Er will zuerst abwarten und schauen, wie die Ergebnisse 2019 und 2020 ausfallen. Ein besonderes Augenmerk sei auf die Entwicklung der Zentrumslasten zu richten. Eine Steuererhöhung, wie sie beispielsweise Ebikon und Kriens für 2020 vorschlagen, ist in der Stadt Luzern also kein Thema.

Der Stadtrat nimmt jedoch den Kanton in die Pflicht. Dieser erhält nämlich vom Bund eine Entschädigung für die Steuereinnahmen, die wegen der Unternehmenssteuerreform flöten gehen. Die Stadt Luzern verlangt, dass die Gemeinden auch etwas von diesem Topf erhalten. Bereits vor einem Jahr kritisierte Franziska Bitzi, dass der Kanton unfairerweise alles in die eigene Tasche stecke (zentralplus berichtete). Geht es nach der Stadt, soll die Erhöhung des Anteils je zur Hälfte der Gemeinden und dem Kanton zugute kommen.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Kasimir Pfyffer
    Kasimir Pfyffer, 22.10.2019, 14:32 Uhr

    Das ist keine Überraschung. Die «grossen» Wasserbauprojekte sind selten, die Kosten lassen sich problemlos über viele Jahre verteilen, und die Bauwerke halten wohl 50 Jahre oder mehr. Die «kleinen» Sozialausgaben hingegen kehren jedes Jahr wieder, und dank unserer neoliberal optimierten Wirtschaft landen Jahr für Jahr mehr Menschen in der Sozialhilfe. Und natürlich sind auch die Kosten der Volksschule beträchtlich und kehren jedes Jahr wieder, mit Tendenz zu Steigerungen. Während der Regierungsrat also grossartig herumtrötet, wie «viel» der Kanton bezahle, bluten die Gemeinden finanziell aus.
    Und das Ende vom Lied? Höhere Steuern für uns Privatpersonen, aber – jesses Gott – nur ja keine vernünftigen Steuerfüsse für Unternehmen.

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